Erstellt am: 12. 12. 2016 - 19:00 Uhr
Drohnenschwärme für den vernetzten Krieg
Die Ende November bekanntgewordenen Pläne der US-Navy für ein Netz aus Unterwasserdrohnen sind nur Teil eines größeren Konzepts zur globalen Dominanz des elektromagnetischen Spektrums. Zwei entsprechende Projekte wurden von der militärischen Forschungsagentur Intelligence Advanced Research Activity (IARPA) heuer nacheinander gestartet. Dem Teilprojekt "Underwatch" folgte im November das übergeordnete Projekt zur Modernisierung des "elektromagnetischen Gefechtsfeldmanagements".
An erster Stelle steht dabei eine modernisierte Funkaufklärung in künftigen Krisen- oder Kriegsgebieten mit einem Netz aus unbemannten U-Booten, Drohnen und statischen Sensoren. Das System soll neben der Aufklärung auch völlig neue elektronische Abwehraufgaben übernehmen. Als Einsatzgebiete werden in einer Studie des militärischen Thinktanks CSBA die Meerengen von Malakka und Hormus genannt, die Zugänge zum Persischen Golf und zum Südchinesischen Meer.
CSBA
Schwärme zur Triangulationsmessung
Aktuell dazu in ORF.at
US-Interessen unter der Oberfläche: U-Drohnen für Attacken unter Wasser
Wurden Drohnen bisher entweder zu reinen Aufklärungszwecken bzw. für gezielte Tötungen mutmaßlicher Terroristen eingesetzt, so soll ihr Aufgabenbereich nun erweitert werden. Die Studie des "Center for Strategic and Budgetary Assessments" (CSBA) setzt speziell auf "Gegenmaßnahmen mit niedrigem Stromverbrauch, um feindliche Sensoren auszuschalten", zugleich solle dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass die eigenen Systeme entdeckt würden, bedeutend verringert werden.
Die gerade erst in Dienst gestellten Stealth-Kriegsschiffe der US-Navy werden von einer blamablen Serie von Pannen heimgesucht, die ihren Antrieb lahmlegten.
Will heißen: Ein aktiver "Sensor", der selbst Signale aussendet und anhand der zurückgeworfenen Echos gegnerische Kriegsschiffe ortet, kann von diesem natürlich ebenfalls lokalisiert und damit angegriffen werden. Ein Netz aus passiven Sensoren auf unbemannten Mini-U-Booten und Drohnen ist so nicht ortbar, wie auch die Sensorträger selbst aufgrund ihrer geringen Größe nicht so einfach auf dem Radarschirm zu entdecken sind. Da sie räumlich gestaffelt operieren, ist eine genaue Einmessung der empfangenen Signale durch Triangulation oder Messungen der Dopplerverschiebung möglich.
CSBA
"Lockvögel und Täuschung"
Neben der Tarnung sei jedoch das eigentliche "Ziel dieses operativen Ansatzes mit 'Löckvögeln und Täuschungsmanövern', ein falsches Bild des Kampfgeschehens für den Gegner zu zeichnen", heißt es in der Studie. Wie dem oberen Teil der Grafik zu entnehmen ist, sollen vorausfliegende kleine Drohnenschwärme angreifende Flottenverbände tarnen, indem feindliche Radars durch multiple Störsignale der Drohnen geblendet werden.
Die Ausschreibung des Joint Electronic Warfare Center für neuartige "Electromagnetic Battle Management Capabilities", sowie das IARPA-Projekt "Underwatch"
Unbemannte kleine U-Boote und weitere Drohnenformationen werden als Lockvögel benutzt, um Angriffe auf sich zu ziehen, weil ihre Echos auf den Radarschirmen des Gegners zusammen das Bild eines angreifenden Flottenverbandes vorspiegeln. Das Kontrollzentrum für diesen vorgetäuschten Angriff befindet sich auf einem Kriegsschiff, das in beträchtlichem Abstand dahinter operiert.
CSBA
Distribuierter Luftkrieg gegen Ziele am Boden
Die obige Grafik zeigt den konzentierten Angriff eines gemischten Geschwaders aus bemannten und unbemannten, vernetzten Flugzeugen auf landgestützte Radars. Drei verschiedene Drohnenschwärme messen die Radars ein, decken sie mit Störsignalen zu und übermitteln die Koordinaten dieser Ziele an eine Rotte von Kampfjets, die dann aus der zweiten Reihe angreifen. Drei fliegende Kommandocenter im Stealth-Design (schwarz markiert) bilden das Backbone der Kommunikation und feuern Lenkwaffen auf die erfassten Ziele ab.
Im Jänner startete die IARPA ein Projekt zur "Früherkennung und Vorhersage von Terrorakten", das auf von Satelliten abgezapften Daten basiert
Dieser Ansatz eines luftgestützten bzw. abgetauchten, jedenfalls aber den eigentlichen Luftstreitkräften vorgelagerten "Internets der Dinge" zur Kriegsführung aus der Luft zieht sich durch die gesamte Studie. Wie im zivilen IoT sind es Sensornetze mit großteils passiven Komponenten mit extrem niedrigem Stromverbrauch. In der Conclusio der Studie wird denn auch die Einrichtung solcher statischer Sensornetze als primäre Maßnahme empfohlen.
CCTV
Die nächsten Krisenherde
Im persischen Golf könnten vernetzte Sonarsensoren auf dem Meeresboden verlegt werden, um etwa herannahende Schnellboote der iranischen Marine möglichst bald zu lokalisieren. Vergleichbares wäre ebenso zur Erfassung des Schiffsverkehrs rund um die von China erst aufgeschütteten, dann beanspruchten Atolle im südchinesischen Meer zu protokollieren. Mit diesen vorgeschobenen Militärstützpunkten will China sein Hoheitsgebiet auf einen Großteil des südchinesischen Meers erweitern.
Sämtliche Anrainerstaaten protestieren dagegen, die USA haben angekündigt, die freie Handelsschiffahrt durch die Straße von Malakka notfalls auch militärisch abzusichern. Neue Konflikte sind hier also vorprogrammiert, vernetzte Flottenverbände der US Navy mit vorgelagerten unbemannten U-Booten oder Drohnen könnten die Schwelle zum Ausbruch eines bewaffneten Konflikts gefährlich senken. Mit "Lockvögeln und Täuschungsmanövern" , also kleinen Drohnenschwärmen, die obendrein über Kapazitäten zur Störung von Funk und Radars verfügen, verschwimmen hier die Grenzen zwischen Nachrichtenaufklärung und Angriffen im elektromagnetischen Spektrum.