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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 12. 2016 - 15:49

The daily Blumenau. Fußballwoche KW 49/16.

Jahresbilanz, Teil 1: Es ist eine Frage der Rundung.

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Siehe auch
#dailyBlumenau. Friday Edition, 02-12-16: Vier Punkte, an denen die durchaus patente #bulireform noch hakt

Morgen: ein ausgewiesenes Fazit für den ÖFB, samt einer das ganze Seuchenjahr erklärenden These aus dem Wirtschaftsbereich.

Egal ob im Liga-Betrieb oder im internationalen Geschäft.
Es ist eine Frage der Auf- oder der Abrundung. Ob man mehr auf grobkörnigen Naturalismus oder weichgezeichnetes face swapping steht.

Wahr ist:
Das unerwartete Ausscheiden aller Euro-League-Teilnehmer steht als letzte Watschen, als finaler Schock in einem Jahr, in dem letztlich nichts geklappt hatte: zuerst der kapitale Valencia-Schock im Februar, dann die maue Euro-Vorbereitung, das öde Salzburg-Solo zur Meisterschaft, das sommerliche Ende von drei Profi-Klubs, die traurige Euro, wieder einmal das Psycho-Aus in der Champions League-Quali, das drastische Aus für die Österreicherinnen in der Women's Champions League, die Verdunkelungs-Politik der Admira, die bis dato so schwache WM-Quali, das knappe Aus der U21 in ihrer Quali, der Altach- und Sturm-Schock für die arrivierten Drei, der Rapid-Zusammenbruch und dann eben auch noch das Winter-Out in der Euro-League.

Genauso wahr ist aber auch:
Österreichs Nationalspieler (auch die im Nachwuchs) standen das gesamte Jahr über zurecht unter gezielter internationaler Be(ob)achtung, Platz 31 in der Welt und Platz 20 in Europa sind gesünder und realistischer als Rang 10 zu Jahresbeginn. Die U17 und die U19 sind in der nächsten Runde ihrer Euros, die Salzburger U19 darf in der Youth League überwintern und wird mit einem One-Off-Heimspiel mit Manchester City belohnt. Platz 15 im UEFA-Ranking bedeutet ab 2018 wieder zwei Chancen auf die Champions League - sofern der Modus nicht geändert wird.

Dazu kommt dann auch die Berufung von Raphael Holzhauser ins Euro-League-Team der Vorrunde und sein Platz 4 im Overall-Ranking sowie die guten Plätze von Rotpuller, Schöpf ua ebendort.

Die Frauen haben erstmals ihre Euro erreicht, der Nachwuchs arbeitet stabil.
Und, vor allem: der Profi-Bereich hat sich infrastrukturell stabilisiert, rasenheizt jetzt ordentlich. Und außerdem hat sich die Bundesliga mit allen Akteuren auf eine Reform geeinigt, die diesen Namen auch verdient. Und legt aktuell eine nie gekannte Sorgfalt & Transparenz an den Tag.

Überhaupt, das europäische Abschneiden: einerseits sind noch 19 Nationen dabei, also belegt Österreich (gemeinsam mit den ebenfalls zu dritt ausgeschiedenen Schweizern) den elenden Rang 20 - im Ranking der in Champ/Euro-League errungenen Gruppenphasen-Punkte haben Salzburg-Rapid-Austria aber immerhin Rang 14 erreicht; und reell eben Rang 15. Und das ist okay, war das Etappenziel. Das mittlerweile auch die Dümmsten gecheckt haben. Dort wo früher Jahresend-Spiele in Europa noch weggeschenkt wurden, weil Verantwortliche zu blöd waren um zu rechnen, haut man sich rein für ein besseres 2017 und 2018.

Andererseits: dass etwa die Austria Wien nicht gut genug für ihre nicht gerade unglaublich kompetitive Gruppe war, ließ sich zu einem erschreckend frühen Zeitpunkt schon ganz klar erkennen. National kann man mit einer einzelnen Spiel-Idee und zu gutem Personal vorne mithalten, international kann das nicht genügen.

Dafür, dass Red Bull Salzburg in etwa doppelt so viel investiert wie der erste Konkurrent, ist der Ertrag erschreckend bescheiden. In Wals-Siezenheim setzt sich immer schnell eine Abcasher-Wurtschigkeit durch, die gute Spieler versauertopfen lässt und Trainer wie Oscar dazu bringt ihre eigentlichen Ideen aufzugeben und es dann halt auch so wie früher ein anderer zu machen. Für den Meistertitel wird es - knapp - reichen, mehr Ambition existiert nicht. Angesichts des Höhenflugs von RB Leipzig, angesichts der anstehenden kompletten Lieferingisierung der Salzburger (die so womöglich gar nicht mehr in die Champions League dürfen) auch kein Wunder.

Rapid hat sich seine Krise komplett hausgemacht: ein ganzer Verein, von der Management-Spitze über die Mannschaft bis hin zu den Fans, glaubte, dass ein neues Stadion von ganz allein Tore schießt, schraubte Ansprüche dementsprechend und verfiel bei der erstbesten Gelegenheit in eine kollektive Depression. Ob der Mann des Halbjahres, ob Damir Canadi (vom neuen Bickel, nicht dem Thomas, sondern dem Fredy, erst gar nicht zu reden) sie da raushauen kann, ist noch nicht gesichert.

Canadi, der aus dem seilschaftverseuchten Wien ausgezogen war um zu beweisen, dass er der beste Coach von allen ist, musste nach Wien zurückkehren, um es allen (und sich) zu zeigen. Wiewohl es klüger gewesen wäre mit Altach Herbst/Wintermeister zu werden und dann auf die Winter-Angebote aus der Schweiz/Deutschland zu warten. Mit ihm im Frühjahr hätte Altach womöglich auch noch Leicester werden können, ohne ihn geht das nicht. Wobei: sollte wirklich Lederer übernehmen, dann wäre Sturm Graz' Frühjahrs-Rolle als alleiniger Underdog-Vornemitspieler in Gefahr.

In den unteren Regionen beschäftigt man sich aktuell lieber mit Stabilisierungs-Maßnahmen, rüstet schon für die Zwölfer-Liga. Und da hat am ehesten Mattersburg Troubles, aus dem Fall Onisiwo kann finanzieller Schaden entstehen, der Big Boss Pucher vielleicht auf dumme Ideen kommen lässt.

Hier ein paar interessante Statistiken, da ein paar auffällige Spieler aus der Bundesliga, hier welche aus der Ersten Liga.

Fast unbemerkt hat die Bundesliga bei ihrer jüngsten Hauptversammlung (der nach der Reform-Bekanntgabe) einige Bedingungen so verschärft, dass nur noch erwünschte Vereine wirklich aufsteigen können. Es sind nur noch 5.000-Stadien zugelassen, in denen mindestens 4.000 Sitz- oder Stehplätze gedeckt sind. Das können eh nur noch (die erwarteten) 13 Vereine leisten, schließt Kapfenberg, Neustadt oder Grödig aktuell eh aus und bannt sie fix in die in jeder Hinsicht abgeschlankte 2. Liga.

Und auch das ist wieder eine Frage der Rundung, der Auf- oder Abrundung. Auch das lässt sich positiv wie negativ interpretieren, auch ganz ohne postfaktische Idiotismen.
Meine subjektive Interpretation: ein schwaches Jahr, mit Weichenstellungen für Besserungen - also ein gutes Jahr, weil vieles noch auf Luft Bebautes keine Belohnung erfahren hat und auch keine Erwartungen geschürt wurden. Damit lässt sich arbeiten.