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Petra Erdmann

Im Kino und auf Filmfestivals

15. 1. 2017 - 13:16

FM4 Filmgeschichten mit Werner Herzog

"Ich bin das Zentrum, der Rest sind die Außenseiter": die deutsche Regielegende ist am Sonntag zu Gast bei Petra Erdmann.

Über 70 Spiel-, Dokumentar- , und Kurzfilme hat Werner Herzog, die deutsche Regielegende mit Wohnsitz L.A., über ein halbes Jahrhundert verteilt gedreht. Spezialeffekte sind ihm bis heute fremd geblieben.

Anfang der 80er Jahre hat er in einem Film de Force einen 300 Tonnen schweren Dampfer im Amazonas über den Berg geschafft. Neben „Fitzcarraldo“ hat der Soldat des Kinos (Eigendefinition Werner Herzog) vier weitere Filme seinem „liebsten Feind“ gedreht und sich dabei fast in den Wahnsinn gestritten. Die Karrieren des furiosen exzentrischen Klaus Kinski und des in sich ruhenden egomanischen Regisseurs Werner Herzog sind von der Filmgeschichte nicht zu trennen.

Werner Herzog und Klaus Kinski

Filmarchiv

Dabei ist Werner Herzog ein freundlicher Zeitgenosse, ein barocker Pragmatiker mit Understatement und schlichtem Größenwahn. Bei der Aufnahme unserer FM4 Filmgeschichten will Herzog mit „möglichsten wenigen Schnitten“ durch eine Stunde Sendezeit rasen. Ich will wissen, wie er sich mit dem medial dauerstrapazierten Begriff des Kinoaußenseiters tut. „Was ich mache, ist eigentlich wirklich die Mitte. Ich bin das Zentrum, der Rest sind die Außenseiter,... das sind alle klinisch Wahnsinnige. Ich bin eigentlich derjenige, der das Kino erfunden hat. „Träumt der Werner Herzog?“ frage ich. „Ich träume nie. Ein, zweimal im Jahr vielleicht und dann Banales. In meinem letzten Traum habe ich ein Sandwich zu Mittag gegessen. Das war´s. End of Story. “

Werner Herzog

Radio FM4 / Jan Hestmann

An das System „Hollywood“ und seine kollektiven Träume hat Herzog nie geglaubt, auch wenn er die großen Stars für seine US-Independent-Produktionen gewinnen konnte. Nicole Kidman, Christian Bale, Nicolas Cage, Willem Dafoe, Michael Shannon und, und, und haben mit Herzog gearbeitet, der meint “Ich mache noch immer bayrische Filme. “

Filmstill  „My Son, My Son, What Have Ye Done“ mit Michael Shannon und Co-Produzent David Lynch

Filmarchiv

„My Son, My Son, What Have Ye Done“ mit Michael Shannon (Regie: Werner Herzog, Produktion: David Lynch)

Für seinen Vampirfilm „Nosferatu“ hat Werner Herzog Rudeln von weißen Ratten das Fell gefärbt und sich der dem Vorwurf der Tierquälerei aussetzen müssen.

Herzog isst seinen Schuh

Les Blank

Ja und Humor kann man dem eigenwilligen Mann auch nicht abstreiten. Nach verlorenen Wetten hat der Bayer einen Schuh gekocht und in der Öffentlichkeit gegessen. Das hat Regisseur Les Blank 1980 in „Werner Herzog eats his shoe“ (1980) auf Film gebannt.

Wie ein Gedicht klingen die Namen der frühen Werner-Herzog-Filme. Sie erinnern an die poetisch absurden Titel des Malers Martin Kippenberger. „Auch Zwerge haben klein angefangen“ (1970) oder die „Die Große Ekstase des Bildschnitzers Steiner“ (1974) - ein Kurzfilm über den Schiflieger Walter Steiner und seiner Teilnahme an der WM 1974 in Planica. Die österreichischen Diskurs-Popper Ja, Panik! haben der Dokumentation und Werner Herzog in einem FM4 Radiofeature Tribut gezollt.

Die Verehrung des Regisseurs kennt keine Fan-Grenzen. Als ich dem Regisseur im FM4 Studio „Werner Herzog gets shot“ von Get well Soon vorspiele, tut er den Song als albern ab und kommentiert die Band als Quartalirre. Er höre lieber Elvis. Im Netz gäbe es einen Lebensberater, der mit Herzogs unverkennbaren englischen Stimme mit bayrischen Akzent wirkt. Das sei ihm egal, er habe sich daran gewöhnt, eine Kultfigur im Netz zu sein, mit einem Twitter und Facebook-Account, der auf seinen berühmten Namen lautet, mit denen er rein gar nichts zu tun hat. Genauso wenig besitzt er ein Handy („.als letzter denkender Mensch“)

Und was passiert. wenn Herzog und Lynch Kaffeetrinken?

Werner Herzog und David Lynch trinken regelmäßig Kaffee miteinander. Leider, sei das schwierig geworden, erzählt Werner Herzog. Der Gedankenaustausch sei gebremst, wenn David Lynch, Anhänger der Transzendentalen Meditation beim Kaffeetrinken immer das Foto von Maharishi Mahesh Yogi anstarre. Worüber er mit David Lynch redet ? „Über alles mögliche, über das Kino, über Frauen und die Kindheit“

Und wir reden weiter in FM4 Filmgeschichten, darüber dass Herzog seinen ersten Film erst im Alter von 11 gesehen hat („lausige Dokumentarfilme im Wanderkino in den frühen Fünfzigerjahren“). Sein erstes Telefonat überhaupt hat Herzog im Alter von 17 geführt. Eine Münchner Produzentin hatte ihn angerufen, erinnert sich Herzog. Sie wollte eine Zusammenarbeit mit dem filmenden Wunderknaben anleiern. Das Treffen von Angesicht zu Angesicht hatte dann in einem vorprogrammierten Desaster geendet. Es war der Entschluss, im Schüleralter lieber nachts als Punktschweißer in der Fabrik zu arbeiten, um Geld fürs Filmemachen zu verdienen, als seine Kinovision anderen auszuliefern. Ein Trauma, das Werner Herzog früh klar gemacht hat, seine Filme ausschließlich und bis heute selbst zu produzieren.

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FM4 Filmgeschichten mit Werner Herzog

Werner Herzog im Gespräch mit Petra Erdmann (Produktion: Rudi Ortner), am Sonntag, 15. Jänner, ab 15 Uhr und danach für sieben Tage zum Anhören im FM4 Player

Bis zum ersten März ist die erste vollständige Werkschau von Werner Herzogs Filmen im Wiener Metro Kino zu sehen!