Erstellt am: 6. 12. 2016 - 19:00 Uhr
Trumps Team für den Drohnenkrieg steht fest
Mit der Berufung von Ex-General James Mattis wird nach einer Reihe von Zivilisten erstmals wieder ein Militär Verteidigungsminister der USA. Der ehemalige General der Marines war 2013 nach Kritik an der Nahostpolitik der USA in den Ruhestand versetzt worden. Dass er vom designierten Präsidenten Donald Trump nun als "Mad Dog Mattis" vorgestellt wurde, ist symptomatisch für seinen Ruf - aber auch für Trumps Personalauswahl im nationalen Sicherheitsbereich.
Von seinen Vorgängern erbt Mattis den wegen der vielen zivilen Opfer international kritisierten Drohnenkrieg, kann da aber nicht alleine entscheiden. Der neue Chef der CIA Mike Pompeo - auch er gilt als absoluter Hardliner - verfügt über etwa 80 Killerdrohnen, auf deren Konto bisher die meisten zivilen Opfer gehen sollen. Angesichts dieser Personalkonstellation steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der US Dohnenkrieg nun weiter eskalieren könnte.
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US Departmnent of Defense
Stand des Drohnenkriegs
Am Montag meldete die afghanische Nachrichtenagentur Khaama erneut einen Drohnenschlag in Ostafghanistan, zwei Anführer des sogenannten "Islamischen Staats" sollen dabei getötet worden sein. Insgesamt aber ist die Zahl der gezielten Tötungen von Anführern islamistischer Terrorgruppen 2016 signifikant zurückgegangen. Nach 118 nachgewiesenen Bombardements durch Drohnen im Jahr 2010 waren es im Vorjahr noch vierzig, im ersten Halbjahr 2016 wurden bis zur Jahresmitte gerade einmal neun solcher Einsätze geflogen, das geht aus Bulletins des US-Verteidigungsministeriums hervor.
Das ist neu, denn die langjährige Praxis war es, die zum Teil nicht mit der Armeeführung koordinierten Angriffe von CIA-Drohnen zu decken, indem die eigenen Drohnenschläge vom Verteidigungsministerium nicht bekanntgegeben wurden. Auch die Zahl der CIA-Drohnenschläge hat sich 2016 stark verringert, laut übereinstimmenden Berichten dürften es weniger als fünf gewesen sein.
Die Ernennung von General Michael Flynn zum Nationalen Sicherheitsberater und der laufende Umbruch im US-Geheimdienstapparat.
Fehlbombardements, interne Querelen
Laut Washington Post war es zuletzt üblich, dass die CIA-Drohnen vor dem Abfeuern ihrer Raketen dem Central Command der Armee formell unterstellt wurden. Dadurch war es den NGOs, die über die Angriffe und die Anzahl der Opfer Buch führen, einerseits nicht möglich, einzelne Angriffe der CIA zuzuordnen, die als Geheimdienst naturgemäß keine Bulletins über ihre Drohnen-Raids herausgibt. Andererseits hatte diese Praxis vor allem nach Fehlbombardements mit zivilen Opfern regelmäßig zu internen Auseinandersetzungen zwischen Armee und CIA geführt.
CC-BY-SA-4.0 Wikimedia
Das britische Bureau of Investigative Journalism führt eine Datenbank der Drohnenangriffe
Drohnen und Parallelaktionen
So wurde im Jemen 2015 versehentlich eine Hochzeitsfeier angegriffen, zwölf Menschen starben dabei. Die politische Führung dieses Landes, zu deren Unterstützung die Angriffe durchgeführt wurden, protestierte daraufhin und verlangte eine Einstellung der Bombardements. Auch in Pakistan gab es tödliche Fehlschläge, etwa weil die CIA nicht darüber informiert war, dass die attackierten Talibanführer gerade westliche Geiseln um sich hatten. Die Armee wusste das hingegen, war aber über den geplanten Drohnenangriff der CIA-Predator-Drohnen nicht informiert.
Im Juni ging diese jahrelang geübte Politik des Deckens abrupt zu Ende, denn da erschien ein Armeebulletin, das alle neun Drohnenangriffe des ersten Halbjahres 2016 listet. Die allerdings wurden in sechs verschiedenen Staaten durchgeführt, nämlich im Jemen, Syrien, Somalia, dem Irak, Afghanistan sowie Pakistan, alle richteten sich gegen Führungspersonen der lokalen Al-Kaida. Diese Politik des gezielten Tötens durch fliegende Killerbots war noch unter Präsident George W. Bush eingeführt worden, unter Obama wurde sie dann enorm ausgebaut und kulminierte 2010 in über hundert Drohnenschlägen.
US Air Force
Neues Instrument der Kriegsführung
Aus einer Notmaßnahme in Bushs "War on Terror" wurde so ein scheinbar normales militärisches Instrument zur Kriegsführung, wenigsten was die Predator-Truppe der Armee angeht. Die Drohneneinheit der CIA, die als ziviler Geheimdienst nicht dem Armeekommando untersteht, hat hingegen den Charakter eines paramilitärischen Exekutionskommandos, das über den "Director of National Intelligence" direkt dem Präsidenten untersteht.
Der heißt nun demnächst Donald Trump. Sein neuer Geheimdienstkoordinator - Favorit ist angeblich der amtierende NSA-Direktor Michael Rogers - wird vom neuen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn mit ausgewählt. Bis er nach heftigen Auseinandersetzungen um 2014 abgelöst wurde, war Flynn Direktor des Militärgeheimdienstes DIA, der die kämpfende Truppe mit Nachrichtenaufklärung versorgt.
Die Konstellation in Trumps Team
US Congress
Diesen hochrangigen und erfahrenen Militärs steht mit CIA-Direktor Mike Pompeo ein Zivilist ohne nennenswerte militärische Erfahrung gegenüber, der aber derzeit über mehr Aufklärungs- und Killerdrohnen verfügt, als alle anderen NATO-Staaten außer den USA zusammen. Anders als die frisch in Führungspositionen gehievten Hardliner aus dem Militärsektor ist der Zivilist Pompeo als neuer CIA-Chef nur sehr schwer einzuschätzen. Mit den Aktivitäten der US-Geheimdienste sollte er als Mitglied des permanenten Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus etwas vertraut sein, mehr aber schon nicht.
Ob die CIA auch weiterhin über freie Hand bei Drohnenschlägen verfügt, oder ob die Zuständigkeit darüber wieder in die Militärdomäne wandert, ist derzeit nicht zu sagen. Barack Obama hatte im Lauf des heurigen Jahres in Bezug auf den Drohnenkrieg der CIA mehrfach sein Unbehagen über zunehmende "paramilitärische Aktivitäten" ausgedrückt, wollte aber die bestehende Strategie während der letzten Monate seiner Amtszeit nicht mehr grundlegend ändern.
Sogenannte Kollateralschäden
Damit wurde die Entscheidung dem neuen Präsidenten Donald Trump sozusagen in die Hand gedrückt. Sein neuer Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn wird an der Fortführung des Drohnenkriegs ebenso mitwirken, wie auch der neue Verteidigungsminister James Mattis dabei mitreden wird. Der aber verfügt über einschlägige Erfahrung mit sogenannten Kollateralschäden. Als Kommandeur einer Division der Marines im Irak-Krieg war Mattis an der Eroberung Fallujahs maßgeblich beteiligt.
Im Rahmen dieses Feldzugs verantwortet Matthis den Befehl für das nächtliche Bombardement eines zivilen Gebäudes, in dem eine Hochzeitsfeier in Gange war. Mit 42 Toten - darunter 13 Kindern - war dieses "Wedding Day Massacre" eines der verheerendsten Fehlbombardements des Irak-Kriegs. Matthis gab nachher an, er habe nur 30 Sekunden Zeit gehabt, um über den Angriff zu entscheiden, aus dem Pentagon hieß es, dass die Hälfte der Getöteten Männer in wehrfähigem Alter gewesen seien. Die werden von den Militärs nämlich automatisch als Kombattanten gezählt, deshalb gehen die Bilanzen für die zivilen Opfer auch so krass auseinander. Während das US-Verteidigungsministerium von hundert Zivilisten spricht, die über die Jahre Opfer des Drohnenkriegs wurden, nennen Hilfsorganisation und NGOs weitaus höhere Zahlen, nämlich an die tausend.