Erstellt am: 10. 1. 2017 - 11:51 Uhr
Strategien zum Klassenerhalt
Aus mir wurde ein Schreiberling (so werden Autoren bezeichnet, wenn man ihre Texte hasst) und kein Fußballtrainer. Aus gutem Grund, denn ich bin ein guter Schreiberling, aber wahrscheinlich ein schlechter Fußballtrainer.
Mannschaften mit limitierten Fähigkeiten aus "den unteren Tabellenregionen", vom Abstieg bedrohte Dorfklubs oder finanzschwache Zweitligisten sollten dennoch in Erwägung ziehen, mich für kurze Zeit als Coach zu engagieren. Ich wäre zwar ein übler Übungssleiter, weil ich die geschundenen Spieler bemitleiden und sie zu keinen Ausdauerläufen zwingen könnte, und hätte auch in den Bereichen Raumdeckung, vertikales Spiel und Antizipationsfähigkeit mangelhaftes Know-How.
Gut wäre ich allerdings darin, das Regelwerk möglichst kreativ zu interpretieren und durch lustvolles Ausdehnen von FIFA-Paragraphen meine Mannschaft vor dem Abstieg zu retten. Was Gurkentruppen wie Mattersburg oder St. Pölten viel dringender brauchen als den nächsten Konzepttrainer oder Alt-Nationalspieler ist ein gerissener Berater wie ich, der den sportlichen Aspekt des Spiels vernachlässigt und sich ausschließlich auf eine perfide Deutung von oft vernachlässigten bis vergessenen Regeln konzentriert.
Konzept zum Klassenerhalt
Hiermit präsentiere ich erstmals einen Teil meiner mühevoll ausgearbeiteten Taktiken für schwache Teams.
Sämtliche Zitate stammen aus den Spielregeln 2016/17 der IFAB.
"Der Schiedsrichter hat bei mehreren gleichzeitigen Vergehen das schwerste Vergehen hinsichtlich Sanktion, Spielfortsetzung, physischer Härte und taktischer Auswirkungen zu ahnden."
"Es sollte nicht relevant sein, ob es sich um einen oder mehrere Spieler handelt und von welchem/n Team/s die Verstöße begangen wurden, da das schwerste Vergehen bestraft werden sollte.
Fünf Spieler des Gegners werden auf ein Zeichen des Trainers (=Marc Carnal) von fünf Spielern der eigenen Mannschaft exakt im selben Moment brutal zu Boden gestreckt. Das Ziel ist, durch Faustschläge und Fußtritte die Gegenspieler derartig schwer zu verletzen, dass sie nicht weiterspielen können.
Laut Regelwerk wird der Schiedsrichter aber nur jenen Spieler vom Platz stellen, dessen Foul das grausamste war. Der Gegner kann noch drei Spieler einwechseln, hat also nun insgesamt neun Spieler am Feld, das eigene Team spielt mit zehn Spielern weiter.
Damit der Gegner nicht weniger als sieben Spieler am Feld hat und das Spiel abgebrochen werden muss, wird die Prozedur sogleich danach mit zwei weiteren gegnerischen Spielern wiederholt. Die Verletzten können nicht mehr ersetzt werden, das eigene Team verliert aber wiederum nur einen Spieler durch eine rote Karte. Der Rest des Spiels wird also mit neun gegen sieben Spieler absolviert, was sich nicht nur numerisch als Vorteil erweisen sollte. Die verbliebenen gegnerischen Spieler haben nach den an ihren Kollegen begangenen barbarischen Fouls hoffentlich auch lähmende Angst.
"Wenn die Hemden der beiden Torhüter dieselbe Farbe haben und keiner ein Ersatzhemd hat, darf der Schiedsrichter das Spiel dennoch beginnen."
Der eigene Torhüter trägt die möglich exakt gleiche Trikotfarbe wie der gegnerische und behauptet, kein "Ersatzhemd" zu haben. Auch sonst versucht der eigene Torhüter, dem gegnerischen bezüglich Frisur und Statur möglichst ähnlich zu sehen. Bei Freistößen und Eckbällen kommt der eigene Torhüter mit in den Strafraum und hofft, dass die gegnerischen Spieler im Eifer des Gefechts die Torhüter verwechseln.
ORF
"Wirft ein Spieler bei der korrekten Ausführung eines Einwurfs absichtlich auf einen Gegner, um erneut in Ballbesitz zu gelangen, und hat er den Ball weder unvorsichtig noch rücksichtslos noch übermäßig hart geworfen, lässt der Schiedsrichter das Spiel weiterlaufen."
sowie
"Der Ball ist im Spiel, sobald er sich innerhalb des Spielfelds befindet. Wenn der Ball den Boden berührt, bevor er im Spiel ist, wird der Einwurf von derselben Mannschaft an derselben Stelle wiederholt."
Zwei praktische Regeln, um ein 0:0 zu erreichen. In sämtlichen Runden unentschieden zu spielen, sollte in Österreich zum Klassenerhalt reichen.
Das Team muss nur einen einzigen Einwurf zugesprochen bekommen. Danach werden sämtliche Einwürfe entweder gezielt auf den Gegner gespielt, damit der Ball wieder ins Out springt, oder einfach gleich ins Aus geworfen, damit der Einwurf unzählige Male wiederholt wird.
Für das Publikum wäre ein solches "Spiel" zwar zermürbend, aber wer im Abstiegskampf steckt, darf sich den Fans nicht anbiedern, sondern muss mit allen Mitteln um Punkte kämpfen.
"Ein Spieler ist wegen unsportlichen Betragens zu verwarnen, wenn er einen Gegner während des Spiels oder einer Spielfortsetzung verbal ablenkt."
Der Schiedsrichter wird permanent höflich darauf hingewiesen, dass die eigenen Spieler vom Gegner durch geflüsterte Gemeinheiten abgelenkt werden und dass er dies eigentlich sanktionieren müsste.
"Geht ein direkter Freistoß direkt ins eigene Tor, wird dem gegnerischen Team ein Eckstoß zugesprochen."
Es bringt zwar recht wenig, einen Freistoß in das eigene Tor zu schießen, dennoch kann man diese Finte ab und zu einsetzen, um die eigene Kenntnis des Regelwerks zu untermauern, den Gegner zu verwirren und den Schiedsrichter zu testen.
"Ein Spieler, der unerlaubte Markierungen auf dem Spielfeld anbringt, wird wegen unsportlichen Betragens verwarnt. Bemerkt der Schiedsrichter, dass die unerlaubten Markierungen während des Spiels angebracht wurden, verwarnt er den Spieler, sobald der Ball nicht mehr im Spiel ist."
In der Kabine des Gegners wird bei Heimspielen der Boden mit einem eigens entwickelten Lack bestrichen, der sich auf den Schuhen ablagert und bei der Berührung mit Rasen diesen knallgelb einfärbt.
Die gesamte gegnerische Mannschaft bringt somit unabsichtlich vor und während des Spiels unerlaubte Markierungen auf dem Spielfeld an und wird verwarnt.
"Aus einem Abstoß kann direkt ein Tor erzielt werden, aber nur gegen das gegnerische Team. Wenn der Ball direkt in das Tor des ausführenden Spielers geht, erhält die gegnerische Mannschaft einen Eckstoß, sofern der Ball den Strafraum vorher verlassen hat."
Eine etwas seltsame Regel. Man fragt sich, wie denn ein Abstoß im eigenen Tor landen soll, obwohl er vorher den Strafraum verlassen hat.
Klarer Fall: Durch Wind!
Das Publikum wird vor dem Spiel angewiesen, ein über die gesamte Fläche einer Tribüne hinter einem der Tore reichendes Transparent bereitzuhalten. Das ist nicht verboten. Spielt die eigene Mannschaft auf das gegenüberliegende Tor und schießt daneben, muss das Publikum beim Abstoß des gegnerischen Torwarts gemeinsam das riesige Transparent derartig kraftvoll bewegen, dass ein Windstoß entsteht, der die Flugkurve des Balls nach dem Abstoß ins gegnerische Tor lenkt.
Durch diese Maßnahme kann das eigene Team einen Fehlschuss zumindest zu einem Eckball upgraden.
Ob es allerdings möglich ist, durch ein Transparent derartig starken Wind zu erzeugen, ist noch nicht sicher. Erste Tests sind jedoch geplant.
mc
"Spieler, die nach Übergabe der Teamliste und vor Ausführung des Anstoßes des Feldes verwiesen wurden, dürfen nur durch einen der gemeldeten Auswechselspieler ersetzt werden, der nicht ersetzt werden darf, wobei sich das Auswechselkontingent für das Team nicht verringert."
Bereits vor dem Anstoß verletzt der schwächste Spieler des eigenen Teams möglichst viele Gegenspieler derartig schwer, dass diese nicht auflaufen können. Der Übeltäter wird zwar des Feldes verwiesen werden, kann aber immer noch ersetzt werden.
"Bei einer Spielunterbrechung aufgrund eines Eingriffs durch eine Drittperson wird das Spiel mit einem Schiedsrichterball fortgesetzt. Wenn der Ball unabhängig vom Eingriff ins Tor geht und kein Spieler des verteidigenden Teams am Spielen des Balls gehindert wurde, zählt der Treffer (selbst wenn es zu einem Kontakt mit dem Ball gekommen ist), es sei denn, der Ball geht in das gegnerische Tor."
Bei Heimspielen engagiert der Verein mehrere korrumpierte Balljungen, die bei Angriffen des Gegners auf das Feld laufen und einen der eigenen Spieler zu Boden reißen, also das "verteidigende Team am Spielen des Balls hindern".
Der Angriff wird abgepfiffen, der Balljunge wird zwar des Feldes verwiesen, beim nächsten Angriff stürmt einfach der nächste minderjährige und noch nicht strafmündige (hihi!) Komplize auf das Feld.
Abschließender Hinweis für potenzielle Arbeitgeber aus der ersten und zweiten Spielklasse:
Ich bin bereit.