Erstellt am: 23. 1. 2017 - 17:23 Uhr
Welcome to Disneyland
Wer von euch war beim letzten Österreich-Konzert von Foxygen dabei? Mai 2015, im Wiener WUK, ein Spektakel an Pomp, Kitsch, Übertreibung und wohldosierten Wahnsinns kaum zu überbieten. Verantwortlich dafür nicht nur Sänger und Frontman Sam France, sondern auch sein partner in crime Jonathan Rado. Gemeinsam bilden sie seit 2005 eines der extraordinärsten Glampopduos der Indiewelt. Und dabei war die Tour damals eigentlich als Farewell-Tour gedacht.
Cara Robbins
FM4 Musik
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Ganz so final war das dann offenbar doch nicht gemeint: Foxygen sind mit ihrem neuen Album „Hang“ zurück. Die Pathos-Fee klopft sich auf die Schenkel, es ist das selbstverliebteste und gleichzeitig selbstironischste Foxygen-Album geworden. Zuerst war 2011 das stürmische, hochgelobte Debut „Take the kids off broadway“, dem dann eine Hommage an den 60er Jahre-Pop („We are the 21st century ambassadors of peace & magic“) folgte. Das zuletzt veröffentlichte „... and star power“ endet mit dem Song „Hang“, der dem neuen Album dem Titel gibt. Eine schöne Idee, das Gesamtwerk so wörtlich zusammenzuhalten, vor allem weil das die musikalische Handlungswut von Album zu Album fordert.
Showmen
We love entertaining people, we try that in our records and our live shows – not really many people do perform, some people just can’t do that. But we’re born that way. We grew up together playing theatre, doing comedy and stuff. We’re craftsmen, it’s easy for us.
Die neuen Songs, man sieht sie sofort vor dem geschlossenen Auge als zuckrige Popoper inszeniert. Alles auf „Hang“ – knackige acht Songs sind es geworden – klingt nach 70er Jahre-Produktion, und dabei gleichzeitig wie Filmscores aus den goldenen 20ern und 30ern in Hollywood.
Cara Robbins
Concept first
Wie alle vorigen Foxygen-Alben ist auch dieses neue ein Konzeptalbum geworden. Zuerst die Idee, dann die Musik. Das Ziel war Orchestrierung durch und durch. Solange, bis „Hang“ ein Album wie ein Musical geworden ist, das eigentlich auf die Bühnen des Broadway will. Hier schließt sich auch der Kreis zur Theaterleidenschaft der beiden. Schon seit frühem Teenageralter stehen Frances und Rado nämlich zusammen auf der Bühne. Und das zuerst nicht nur, um Musik zu machen, sondern in Highschooljahren vor allem als klassische Schauspieler - oder Comedians.
Um das Ganze jetzt noch dicker, protzender, und natürlich überzeugender aufzuziehen, wurde prominente Unterstützung herangezogen. Musikerkollege Matthew E. White und Filmkomponist Trey Pollard haben sich um die orchestrale Ausstattung von "Hang" gekümmert, nachdem Frances und Rado mit dem „Rock’n’Roll Grundgerüst“ fertig waren. Höchstens ein paar Anmerkungen gab es noch von ihrer Seite: Hier bitte eine Trompete, und dort ein Streichersatz.
Dass auch noch Steven Drozd (The Flaming Lips) und die wunderbaren, frischen Lemon Twigs und ein 40-köpfiges Symphonieorchester ihre Finger im Spiel hatten, schraubt den Glamourfaktor des neuen Albums noch einmal um dreißig Prozent nach oben.
Welcome on board
Auch wenn sich Foxygen selbstbewusster und über allem Anderen schwebender den je geben, ist Mitmachen angesagt. Schon in der Single „Follow the leader“ heißt es motivierend: „Follow the leader / and the leader is you“. Kommt, springt hinein, ins Boot, sein Name ist Superdeluxe. Jeder Song auf „Hang“ ist ein schön-verrückter Mikrokosmos, der sich egozentrisch um sich selbst dreht. Auf Singalong „Avalon“ wären ABBA neidisch gewesen, aber auch aufs drückend-schwer schwülstige „Trauma“. Der ausgefeilteste Song darunter, nichtsdestotrotz, heißt „America“.
Ein Stück, das versucht, alle musikalischen Experimente, die sich auf „Hang“ finden, zu bündeln. Der alles in sich vereint, was das neue Foxygen-Album ausmacht: Süße Popmomente, wabernde Jazz-Sections, aufzischende, neoklassische Ausbrüche auf klimpernden Tasten. Dickflüssige Alltagsmelancholie, zwinkernde Übertreibung.
Die Suche nach dem Traum, der immer wieder dorthin zurückwill, auf die Bretter, die das Leben bedeuten.