Erstellt am: 26. 12. 2016 - 07:45 Uhr
George Michael 1963-2016
George Michael war sicher nicht der stilsicherste Popstar aller Zeiten. Die Looks und Frisuren, die er mit seinem Duo Wham präsentiert hat, sorgen heutzutage für große Heiterkeit. Gemeinsam mit Andrew Ridgeley – der skandalöserweise nicht einmal einen deutschsprachigen Wikipedia Eintrag hat, waren die beiden die coolen Typen, die im Sommerurlaub in Italien lässig am Autodrom die Mädchen auschecken, die älteren Brüder, die sich schon ein Flinserl stechen lassen und lange aufbleiben dürfen. Nach den ersten Singles, bei denen sich Wham noch als Londoner Working Class Rapper versuchten, verlegte sich der stets extrem ambitionierte Songschreiber und Sänger George Michael bald auf das Formulieren der perfekten Teenie-Pop Formel. Motownsoul (I'm Your Man), 80ties Funk (Everything She Wants) die ganz große Ballade (Carless Whispers) und die Sehnsucht nach dem süßen Leben (Club Tropicana).
Freedom!
Dass George Michael ein Getriebener war, ahnten die kreischenden Teenie-Horden, die mit Wham ihre ersten Engtanz Parties verbrachten, nicht im geringsten. Erst in späteren Interviews offenbarte George Michael, dass er auch in den Zeiten der größten Erfolge nicht glücklich war. Er blieb innerlich ein Außenseiter. Ein schwuler Mann, mit echten und angedichteten Freundinnen, ein Popstar, der eigentlich als Songwriter ernstgenommen werden wollte und sich nach Anerkennung der Popkritik sehnte. Das Ende von Wham! bedeutete für seinen Partner Andrew Ridgeley, dass der sich nur mehr auf sein Hobby Autorennfahren konzentrieren konnte. Für George Michael hat damit seine Suche nach Anerkennung aber erst richtig begonnen. Sein Rechtsstreit mit einer großen Plattenfirma, sein Kampf um künstlerische Freiheit und die lustige Idee, sein Popstargesicht in den Videos zu verstecken und stattdessen die damaligen Supermodels (Linda, Naomi, Christy etc.) posen zu lassen, zeugen davon.
APA/AFP/MIGUEL MEDINA
Let's Go Outside
Und dann war noch der „Toiletten-Incident“ in Los Angeles, wo er sich angeblich einem Zivilpolizisten „unsittlich genähert“ haben soll. Das unfreiwillige Coming Out als Schwuler hat zuerst für Häme in den Celebrity-Gazetten gesorgt, die daraus gleich die Geschichte eines gefallenen Stars konstruieren wollten.
Der Erfolg des Album „Outside“, in dem George Michel überraschend elegant und sogar selbstironisch mit dieser Situation umging, brachte ihm allerdings ein veritables Comeback ein. Statt Teenie Pop sollte fortan eleganter langsamer „Erwachsenendisco“ den George Michael Sound prägen. Das stand ihm fast so gut wie der Drei- bis Fünftage Bart, den er seitdem in der Öffentlichkeit zu tragen pflegte. Gelegentlich tauchte George Michael noch in den Klatschspalten auf, weil er wiedermal bekifft in seinem Auto eingeschlafen war, das eine oder andere Album mit Orchesterbegleitung..., man konnte immer noch auf ein schönes Alterswerk hoffen. Dazu wird es jetzt wohl nicht mehr kommen. „Wake Me Up Before You Go Go“ hat uns George Michael gebeten. Jetzt ist er selbst einfach so gegangen, ohne uns vorher aufzuwecken, ein Verlust.