Erstellt am: 3. 12. 2016 - 00:01 Uhr
FM4 Intelligentkalender #3: Der Pfandring
Das Problem: Viele von uns werfen leergetrunkene Flaschen einfach in den Restmüll. In Deutschland gibt es deshalb seit Jahren ein Pfandsystem auch auf die allermeisten Einwegverpackung. Damit werden (trotzdem weggeworfene) PET-Flaschen und Dosen ein wertvoller Rohstoff, den andere dann mühsam aus dem Mist fischen, um sich das Pfand zu holen. Das ist unhygienisch, gefährlich und erniedrigend.
Die Lösung: Der Pfandring, entwickelt vom Kölner Produktdesigner Paul Ketz. "Das ist ein einfacher Zusatz für öffentliche Mülleimer zum Abstellen von Pfandflaschen", sagt der 27-Jährige, und man fragt sich, wieso eigentlich niemand vor ihm auf diese Idee gekommen ist.
Markus Diefenbacher, Matthias Ketz
Pfand in Österreich
In Österreich gibt es Pfand nur auf Mehrwegflaschen aus Glas (Ausnahme: Vöslauer hat ein Einweg-Pfandsystem für PET-Flaschen). Die Rückführung von Mehrwegflaschen liegt dadurch bei nahezu 100 Prozent. PET-Flaschen und Dosen aus Aluminium oder Weißblech landen allerdings zum Großteil im Restmüll.
Pfand in Deutschland
In Deutschland gibt es sowohl ein Mehrweg-Pfandsystem für Glasflaschen als auch Einweg-Pfandsysteme für die meisten Dosen und Plastikflaschen. Zwar haben sich dadurch Erfolge bei der sortenreinen Mülltrennung gezeigt, trotzdem landen auch hier viele Getränkeverpackungen im Restmüll.
In beiden Ländern geht der Trend trotz aller Bemühungen zu Einwegverpackungen.
Tatsächlich sieht der Pfandring aus wie ein Rettungsring, der Mistkübeln um den Bauch geschnallt wird. Er erspart Menschen, die auf das Pfandsammeln angewiesen sind, den Griff in die Tonne, den Städten Scherben, unnötigen Müll und Reinigungskosten, und der Atmosphäre Treibhausgasemissionen, weil Pfandflaschen nicht verbrannt werden müssen, sondern recycelt und wiederbefüllt werden können.
Eine Win-Win-Win-Situation wie der Designer gerne sagt, und er fügt hinzu, dass in Deutschland jährlich dreistellige Millionenbeträge an Pfandwerten im Feuer landen. Seine Erfindung könne zumindest einen kleinen Teil davon retten. So weit, so ökologisch.
Gute Idee, schwierige Umsetzung
Manche halten das Produkt allerdings auch für zynisch. Immer wieder sieht sich der Jungunternehmer mit Vorwürfen konfrontiert, er wolle auf dem Rücken von bedürftigen Menschen Geld machen. "Mir ist vollkommen bewusst, dass der Pfandring nichts am Problem Armut ändert", erwidert er. Darum gehe es ihm auch gar nicht. Stattdessen lege er Wert auf Bewusstseinsbildung und möchte sowohl auf die Vorteile des Mehrwegsystems als auch auf soziale Unterschiede im öffentlichen Raum aufmerksam machen.
Nach Bamberg, Köln und Karlsruhe wird der Pfandring nun auch in Düsseldorf getestet. Das Feedback ist durchwachsen. Das Konzept finden zwar viele gut, manche PfandsammlerInnen beklagen jedoch, dass nicht alle Flaschengrößen in den Ring passen und sie daher nach wie vor den Müll durchsuchen müssen. Abfallbetriebe berichten, dass die Entleerung der Mistkübel schwieriger wird.
Ketz ist aber zuversichtlich. Immerhin habe nun sogar die Deutsche Bahn 30 Pfandringe bestellt und an norddeutschen Bahnhöfen installiert. Ein besonderer Erfolg, da die DB-Hausordnung das "Durchsuchen von Abfallbehältern" offiziell verbietet.
Für den Pfandring sind jedenfalls jede Menge Einsatzbereiche denkbar: Festivals, Partymeilen, Messen, im Prinzip jede Art von Großveranstaltung, bei der Getränke aus Pfandflaschen konsumiert werden. Die Finanzierung und Umsetzung scheint wie so oft eine andere Frage zu sein, denn leider reicht es nicht, eine Idee einfach nur gut zu finden.
So war der Pfandring in Österreich von Juni bis Oktober 2014 zwar im Wiener MAK ausgestellt. Auf die Straßen hat er es bisher noch nicht geschafft.