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Al Bird Sputnik

Record Digger, Subkulturforscher, Universal Beatnik

5. 12. 2016 - 12:46

FM4 Schnitzelbeats #6: Österreichische Girl-Bands

Die FM4 Schnitzelbeats huldigen einmal mehr vergessenen Pionieren heimischer Popgeschichte, diesmal den ersten österreichischen “Damenkapellen”: 3 Girl-Bands aus 3 Dekaden.

FM4 Schnitzelbeats
Sonntagnachts im FM4 Soundpark und anschließend für 7 Tage im The Topsy Girls

Trash Rock Archives

Unsere Reise führt uns nun ins Jahr 1976, wo wir einem Gymnasium in der niederösterreichischen Gemeinde Kirchschlag Besuch abstatten. Dort hatte sich unter dem Einfluss von Ö3 und Disco-Pop die Schülerinnen-Combo The Topsy Girls formiert. Regina, Sissy, Hedy, Mary und Barbara waren zweifelsohne blutige Amateure auf ihren Instrumenten, aber immerhin brachten sie es zu einer eigenen Schallplattenveröffentlichung, bei der die jungen Frauen auch die Musik selber einspielten. Der Manager der Band war gleichzeitig der Musiklehrer der Schule, der zuvor schon einige rustikale Volksmusikkapellen betreut hatte.

Kein Wunder also, dass die vorliegende 7”-Single der Topsy Girls im wundersamen Kosmos der Incredibly Strange Music anzusiedeln ist, aber gleichzeitig eine seltene österreichische Entsprechung auf die legendären Shaggs aus den USA darstellt. Schräge Musik, die in sich fehlerhaft ist, rumpelt und uns streckenweise ratlos zurücklässt. Doch genau darin liegt auch die Magie der enthusiastischen Topsy Girls aus Kirchschlag: Das ist Novelty-Popmusik für ausgeschlossene Hörerinnen und Hörer mit einem Faible für Trash-Superlative. Wir verneigen uns vor der hinreißend bizarren ABBA-Cover-Version “Fernando”.

Das Rennen um die erste Girl-Punk-Band Österreichs entschieden die Wienerinnen A-Gen-53 für sich, die im Sommer 1980 gegründet worden waren und sich – passend im Sinne des Genres – nach einem Vaginalzäpfchen zur Schwangerschaftsverhütung benannt hatten. Ein schlichtes Line-up – Schlagzeug, Bass, Gitarre, Gesang – und ein temporeiches Pogo-Set, angereichert mit rotzigen Cover-Versionen der Troggs, Devo und Sex Pistols bildeten die Basis ihrer ersten Auftritte, die den meisten Zeitzeugen als mitreissend und gleichzeitig überaus chaotisch in Erinnerung geblieben sind. Im Sommer 1981 nahm die pionierträchtige Formation für die Punk-Compilation “Die Tödliche Dosis” schliesslich ihre einzigen erhaltenen Studio-Recordings auf. Gutes Timing, denn schon im Jänner 1982 hatten sich A-Gen-53 wieder aufgelöst. Wir widmen uns dem aufgeputschten, 1-Minute-45-Sekunden-währenden “Scheiß auf Lila”, einer schnörkellosen Kriegserklärung an Mode, Konsum und die sogenannten “Mädchenthemen” in allen Jugendzeitschriften dieser Welt:

Lila ist die Modefarbe
Deswegen ich jetzt jetzt Lila trage
Sagt die Susi zu der Vera
Ja, man hat es immer schwer
Und weil die Mode ständig wechselt
Und man vieles da verwechselt
Scheiß auf Lila!
Scheiß auf Lila!
Scheiß auf Lila!
Scheiß auf Lila!

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