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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

21. 12. 2016 - 19:18

Die Prinzessin ist in einem anderen Tablet

Nach jahrelanger Sturheit hat sich der traditionsreiche japanische Games-Konzern Nintendo nun aus der Isolation begeben. Das Ergebnis: Lifestyle-Videos und Super Mario am Smartphone.

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Es ist also passiert. Mario ist auf unseren Smartphones und Tablets angekommen, zumindest mal auf jenen, wo ein angebissener Apfel drauf ist. Noch vor wenigen Jahren war das undenkbar: Nintendo hat das selbst geschaffene Versprechen, eigene Spiele nur auf eigener Hardware zu veröffentlichen, nie gebrochen. Doch am 15. Dezember wurde unter den größtmöglichen PR-Fanfaren "Super Mario Run" in Apples Appstore gelauncht.

Das ist ein großer Schritt für das einstige Innovations-Powerhaus in Sachen Videospielgeräte. Denken wir nur zurück: Der Game Boy hat modernes mobiles Gaming erfunden, der Virtual Boy versucht, die VR-Revolution 20 Jahre vorweg zu nehmen und die Wii hat intuitives und Generationen übergreifendes Videospielen populär gemacht. Doch der Gamesmarkt hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert, und Nintendo hatte dabei nun schon einige Male das Nachsehen. Zuerst hat der japanische Konzern den Online-Markt verschlafen und nun springt man sehr spät doch noch auf den lukrativen Zug der Smartphone- und Tabletgames auf. Schon im vergangenen Frühjahr hat Nintendo mit dem Frage- und Antwortspielchen "Miitomo" einen ersten Schritt in dieses Biotop gemacht. Das kleine Social Game war aber zu substanzlos, um mehr als eine Woche lang interessant zu sein, und in Wahrheit wohl mehr ein öffentlicher Testlauf als eine ernstzunehmende Veröffentlichung.

"Super Mario Run"-Logo

Nintendo

Überall Mario

"Super Mario Run" ist das vielleicht am meisten gehypte Spiel in der Geschichte des Apple Appstores. Es wurde bereits Monate vorher angekündigt, extra dafür eine Benachrichtigungsfunktion eingeführt, und als das Spiel dann da war, ist der ganze Appstore damit zugekleistert worden. Sowohl für Apple als auch für Nintendo ist es ein sinnvoller Schritt. Die hoch angesehene, aber strategisch unflexibel gewordene Spielefirma Nintendo erschließt sich so Millionen neuer Spieler/innen, und Apple hat mit Mario nun den populärsten Games-Charakter überhaupt im eigenen App-Biotop.

"Super Mario Run" sieht aus wie Mario und spielt sich so - außer, dass das berühmte Nintendo-Maskottchen diesmal automatisch läuft. Die 24 Levels sind sehr kurz und auch nicht sonderlich schwer, doch die Herausforderung liegt darin, perfekte Sprünge zu machen, um möglichst viele Münzen zu erwischen. Für jeden Level gibt es drei spezielle Challenges, wo man Sondermünzen finden muss: Hat man alle fünf rosa Münzen in einem Lauf geschafft, kann man auch noch die blauen und dann - am schwierigsten zu erreichen - die schwarzen Münzen ergattern. Von "Miitomo" hat Nintendo das 1*1 des Social Media gelernt: Es gibt zu jedem Level eine eigene Online-Highscoreliste, Freunde können manuell hinzugefügt oder aus Twitter oder Facebook importiert werden.

Wie schon beim Promoclip zur Bekanntgabe der nächsten Nintendo-Konsole Switch, lebt auch die Videovermarkung von "Super Mario Run" von einer starken Lifestyle-Komponente.

Auf zur Perfektion

Neben den normalen Levels gibt es auch einen Player-vs-Player-Modus, und zwar die sogenannte Toad Rallye. Dabei zahlt man ein virtuelles Rallye-Ticket, sucht sich einen Gegner aus, bekommt ein Level zugewiesen und versucht dann in einer Minute, möglichst viele Münzen zu sammeln und Sprungtricks auszuführen. Wer am Schluss mehr Punkte hat, gewinnt und bekommt Toads, also die kleinen, freundlichen, bunten Pilzwesen. Je mehr man von ihnen in "Super Mario Run" erspielt, desto mehr Gegenstände und Gebäude kann man kaufen und desto größer wird das eigene Pilzkönigreich. Später hinzugefügt worden ist das Freundesrennen. Das ist genau wie die Toad Rallye, nur ohne Wetteinsatz und ausschließlich mit bzw. gegen Menschen aus der eigenen Freundesliste.

Teurer Promotion-Spaß: "The Tonight Show"-Host Jimmy Fallon hat in einer Sendung kürzlich sehr werberisch "Super Mario Run" als auch Nintendo Switch präsentiert.

"Super Mario Run" geht spielerisch und von der Präsentation her so gut wie keine Risiken ein: All die Mario-typischen Elemente und Figuren sind ohne jegliche Modifikation in der Standardvariante vorhanden. Das ist schade, denn ein Facelifting oder spezielles Setting ("Super Mario Sunshine", anyone?) wäre dem Game sicher gut gestanden. Immerhin ist die Spieltiefe für ein kleines Ein-Knopf-Spielchen beachtlich. Obwohl es im Prinzip nur 24 kurze Levels, einen PvP-Modus und ein paar kaum relevante Bonusfeatures gibt, erfordert das Meistern der Levels viel Konzentration und Übung. Wir wissen ja schon seit "Canabalt" (2009), dem ersten Endless Runner und quasi dem Urgroßvater von "Super Mario Run", dass auch ein Spiel mit nur einem Knopf ziemlich herausfordernd sein kann.

Super Mario springt und sammelt Goldmünzen, die in der Luft hängen.

Nintendo

Die landläufige Kritik an "Super Mario Run" bezieht sich darauf, dass man das Game nur spielen kann, wenn das iPhone bzw. iPad mit dem Internet verbunden ist. Und dass es (nach einer kurzen Einspielphase) zehn Euro kostet. Das ist für ein Mobile Game tatsächlich recht happig, dafür bekommt man bewährte Nintendo-Qualität.

Eine Android-Version ist derzeit nicht in Sicht. Übrigens: Es sind im Play Store derzeit einige Fakes im Umlauf. Wer Apple gar nicht leiden kann, muss sich aber nicht grämen: Die großen "Super Mario"-Spiele werden wohl weiterhin exklusiv auf Nintendo-Hardware erscheinen.