Erstellt am: 5. 12. 2016 - 00:01 Uhr
FM4 Intelligentkalender #5: Super-Ratten
Kambodscha ist eines der am meisten verminten Länder der Welt – nach Jahrzehnten des Krieges sind nach wie vor über sechs Millionen Minen und Blindgänger in der Erde versteckt. Die belgische, mit Privatgeldern finanzierte Non-Profit-Organisation Apopo beschäftigt sich seit 1998 damit, eine ganz besondere Tierart auf der Suche nach diesen Minen einzusetzen. Nämlich: Riesenhamsterratten.
Gemeinfrei
Klingt so, als würde man am liebsten schnell auf einen Sessel hinaufspringen und kreischen? Nein, dieses Verhältnis zu den höchst unterschätzten Tieren hat sich nicht nur unter den Apopo-MitarbeiterInnen schnell verändert. „Ich arbeite mit den Ratten eigentlich wie mit Freunden zusammen. Sie retten so viele Menschenleben, für mich sind das Helden“, erzählt Miradij Saidi dem Guardian im Interview.
Und wie funktioniert das Ganze?
Die Ratten stammen aus Afrika und werden auch dort ausgebildet. Anfangs in Mosambik und Angola eingesetzt, sind sie nun eben auch in Kambodscha unterwegs. Angeleint und in rasterförmigen, abgesperrten Geländen suchen die Nager in einer knappen halben Stunde bis zu zweihundert Quadratmeter Land ab. Scharrt eine Ratte zwischen drei und fünf Sekunden lang an derselben Stelle, kann davon ausgegangen werden, dass sie dort TNT oder ähnliche Substanzen gewittert hat. Mit ihrem nur (für Ratten trotzdem eine beachtliche Größe) einem Kilogramm Körpergewicht sind die Tier selbst zu leicht, die Minen auszulösen.
Belohnt werden sie, kurz nachdem sie etwas gefunden haben, mit Erdnüssen und Bananen, erzählt Miradij.
Die Arbeit der Ratten ist für viele eine Frage von Leben und Tod: Nach wie vor sterben allein in Kambodscha 200 Menschen jährlich an verborgen liegenden Minen. Mittlerweile werden sie außerdem, ebenso von der Organisation Apopo, darauf trainiert, Tuberkulose früh zu erkennen. Die Ratten untersuchen jährlich Zehntausende Speichelproben aus der spezialisierten Klinik in Dar es Salaam, Tansania. So wurde bei vielen Patienten, die irrtümlicherweise als gesund diagnostiziert worden sind, eine Behandlung möglich. Wenn nämlich keine Behandlung erfolgt, kann eine infizierte Person jährlich zehn bis fünfzehn weitere Menschen anstecken – der Einsatz der Ratten unterstützt demnach nicht nur Einzelpersonen, sondern vor allem die Eindämmung der Krankheit überhaupt.