Erstellt am: 10. 1. 2017 - 06:00 Uhr
Der süditalienische Freundschaftsschinken
FM4 Buch
Viele fette Schinken.
Über die Feiertage ist endlich Zeit für fette Schinken. Dabei denken wir weniger ans Essen als vielmehr an dicke Wälzer. An Bücher, die mindestens 500 Seiten haben und in die man so richtig reinkippen kann. Etwa in "Die Geschichte eines neuen Namens" von Elena Ferrante.
Und um bei fetten Schinken zu bleiben - der fast literarische Dialog neulich an der Wurstthecke...
Suhrkamp Verlag
Na was hom denn Sie do?
"Die Geschichte eines neuen Namens" von Elena Ferrante
Wie viele Seiten hat des?
624
Wie schwer ist das?
Gut 75 Deka
Worum geht’s?
Um Elena Greco und ihrer besten Freundin Raffaella (auch Lina oder Lila) Cerullo. Diese Freundschaft dauert über 60 Jahre und wird in vier Bänden erzählt. Nach "Meine geniale Freundin" widmet sich dieser zweite Band "Die Geschichte eines neuen Namens" ihrer Jugend in den 1960er Jahren.
Schon als Mädchen träumen die beiden davon, aus dem Rione, dem Armenviertel, in dem sie leben, auszubrechen. Reichtum scheint ihnen ein möglicher Ausweg. Den erträumen sie sich mit einem gemeinsamen Roman.
Aber die Realität schaut anders aus: Lina heiratet viel zu früh. Zwar eine gute Partie und nach außen ist sie die Königin im Viertel, aber Ehe heißt in diesem einengenden Umfeld, dass man bis zum Tode zusammen ist, selbst wenn bis dahin hauptsächlich gestritten, gedemütigt und geschlagen wird. Elena hingegen verbeißt sich ehrgeizig in eine schulische Karriere und steht der Liebe eher skeptisch gegenüber. Zwischen Armut und Aggression, Missständen und Machos leidet auch die Freundschaft immer wieder.
Warum ist das Buch so dick?
Weil Elena Ferrante nicht nur ihr Leben und das von Lena erzählt, sondern auch die Entwicklungen in ihrem Umfeld. Das ist auch ein Bild dieser Gesellschaft, in dem Frauen ihren Männern für alles Rechenschaft schuldig sind, Familienfehden über Generationen ausgetragen werden und soziale Ungerechtigkeiten nur schwer überwindbar sind.
Ab wann ist man drin?
Wer den ersten Teil "Meine geniale Freundin" gemocht hat, ist sofort drinnen - in Neapel, im runtergekommenen Rione.
Gibt’s da auch Längen?
Eigentlich nicht. Es ist so, wie ein Lektor im Roman zu Elena sagt: "Ich lese ihr Buch jetzt zum dritten Mal, und auf jeder Seite findet sich etwas Kraftvolles, ohne dass ich erkennen kann, woher es kommt."
Sonst noch irgendwas, was ich wissen muss?
Elena Ferrante wird schon seit längerem weltweit gehypt: Das Elena Ferrante Fieber grasiert schon seit Längerem. Egal ob auf Twitter, Facebook, Instagram oder Tumblr.
Dabei weiß man gar nicht, wer hinter dem Namen Elena Ferrante steckt. Dieses Pseudonym hat sich die Autorin, der Autor oder die Autorengruppe bereits vor 25 Jahren gegeben. Viele gehen davon aus, dass des sich um eine Autorin handelt und auch, dass sie in Neapel gelebt hat.
Marcella Marmo und Anita Raia wurden als mögliche Namen genannt.
Aber eigentlich tut das nichts zur Sache. Die Geschichte dieser Freundschaft ist mitreißend - und nur ungern verlässt man dieses Neapolitanische Rione wieder.
Dürft ich vielleicht a Kostprobe haben?
"Es gab keinen Ausweg. Jawohl, weder Lila noch ich würden je so sein wie das Mädchen, das auf der Schule auf Nino gewartet hatte. Uns beiden fehlte etwas Ungreifbares, doch Grundlegendes, was dieses Mädchen schon offenbarte, wenn man sie nur von Weitem sah; entweder man hatte es oder man hatte es nicht, denn um das zu haben, genügte es nicht, Latein, Griechisch oder Philosophie zu studieren, und auch das Geld, das mit Wurstwaren oder Schuhen gemacht wurde, half da nicht weiter."
Na. Des taugt ma – können S' mir gleich einpacken.