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Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

6. 1. 2017 - 14:42

Zwischen Fake und Real

Absurd, spaßig, großartig: "Nirvanna The Band The Show" könnte eine der besten Comedyshows des Jahres werden.

Es gibt ein Video im Internet, das schicke ich gerne Menschen, wenn die wissen wollen, was ich lustig finde. "Update Day" heißt der kurze Clip aus der Webshow "Nirvanna The Band The Show". Ein Video, in dem die beiden Slacker Matt und Jay versuchen, Lyrics über die Melodie des Shopping Channels von Nintendos Wii Konsole zu improvisieren.

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Im Jahr 2009 hat "Nirvanna The Band The Show" als Webserie begonnen. Ausgedacht von einer Gruppe von Freunden, die auch in der Show die Hauptrollen spielen, waren die kurzen Clips ein erstes Vehikel für die Karriere des kanadischen Regisseurs Matt Johnson, der zuletzt mit seinem neuesten Film "Operation Avalanche" im Rahmen der Viennale in Wien zu Gast war. Und ein paar neue Folgen von "Nirvanna The Band The Show" wurden dort auch gezeigt.

Nirvanna The Band The Show Protagonisten im Wohnzimmer

Viennale

Die Webshow wird zurzeit einem Reboot unterzogen: Nachdem die Serie online eine Kultfangemeinde um sich scharren konnte, schalteten sich letztes Jahr der neugegründete TV-Sender Viceland und dessen Creative Director, Regisseur Spike Jonze ein, mit dem Plan die Serie mit größerem Budget neu zu starten. Der kompromisslose Low-Budget-Geist der Show soll aber weiterhin bestehen bleiben. Denn Serienerfinder Matt Johnson hat einen ganz konkreten Plan hinter seinen Projekten: Die Grenze zwischen Realität und Fiktion soll verschwimmen, das Publikum nie genau wissen, was jetzt echt ist und was für die Show gestellt.

Die andere Band namens Nirvana

"Nirvanna The Band The Show" spielt im kanadischen Toronto. Die beiden Musiker Matt und Jay sind schon seit ihrer Kindheit allerbeste Freunde und sind gemeinsam in einer Band. Der Name ihrer Gruppe: Nirvanna the Band – jegliche Ähnlichkeit mit der um einiges berühmteren Grungegruppe ist dabei natürlich rein zufällig. Matt und Jay haben nur ein Ziel: Sie wollen eines Tages ein Konzert im Rivoli spielen, einer der legendärsten Konzertlocations Torontos, koste es was es wolle. Und das wäre schon mal prinzipiell der Hintergrund einer der spaßigsten, absurdesten und einzigartigsten Comedyserien der letzten Jahre.

"Nirvanna The Band The Show" ist aber eine Serie, in der es schlussendlich nur sekundär um die Bandkarriere der beiden Musiker geht. Vielmehr ist das eine Verbeugung vor der Popkulturgeschichte der letzten Jahrzehnte. Die Weihnachtsfolge beginnt mit der Titelmelodie von "Kevin Allein zu Haus", "Star Wars" ist sowieso ganz wichtig für die beiden Protagonisten, genauso wie Nintendo, die Serie "Lost" und Disney-Filme der 90er Jahre. Das Endresultat aus all dem absurden Humor, den Referenzen und den verschiedenen Filmtechniken ist schlussendlich vor allem eines: sehr, sehr lustig.

Neben der Story und den Dialogen glänzt vor allem die technische Umsetzung der Show: Frei nach der Devise Matt Johnsons, den Zuseher immer irgendwie im Unklaren zu lassen, was denn jetzt echt sei und was nicht, vermischt die Serie verschiedene Techniken. Einerseits wird auf geschlossenen Filmsets teils per Improv-Comedy die Handlung vorangetrieben, dann begibt sich die Crew aber auch wieder auf die Straße und filmt Sequenzen mit versteckter Kamera und ahnungslosen Passanten. Das Resultat sind Szenen, die sich durch Absurdität übertrumpfen und ständig überraschen.

Da gibt es beispielsweise eine Folge, in der Matt zum ersten Mal "Star Wars" sieht und vor lauter Begeisterung zu nahe am Fernseher sitzt und damit temporär erblindet. Zur Premiere von "The Force Awakens" wollen die beiden aber trotzdem und so erzählt Jay im Kinosaal dem blinden Matt lautstark was da denn jetzt auf der Leinwand passiert - bis die beiden aus dem echten Kino in Toronto rausgeworfen werden. Ein andermal schleichen sich die Charaktere am Sundance Filmfestival ein um ihren Amateurfilm zu zeigen - eine Folge, die gedreht werden konnte, weil der echte Regisseur Matt Johnson mit seinem Film "Operation Avalanche" dort zu Gast war und die Einladung dafür ausnutzte, Szenen für seine Show zu drehen.

"Nirvanna The Band The Show" glänzt durch einen ähnlichen Spirit wie die vergleichbaren Vorzeigeserien "Broad City" oder "It's Always Sunny in Philadelphia": Die Figuren in der Show leben in ihrer eigenen Welt, mit ihren eigenen Regeln und sind sich dabei gar nicht bewusst wie sie auf andere Menschen wirken. Matt Johnsons Serie setzt dem Ganzen eben nur noch die Krone auf, in dem dann tatsächlich auf der Straße gefilmt wird. Eine Mischung aus "Flight of the Conchords" und "Jackass" ist es, was daraus entsteht. Und das funktioniert viel besser als man vermuten mag.