Erstellt am: 13. 12. 2016 - 16:08 Uhr
The daily Blumenau. Tuesday Edition, 13-12-16.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Siehe auch: Jahresbilanz, Teil 1: Es ist eine Frage der Rundung.
Siehe auch: EM-Journal '16-52, 23-06-16 Warum ich schuld bin am Ausscheiden der österreichischen Nationalmannschaft bei der Euro 2016.
Monday Edition, 10-10-16: Koller sucht den Siegenthaler. Das Wales/Serbien-Doppel zeigt: so geht sich das nicht aus für den ÖFB. Die Analyse und Vorschläge für einen Turnaround.
Thursday Edition, 08-09-16. Koller wird sich einbetonieren, das ÖFB-Team bis 2018 denselben Stiefel durchspielen.
Monday Edition, 14-11-16. Von Sinnkrisen, fehlenden Entwicklungsschritten und der Unfähigkeit zu überraschen.
Wednesday Edition, 16-11-16. Die ÖFB-Bilanz nach dem letzten Team-Test und Kollers Ausreden-Parade(fm4.orf.at
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Die off-topic-Tiefpunkte der hier auf 90minuten.at gut zusammengefassten ÖFB-Jahresbilanz: Leo Windtners Neuentdeckung von Biafra und die seltsam offen zur Schau gestellte Ahnungslosigkeit von Windtner und vor allem Ruttensteiner, was Details der Liga-Reform, und vor allem Hans Rinners weitere Pläne betrifft.
Es war ein Umschleichen des heißen Breis, diese Bilanzlegung, die der ÖFB da heute Mittag für 2016 vornahm.
Da fuhren Präsident Leo Windtner und Sportchef Willibald Ruttensteiner verbal alles auf, was gut und schön war (Frauen, Nachwuchs, Breite, Ausbildung, Talentförderung - all das wurde hier bereits gestern besprochen - und präsentierten auch die Fortführung des Projekt 12) und sprachen auch alles an, was nicht so glatt lief (das Seuchenjahr der A-Nationalmannschaft), aber zum Kern dessen, was alle am meisten interessiert, kamen sie nicht.
Und damit meine ich nicht den Versuch eine Personal-Diskussion zu eröffnen (auch wenn die Zwischentöne da leisen Anlass dafür geben würden, sondern die Frage, welche Weichenstellungen man denn für ein verändertes, verbessertes 2017 präsentieren würde.
Entgegen der alten "wirf-den-Medien-zumindest-einen-Knochen-hin"-Regel blieb Windtner bei Aufforderungen, blieb Ruttensteiner bei der (nur intern) vollzogenen und noch zu vollziehenden Analyse und den "Schlussfolgerungen" aus diesen "Hausarbeiten", die dann "konsequent und innovationsbereit" so umzusetzen wären, dass der turnaround noch zu schaffen wäre. Details dazu müssten intern bleiben. Wie auch die erhobenen Kennzahlen der ÖFB-Spiele/r, die im Vorjahr an gleicher Stelle noch an die Medien weitergereicht wurden.
Nun ist die Ursache, warum die Abwärtsspirale sich auch psychologisch nicht aufhalten ließ, die eine und die konkrete Analyse der schiefgegangenen Spiele eine andere Sache. Dennoch: in eine Analyse-Unit, die sich in der ersten Angelegenheit mit der Billigberger-Antwort "vom eigenen Hype und folgender Erwartungshaltung zu stark unter Druck gesetzt" begnügt, setze ich dann auch in der anderen Sache weniger Vertrauen.
Zumal es Mittel und Wege gibt die Management-Fehler rund um die ÖFB-Nationalmannschaft ganz präzise aufzuarbeiten, zumindest im Nachhinein.
In einem Trend-Heft Mitte November (schwache Quellenangabe, sorry, ich hab's im Zug gelesen, KW 46 oder 47, und es gibt keine Entsprechung auf trend.at) war in einem kleinen Zweispalter von der Theorie der Schwachen Signale die Rede, die im Fall des Koller Teams zwar präsent, aber eben unerkannt geblieben wären.
Nun ist sowohl die Wirtschaftswissenschaft als auch die Managementliteratur mit erhöhter Vorsicht zu genießen.
Außerdem sind Theorien wie diese Lieblingsspielzeuge der McKinseys und anderer House of Lies-Monster.
Aber: das Erkennen schwacher Signale ist unverzichtbarerer Teil von strategischer Frühaufklärung und sorgt fürs Erkennen von "Diskontinuitäten" wie "Richtungsänderungen (Strukturbrüche) oder Niveauänderungen (Unstetigkeiten)."
Optimal wären "regelmäßige Schätzungen von ExpertInnen mit warnendem Inhalt", die eine zunehmende Distanz zwischen Idealproduktvorstellung und Realproduktbeurteilung feststellen könnten.
Fähigkeit zur Selbstkritik, oder, noch besser formuliert, die "Fähigkeit zur Unsicherheit" nutzt eine neue Denkart, um herauszufinden, wie leistungsfähig diese ist.
Die antizipative Suche nach schwachen Signalen ermöglicht also rechtzeitige Vorbereitung und Ingangsetzung der Umgehung oder Umwandlung von Risiken.
Woran man etwa eine Krise schnuppern kann: an der "Häufung gleichartiger Ereignisse mit Bezug zum Unternehmen". Nun war das, trotz der im Bereich des ÖFB komplett ausbleibenden "Schätzungen von ExpertInnen mit warnendem Inhalt" (und meine Selbstkritik vom 23. Juni gilt da immer noch), doch ziemlich offensichtlich. Ein schönzuredendes Testspiel nach dem anderen, Ereignisse mit geradezu erschreckender Gleichartigkeit.
Kein Vorwurf an irgendjemanden das nicht erkannt zu haben. Schließlich hat sich auch kein Wirtschaftstheoretiker oder gar -Praktiker warnend vor den Hype-Zug geworfen (und selbst im Nachhinein war es gerade ein Einzelner; hat das Aussagekraft über die heimische Management-Qualität?) und die wohl erkennbaren "Schwachen Signale" öffentlich gemacht.
Es zeigt aber, dass gerade bei vertrackten Problemen eine Loslösung von der Innensicht und ein Denken "outside the box" angeraten ist. Wie das geht, zeigte im November Kapitän Julian Baumgartlinger, der in seiner präzisen Analyse die schmallippig-beleidigte Grundhaltung, die Koller einnimmt, seit er sich (gemeinsam mit Ruttensteiner) nach der Euro mit einer allzu knieweichen Kaum-Analyse der Krise aus der öffentlichen Verantwortung nehmen wollte.
Ruttensteiner hat, in einem ungeschützten, aber eben öffentlich aufgezeichnetem Moment Koller als Menschen bezeichnet, "der nicht sehr viel wechselt und verändert, sondern von den Dingen, die er angeht, überzeugt ist. Das kann auch ab und zu etwas im Weg stehen." Einen Moment, den er heute von sich wies, um nicht die Personal-Diskussion etc.etc., siehe oben...
Das bedeutet: wenn Ruttensteiner im Analyse-Team mit Koller derjenige ist, der fürs Durchlüften, den anderen Ansatz oder die Innovation zuständig ist, dann wird es schwer zu Schlussfolgerungen zu kommen, die der zuletzt stark verunsicherten Mannschaft weiterhelfen. Das würde nur mit einem diese Erkenntnis dann umsetzenden Chefcoach klappen. Der steckt gefühlt aber in der nämlichen box fest. So sehr, dass sich Ruttensteiner bemüßigt fühlt, neben einer "verbesserten Spielanlage" auch den Trick den Gegner zu überraschen ins Spiel zu bringen.
Im übrigen: die Gleichartigkeit der bisherigen WM-Quali-Spiele, vor allem die veränderungsunwillige Gleichmütigkeit, mit der sie sowohl von Spieler- als auch von Coaching-Seite bestritten wurden, sind keine weak signals mehr, die zu übersehen noch zulässig ist, sondern Ausdruck einer veritablen Krise.