Erstellt am: 20. 12. 2016 - 06:01 Uhr
Glücklich in der Nische der Nische
Vom vielen schönen Schnee, der im November über die Alpen gekommen ist, ist in Mühlbach am Hochkönig nicht mehr viel übrig. Föhn und wochenlanges Hochdruckwetter können selbst einem "Schneeloch" in Nordstaulage heftig zusetzen. Und dennoch sind vergangenes Wochenende über 70 SnowboarderInnen zum Split & Relax-Testival gekommen, um die neuesten Splitboards der Saison, bzw. überhaupt einmal ein Splitboard auszuprobieren.
Florian Jäger
Disclaimer: Diese Geschichte ist auf Einladung des Livingroom Hochkönig entstanden.
Splitboards sind keine wirklich neue Erfindung. Wohl seit über 20 Jahren schneiden SnowboarderInnen ihre Bretter der Länge nach durch, um sie beim Aufstieg auf einen Berg als Tourenschi zu verwenden, bevor man sie für die Abfahrt wieder zusammensteckt. In den letzten Jahren hat Tourengehen mit Splitboards aber mehr Aufmerksamkeit erhalten.
Einerseits liegt das daran, dass sich die Splitboards technisch extrem weiterentwickelt haben, sagt Martin Vogl, einer der Betreiber des Online-Splitboard-Journals splitboarding.eu und Organisator des Split and Relax 2016. Viele etablierte Snowboardfirmen stellen mittlerweile auch Splitboards her und auch einige Spezialfirmen mischen mit. Andererseits wird Splitboarden aber auch vom Schitourenboom mitgezogen, der mittlerweile breite Schichten erreicht und kein Nischendasein mehr fristet.
Florian Jäger
Ob man unverspurten Pulverschnee, Bergeinsamkeit oder schöne Aussichten sucht, ob man auf der Flucht vor teuren Lifttickets oder den Massen auf pickelharten Kunstschneepisten ist, oder ob man einfach gern schwitzt und sich verausgabt, es gibt viel Gründe, die Berge abseits der Schigebiete anzusteuern.
Anders als beim Wandern gibt es aber auch eine Reihe von Hindernissen, die sich potentiellen SplitboarderInnen in den Weg stellen. Splitboards sind nicht gerade billig und wer ins freie Gelände will, sollte auch ein wenig Ahnung von den Gefahren haben, die dort lauern und sie in die Tourenplanung integrieren.
Florian Jäger
Splitboardcamps, wie das Split & Relax, von denen es immer mehr gibt, sollen dabei helfen, diese Hindernisse zu überwinden. Über zehn Snowboardfirmen haben ihre Splitboards und Tourenausrüstung zum Testen in den Livingroom Hochkönig gebracht, wo sich Gastgeber Peter Radacher mit seinem Snowboardmuseum und der Durchführung von Banked Slaloms und anderen traditionellen Snowboardveranstaltungen seit Jahren Verdienste für den Sport erwirbt. Manche SnowboarderInnen sind vor lauter Auswahl an Splitboards fast überfordert und müssen Auszählreime aufsagen, um sich zu entscheiden. Und wer sich selber fürs Erste nicht um die Tourenplanung kümmern will, kann sich bei den Mühlbacher Bergführern anhängen.
Florian Jäger
Dass es nicht immer perfekte Bedingungen braucht, um tolle Erlebnisse am Berg zu haben, macht am ersten Abend schon Snowboard Pro Chris Fuschlberger klar, als er einen Film über seinen Trip ins Dreiländereck Kirgisistan, China, Tadschikistan präsentiert. Die atemberaubende Aussicht von einem zentralasiatischen Hochplateau auf 6.000ern und 7.000ern habe sich für immer in sein Gedächtnis eingebrannt, neben den vielen Bekanntschaften und Erfahrungen, die er ohne das Splitboarden wohl nie erlebt hätte.
Beim Split & Relax reicht das aus, um selbst die Pulverschnee-Verwöhntesten SplitboarderInnen für eine Tour am nächsten Tag zu motivieren und selbst die Aussteller wollen es sich nicht nehmen lassen, zumindest ein paar hundert Höhenmeter und ein paar Schwünge im Schnee zu machen. Viele lohnende Ziele gibt es im Moment nicht, die auch das Material unbeschadet überstehen könnte. Das Kollmannsegg, ein kleiner Grasberg im Schatten des Hochkönig Massivs bleibt schließlich über. Und auch wenn der Schnee nicht mitspielt, das Wetter und die Weitsicht tun es, und vom Gipfel aus strahlen die großen Berge der Hohen Tauern herüber, Großglockner, Großvenediger, Kitzstein- und Wiesbachhorn.
Simon Welebil / FM4
Bei der Jause am Gipfel können sich alle an schöne Splitboardtouren erinnern: "Ritterkopf. 1.800 Höhenmeter; steile Rinnen.", oder "Drachenkar bei Bieberwier, ein Kessel mit ungefähr 30 Rinnen, supergeil!" Splitboard-Touren können bleibende Eindrücke hinterlassen, die heutige wird wohl unter "Jeder Tag am Berg ist ein guter Tag" abgelegt und bald von anderen verdrängt werden.
FM4 Draußen
Bei den Splitboard-AnfängerInnen besteht noch die Chance, dass sie sich an die Touren an diesem Wochenende als ihre ersten Versuche mit dem Splitboard zurückerinnern. Dass bei den meisten von ihnen noch viele weitere folgen werden, davon ist Martin Vogl überzeugt, weil Splitboarden einfach glücklich macht, wie man auch an einem Wochenende mit schlechten Bedingungen sehen kann, und süchtig. Dass er in Zukunft die unbefahrenen Pulverschneehänge mit Massen von anderen SplitboarderInnen teilen muss, glaubt er dennoch nicht: "Es bleibt einfach anstrengend, und ein Massenboom wird's deshalb nicht werden." Aber das passt auch so und man ist glücklich in der Nische der Nische.
Simon Welebil / FM4