Erstellt am: 30. 1. 2017 - 10:40 Uhr
Hinterm Mond versteckt
Obs stürmt, obs schneit, ob die Sonne scheint, Katherine Johnson (Taraji P. Henson) muss täglich quer über das gesamte NASA-Gelände rennen, in Stöckelschuhen und mit all ihren Mond-Berechnungs-Akten unterm Arm (die könnten ja in der Zwischenzeit von einem Russen ausspioniert werden), um auf das für coloured people vorgesehene Klo zu kommen. Das Schild über dem Klo-Eingang wird der nie alternde Kevin Costner als Mister Harrison und ewig Kaugummi kauender Chef der Space Task Force eigenhändig mit einer Brechstange abmontieren, aber bis dahin legt Katherine einige Klo-Läufe hin. Man kann also fast von Glück reden, dass ihr der Office-Filterkaffee für alle, sprich für die sie umgebenden, weißen Männer, verwehrt ist. So muss sie nicht so oft.
Twentieth Century Fox Film Corporation
Am Anfang des Filmes sagt eine Mutter ihrem Kind mit eindringlich-bedeutungsvoller Stimme: „Die hatten hier noch nie eine Farbige, enttäusch mich nicht!“ Ab dem Eintritt in die Begabtenschule wird Mary Jackson (Janelle Monáe) das zweifelhafte Los, die erste zu sein, begleiten. 30 Jahre später und bereits Teil einer emsig rechnenden, doch als weiblich und schwarz in den NASA-Keller verbannten coloured group, erkämpft sie sich als erste afroamerikanische Frau Zugang an eine Universität.
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Und Dorothy Vaughan (Octavia Spencer)? Sie beweist gleich zu Beginn des Filmes, dass sie praktisch veranlagt ist, indem sie ein lahmes Auto wieder zum Fahren bringt. Bei der NASA leitet sie erwähntes Keller-Office, bis man entdeckt, dass sie auch zu ebener Erde und im ersten Stock und nicht nur Menschen, sondern auch Computer zu Höchstrechenleistungen bringen kann.
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Ein Bild am Ende des Filmes zeigt sehr viele schwarze Beine in Stöckelschuhen, die ihre Keller-Denkfabrik verlassen und auf die Kamera zumarschieren – es sind die harten Arbeiterinnen, die erhobenen Hauptes einer hellen Zukunft entgegen gehen.
Alles ist gut, zumindest im Film.
Denn „Hidden Figures“ basiert zwar auf einer wahren Geschichte, ist aber ganz und gar den fiktional-dramaturgischen Gesetzen des Spielfilms und den symbolträchtigen Bildern verpflichtet. Und der Film tut auch gut daran, die Superhirn-Arithmetik auf das filmisch wirksame Zahlen-Kritzeln auf großen grünen Tafeln, vor denen die ForscherInnen auf Leitern auf und abkraxeln müssen, zu beschränken.
Als in den 1960er Jahren angesiedeltes history drama, in dem alle so gut aussehen und angezogen sind, wie es nur in den 60ern möglich war (was waren die doch schnittig!), hat "Hidden Figures" alle Trümpfe in der Hand und spielt sie punktgenau aus. Bei einer frühen Begegnung zwischen Mister Harrison (Kevin Costner, hart, aber herzlich) und Katherine Johnson fragt er lediglich: "Are you a Russian spy?"
"I'm not... Russian", sagt die verdatterte, ewig ihre spitze, schwarze Brille hochschiebende Katherine.
Es ist alles drin: der Wettstreit mit den Russen (Stichwort: race for space), Laika, das erste Lebewesen am Mond, equal rights for all Demos, kollektiv euphorisches Mondlandungs-Fernsehen und:
eine kleine Liebesgeschichte.