Erstellt am: 12. 1. 2017 - 17:23 Uhr
TV O.D.
Wie immer: Man kann nicht alles sehen. Es folgt, ebenfalls wie immer gänzlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eine Serien-Rundschau durch in den letzten beiden Wochen angelaufenes Show-Material. Die Blockbuster und Delikatessen, beispielsweise "A Series of Unfortunate Events", "Riverdale", "Legion" oder "Taboo" werden demnächst wie üblich genauer beleuchtet werden.
Serien auf FM4
Beyond
Ein Sammelsurium aus dem Mystery-Topf: Eine Show, die versucht ein bisschen das Stranger-Things-Loch in der Brust zu stopfen, mit klar kleineren Produktionswerten und dafür stärkerem Interessen an glatten Teenage-Highschool-Szenarien.
Nach einem Unfall ist ein junger Mann zwölf Jahre lang im Koma gelegen und jetzt in der Gegenwart der Serie unerwartet wiedererwacht. Körperlich unerklärlich in Topform und noch dazu mit übernatürlichen Superpowers betankt. An die mag Hauptfigur Holden selbst noch nicht so recht glauben und muss sie freilich geheim halten. Menschen mit unguten Absichten sind ihm auf den Fersen, allen voran ein linkischer Killer mit betonter Nerdbrille und senfgelber Lederjacke, ungünstig.
Freeform
Bisweilen: hölzerne Dialoge, ölig agierende Darsteller von der Ausstrahlung eines Beverly-Hills-90210-Abklatsches, hanebüchener Zinnober. Wie wir erfahren, soll unser widerwilliger Held während seiner Zeit im Krankenbett per Geisteskraft und Astral-Transfer in einer anderen, rätselhaften Welt unterwegs gewesen sein. Die Show nennt sie "The Realm" – weil so sagt "Beyond" selbst, sich der Albernheit bewusst: "Because Narnia was already taken?".
Dennoch ist die Serie ein topsolider Ritt durch Cliffhanger, Verschwörungen und Geheimprojekte. Alle zehn Episoden der ersten Season sind bereits verfügbar, kann man auch locker in 1, 2, 3 Sitzungen durchziehen.
Emerald City
Das Trash-Appeal vollends ausgekostet wird in "Emerald City". Hier hat jemand die nachvollziehbare Idee gehabt, "The Wizard of Oz" einem Update zu unterziehen.
Bloß ohne Humor, immerhin beabsichtigten, und ohne schöne Lieder. Dafür als gritty Fantasy-Epos angelegt, als B-Movie-Variante von "Game of Thrones", mit eingestreuten Design-Ideen aus "Star Wars", "Harry Potter" und 90er-Jahre-Alternative-Rock-Videos, allen voran "Heart-Shaped Box" von Nirvana. Macher Tarsem Singh ist in einem früheren Leben beispielsweise für den Clip zu R.E.M.s "Losing My Religion" verantwortlich gewesen.
NBC
Bislang kommt "Emerald City" ohne ängstlichen Löwen und ohne Tin Man aus, die Vogelscheuche wird schlicht als heiß aussehender Schwertkrieger mit mangelhaftem Charisma gedeutet. Es gibt Hexen und Hexenausdruckstänze, kubistische Ritterrüstungen, Hundertwasser-Fliesen-Häuser, schlechte Bärte und Perücken und süßes Overacting.
Als Wizard schöpft der schwer wechselhafte Vincent D'Onofrio sein gesamtes Spektrum der überbordenden Theatralik und bellenden Deklamierkunst aus. Viel Geld soll hier versenkt worden sein – man sieht es aber nicht so gut. Was soll man tun: Spaß macht es schon, auch wenn nicht ganz auszumachen ist, was hier gerade vor sich geht, in diesem magischen Reiche Oz.
The Mick
Eine speziell fischige Fish-Out-Of-Water-Geschichte, aber lustig. Klassischer geht es kaum: Eine partyfreudige Frau um die 40, chronisch knapp bei Kasse, stets gut zerstrubbelt und den Substanzen nicht abgeneigt, wird zur Nanny wider Willen.
Ihre Schwester – der Kontakt zwischen den beiden Frauen ist üblicherweise nicht der beste – hat vor Jahren einen Milliardär geheiratet und das kaputte Leben hinter sich gelassen. Weil aber das Familien-Vermögen wohl doch nicht mit ganz rechten Dingen angehäuft worden sein dürfte, flieht das Ehepaar vor der Staatsgewalt und lässt seine drei Kinder in der Riesenvilla mit der fertigen Tante zurück.
FOX
Wer ahnt es: Die Kids sind verwöhnt und arrogant, vom Geld korrumpiert und in Dingen wie Höflichkeit oder Mitgefühl nicht die Top-Achiever. Alles also nach Textbuch, die Tante wiederum muss Verantwortungsbewusstsein lernen.
Sex- und Alkohol-Witzchen, Großeltern-Troubles, ein starkes Ensemble, allen voran Hauptdarstellerin Kaitlin Olson – kennt man eventuell aus "It's Always Sunny in Philadelphia". Die albern-souveräne Erfüllung einer Formel, und schon wieder sind 20 Minuten um.
One Day at a Time
Noch traditioneller geht es in der Netflix-Comedy "One Day at a Time" zu: Es handelt sich hier um ein Reboot des gleichnamigen Klassikers aus den 70ern von Norman Lear ("All in the Family", "The Jeffersons", "Good Times").
Eine kubanisch-amerikanische Familie rund um eine alleinerziehende Mutter hat hier die üblichen Generationskonflikte zu bewältigen. Betont altmodisch, komplett mit Lachern aus der Konserve, Multi-Camera-Setting, bewusst familientauglichem Charme und Auftrittsapplaus. Vor allen Dingen, wenn die große Rita Moreno als klarerweise lebensfrohe, aber doch ein wenig katholisch-reaktionäre Großmutter die Bühne bekommt.
Netflix
Sexismus, Arbeitsprobleme, Geldmangel, Liebelei, ein Landlord und Freund der Familie mit abgedämpftem Hipster-Habitus von vor zehn Jahren und vagem Paul-Rudd-Charme.
Unsubtil und over the top, hantiert durchaus mit abgestandenen Witzen, erklärt zu oft jede Pointe zu Ende und melkt jede dritte Situation länger als nötig. Dann aber doch wieder voller Überraschung und neuer Blickwinkel, erfrischend, rührend und herzerwärmend.