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Lisa Schneider

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4. 12. 2016 - 11:25

Leben in der Kunstblase

Die niederländische Autorin Niña Weijers schreibt eine skurrile Kritik der zeitgenössischen Kunstszene. Ihr Debutroman "Die Konsequenzen" ist nun auch in deutscher Übersetzung erschienen.

Nina Weijers

Annaleen Louwes

Der Debutroman von Niña Weijers, „Die Konsequenzen“, ist nach großen Erfolgen in ihrer Heimat – den Niederlanden – nun auch ins Deutsche, Englische und Tschechische übersetzt worden. Die junge Autorin hat zunächst Literatur studiert, „ohne viel vom Business als Autorin zu verstehen“, wie sie offen zugibt. Aufgewachsen in der verschlafen-schönen Hansestadt Nijmegen im Osten der Niederlande zieht es sie bald nach dem Schulabschluss nach Amsterdam, die muntere Literaturstadt. Nachdem sie 2010 den Write Now!-Preis mit einer Kurzgeschichte gewinnt, geht alles Schlag auf Schlag: Lektorin klopft an, Verlag auch, erster Roman abgeliefert. Und der schafft es mit Anhieb auf die Shortlist für den Libris Literatuur Prijs (den wichtigsten niederländischen Literaturpreis).

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Minnie Panis, eine junge Künstlerin, die ihren Abschluss hinter und ihre Karriere noch vor sich hat. Sie drängt darauf, ihr Leben zur Kunst oder die Kunst zum Leben zu machen. Dafür geht sie bis an ihre Grenzen: In einer ihrer Aktionen, die zwischen Installation und Performance hin- und herpendeln, verkauft sie ihren gesamten Besitz. Von der hässlichen, einst auf ebay.com erstandenen Designercouch bis hin zu ihren Milchzähnen. Dieser radikale Akt der Selbstentäußerung ist für Minnie ein wichtiger Moment, loszulassen. Nach und nach erfahren auch ihre Leser, wovon.

Minnies Mutter, eine lethargische, kontrollsüchtige Frau, die ohne jegliche Emotionen durchs Leben schreitet und ihr damaliges, schwächelndes Frühchen schon immer eher gar nicht wahr- als ernstgenommen hat, sitzt ihr beim monatlichen Essen gegenüber.

Cover "Die Konsequenzen"

Suhrkamp

"Die Konsequenzen" von Niña Weijers ist nach einer Übersetzung von Helga van Beuningen im Suhrkamp Verlag erschienen.

Eine Leseprobe gibt es hier.

Nie hatte Minnie sie ausgelassen lachen oder weinen oder vor Wut schreien sehen; ihre Emotionen wurden in minimalen Dosierungen bemessen, die sie nie überschritt. Das Leben ihrer Mutter, dachte Minnie manchmal, spielte sich entlang den Linien eines Mondrian-Gemäldes ab: horizontal und vertikal und absolut ohne Frivolitäten.

Das Gegenteil von Minnies aktuellem Leben: lockere Liebschaften, das Leben in der Kunstblase, die völlige Selbstentblößung. Minnie fotografiert ihren Abfall, stellt ihn aus. Was klingt wie die krampfhafte Suche nach dem künstlerischen Ausdruck ihrer Persönlikeit, ist eine spannende Irrfahrt, die kein Ende finden kann. Ihr Ex-Geliebter, ein Fotograf, macht Fotos von ihr, als sie schläft. Sie ist nackt zu sehen. Diese Bilder erscheinen kurz darauf in einer Fotostrecke der Vogue. Minnie ist empört, aber gar nicht so sehr, wie man es erwarten würde. In einem Akt, halb aus Rache, halb aus Neugier, verpflichtet sie denselben Mann dazu, ihr monatelang zu folgen, alles zu dokumentieren, was sie tut. Er darf in ihre Handlungen nicht eingreifen, er soll schlicht ihr ganzes Dasein erfassen und - erneut - in Fotografie verewigen.

Die Frage, die Minnie dabei mit sich herumschleppt, ist zweierlei: Ist mein Tod dann das Ende des Projekts? Oder seine Vollendung?

Bitte bleib so... zynisch

Die Beschreibung des Romaninhalts ist schwierig, und dabei liest er sich so leicht und fließend. Manchmal ist es schwer, den Entscheidungen der Protagonistin und damit dem Lauf der Geschichte zu folgen, aber genau an diesen Stellen holt Niña Weijers die Leser mit sympathisch-unaffektierten Aussagen wie dieser zurück ins Boot:

Minnie, die noch nie verstanden hatte, warum konzeptuelle Kunst immer von Ausführungen in unlesbarem Jargon begleitet sein musste, hielt den Begleittext knapp.

Anfangs noch Feuer und Flamme dazuzugehören, wird Minnie schnell zu der Art klug-zynischer Protagonistin, der man gespannt bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zusieht.

Sie wurde zwar noch zu allen Vernissagen eingeladen, doch die Wahrheit war, dass sie die nicht mehr ertrug. Diese Leute lebten in einer Luftblase. Sie redeten von Statements und Antistatements und produzierten intellektualistische Monstren, die genauso gut akademische Papers hätten sein können.

„Die Konsequenzen“ ist einerseits eine Sozialstudie der zeitgenössischen Kunstszene, andererseits und viel mehr noch aber die Geschichte einer jungen Frau, voll mit lakonischem Humor, Dreistigkeit und klugem Witz. Vor allem dann, wenn es um die Möchtegerns der Szene und die bösartige, aber sehr unterhaltsame Weise deren Entlarvung geht.