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Pia Reiser

Filmflimmern

12. 1. 2017 - 12:55

Damon und Monster

In "The Great Wall" bekämpft Matt Damon grüne Biester an der chinesischen Mauer. Klingt schlimmer, als es ist.

Matt Damon hat den obligatorischen "Historienepos"-Gesichtsschmutz über Wangen und Stirn verteilt, trägt die Haare in einer gewagten Kombination aus Braveheart und Jack Sparrow und starrt gebannt auf eine riesige grüne Monstertatze, die er kurz zuvor einem Biest, das ihn attackiert hat, abgehackt hat. Damon spielt William Garin, einen europäischen - der Akzent soll wohl britisch sein, aber auf den vergisst Damon zwischendrin auch immer mal, kann man aber auch verstehen, bei all dem Monster-Stress - Söldner, der sich im China des 11. Jahrhunderts auf die Suche nach dem geheimnisvollen Schießpulver gemacht hat.

Matt Damon in "The Great Wall"

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Wie er eine Kapitulation vor einer exzellent gekleideten chinesischen Armee später feststellt, hat man hier Schießpulver, aber das hilft auch nicht viel bei der Monsterbekämpfung. Die verdankt man einem alten Fluch, alle 60 Jahre würden die unzähligen grünen Biester angreifen. An der chinesischen Mauer versucht man sie abzuwehren, um die Städte dahinter zu schützen. Und während Garin und sein Kompagnon Rücken an Rücken gefesselt dasitzen und flapsige Oneliner von sich geben, bestaunen sie die Disziplin und Kampfkunst dieser Kämpfer. Und Kämpferinnen.

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Denn am eindrucksvollsten inszeniert ist die kobaltblau gekleidete, weibliche Einheit, die sich in Bungee-Jump-Manier von der Mauer wirft, um die Monster mit langen Speeren zu bekämpfen. Überhaupt weiß "House of the Flying Daggers"-Regisseur Zhang Yimou ein, zwei, drei Dinge über die Inszenierung von Kampf- und Massenszenen. Und so sind leuchtende Himmelslaternen, die in die Nacht hinausfliegen einerseits natürlich ein billiges und auf der Hand liegendes Klischee in Sachen "chinesischer Kultur", andererseits sind es aber auch fantastische Bilder. Und während "The Great Wall" dann doch nicht ganz zum Film wird, in dem ein weißer Mann ein Volk rettet, so kann der Film doch keine Sekunde lang abschütteln, dass er nicht wirklich ein Film, sondern ein filmwirtschaftlicher Testballon ist. (Und tatsächlich gibt's im Film eine fantastische Ballon-Szene. Vielleicht ist "The Great Wall" tatsächlich ein Meta-Tongue-in-Cheek-Film über die Produktion von "The Great Wall.)

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"Kinomarkt China wächst" auf epd-film.de

Erste große Co-Produktion zwischen China und den USA

Der chinesische Filmmarkt boomt schon lange, natürlich sucht Hollywood hier Synergien, nicht nur weil amerikanische Filme für das chinesische Publikum oft zensiert werden, manchmal so sehr, dass der Handlungsfluss gestört wurde. Nun sucht Hollywood die Zusammenarbeit. Die kolportierte 150-Millionen-Dollar-Produktion ist die erste große Co-Produktion zwischen China und den USA - nicht nur die Produktionsfirmen betreffend: Ein chinesischer Regisseur, amerikanische Drehbuchautoren, eine Menge Schauspieler aus China - und ein Hollywood-Star. Man kann sich fast vorstellen, wie man versucht hat, die Kollaboration auch im Film abzubilden. Was sagt mehr "Chinesisch-amerikanische Produktion" als Matt Damon auf der chinesischen Mauer, eben.

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Insofern kann man sich echauffieren, dass man sich nicht traut einen Film, der in China spielt, ohne weißen Hollywoodstar zu machen, aber der Vorwurf des whitewashing, der dem Film schon gemacht wurde, bevor jemand auch nur irgendwas davon gesehen hatte, trifft hier nicht zu. Weder spielt Matt Damon einen Chinesen, noch wurde die Rolle umgeschrieben, um sie Damon zu geben. Dass ein Weißer sich hier zur Monsterbekämpfung dazugesellt, ist einfach nur eine klassische Erzählweise einer Geschichte, wo ein Jemand auf eine ihm fremde Kultur stößt, wir durch seine Augen diese Welt entdecken.

Matt Damon auf "The Great Wall" Filmplakat

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Könnte nur sein, dass es beim chinesischen Publikum weniger gut ankommt, wie Matt Damon einen staunenden Blick auf diese Welt wirft, vielleicht wird sich der Begriff mattsplaining durchsetzen. Hingegen fühlt es sich wahrscheinlich für das nicht-chinesische Publikum ein wenig verwirrend an, wie groß die Rolle der chinesischen Mauer im Film-Marketing war. Am Plakat sieht man Matt Damon und die Taglines drehen sich um die Mauer und warum sie gebaut wurde. Die chinesische Mauer ist natürlich Schauplatz im Film, aber ihr Bau wird, soweit ich mich erinnern kann, nicht einmal erwähnt, überhaupt spielt sie in den Dialogen keine Rolle. Es ist ein bisschen so, als würde "Der dritte Mann" in Österreich "Riesenrad" heißen. Oder auf Bezirksebene gedacht, als wäre "Die Geträumten" in Wieden als "Funkhaus" in die Kinos gekommen. (Oder "Müllers Büro" als "Blue Box" in Neubau).

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Filmstart

"The Great Wall" kommt am 12.1.2017 in unsere Kinos

Hervorheben in "The Great Wall" gilt es auch die furchtlose Kämpferin, die in einer Szene Matt Damon am Arm festhält und verhindert, dass er von einem Turm fällt - die Szene kennt man, doch üblicherweise ist es die Frau, die am Abgrund baumelt. "The Great Wall" ist kein Trash-Liebäugler wie "Clash of the Titans", er bringt nur immer wieder genug ironiegetränkte Sätze unter, um zu zeigen, dass er sich selbst nicht allzu ernst nimmt (Co-Drehbuchautor Max Brooks ist immerhin auch SNL-Autor). In seinem zugegebenermaßen bananas-Konzept von Monstern an der chinesischen Mauer im 11. Jahrhundert ist der Film handwerklich makellos, in fast vorbildhafter Drehbuch-Manier erzählt er noch von vermeintlichen Feiglingen, die zu Helden werden, Verräter werden vom Schicksal bestraft und ein Söldner erfährt Herzensbildung. Manchmal ist man ja bei Blockbustern schon dankbar, wenn wenigstens kohärent erzählt wird.

"The Great Wall" wurde im Vorfeld als potentieller game changer gehandelt, über die Einspiel-Ergebnisse in China ist man nun ein bisschen enttäuscht - in den USA startet der Film erst Mitte Februar.