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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

28. 11. 2016 - 15:35

The daily Blumenau. Fußballwoche KW 47/16.

Es ist die Stabilität und nicht die populistische Reizsetzung. Österreichs Fußball sucht den Anker.

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

In 12 Tagen wird Austrias next Ligenformat bekannt gegeben, das die Zukunft des heimischen Profifußballs auf Vereinsebene absichern und die dörflich strukturierte Liga mittelfristig wettbewerbsfähig halten soll. Nach dem Rückfall in der 5-Jahreswertung der UEFA und dem Seuchenjahr des ÖFB-Teams ein durchaus notwendiger Stabilitätsanker.

Allen Rückschlägen zum Trotz sind es nämlich die stabilen Verhältnisse, die Qualität nach sich ziehen, und nicht das populistische Allheilmittel, die hektische Reizsetzung. Das ist im Fußball, überhaupt im Sport auch nicht anders als in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Auch wenn die Konsumindustrie anderes suggeriert (sie tut dies aus Eigennutz), auch wenn die omnipräsente Schnäppchen-Gier einen stetigen, die Suche nach dem Besseren vorantreibenden Tausch von letztlich eh allem (vom Handy bis zum Lebenspartner) fordert.

Um es auf den heimischen Fußball herunter zu brechen: erst die durch Sportchef Ruttensteiner symbolisierte Stabilität im ÖFB hat die Überführung der Nationalauswahlen ins aktuelle Jahrhundert zustande gebracht. Und erst eine stabile Phase des heimischen Bundesliga-Managements konnte die nötigen Reformen einleiten, um die Schwachstellen (Infrastruktur, tote Erste Liga etc.) wegzukriegen.

Zuvor arbeiteten die beiden kommunizierenden Gefäße gerne nach einem dualistischen Prinzip aus totaler (fatalistischer) Wurschtigkeit und hysterischer Aktions-Geilheit. Diese beiden Verhalten eint ihre Kompetenz- und Verantwortungslosigkeit, es sind also ideale Lebensbedingungen für Blender und Bauernfänger.

Entscheidend ist dann der Moment, in dem jemand mit a) Kompetenz und b) Veränderungswillen in eine definitionsmächtige Position gelangt. Ab dort gilt es dann die Basis für stabile Verhältnisse zu legen, sich auch dann jeglicher Hysterie zu verweigern, wenn die (mitmauschelnden) Medien es einfordern.

Bestes Gegenbeispiel: Red Bull Salzburg. Die letzten drei Trainer gelten in ihren aktuellen Jobs als stilprägend. Roger Schmidt spaltet in Leverkusen und die beiden Wahl-Schweizer Adi Hütter und Peter Zeidler haben ihre Vereine (der eine seit letztem Herbst YB, der andere seit diesem Herbst Sion) eindrucksvoll etabliert. In Wals-Siezenheim hingegen müht sich wieder ein Neuer ab, der nach Durchprobieren von mehreren Ideen und dem wiederholten Scheitern an alten Zielen aktuell wieder beim Schmidt'schen 4-2-2-2 gelandet ist.

In der Bundesliga sind die Vereine vorne, die es mit Kontinuität versuchen: Sturm mit Foda (der dann, wenn man ihn - wie hier die Kollegen von blackfm - g'scheit und kritisch fragt, auch über seine öde Floskel-Sprache im Mainstream hinausgeht), Altach mit dem Modell Canadi/Zellhofer (das auch weiterhin funktioniert) und den für Austria-Verhältnisse auch schon lange arbeitenden Fink. In der 2. Liga gilt für Glasner und Chabbi dasselbe.

Irgendwie hat es jetzt auch Rapid gemerkt und einen Mann installiert, der unter Garantie ein mittel-/langfristiges Konzept vorgelegt und entsprechende Kontinuität eingefordert hat, ehe er nach Wien wechselte. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Damir Canadi gar nicht so sehr mit den drei Start-Niederlagen hadert, sondern diese (ehrliche) Bestandsaufnahme bewusst wirken lässt, um systematische Verbesserungen dagegen zu setzen.

So etwas wie Glück oder Pech würde im Fußball nicht existieren, hat der kleine Donaustädter nach dem Euro-League-Spiel gegen Genk gemeint, als man ihm die verbale Rutsche legen wollte, nach einem gar nicht sooo schlechten Spiel seines verunsicherten Teams. Und er hat recht: Glück/Pech sind ebenso wenig fußballerische Kategorien wie Dummheit, die die Austria angeblich ihren letzten europäischen Sieg kostete - woran es fehlt war ja schon zuvor sichtbar. Der im Fußball direkt mit der Qualität korrespondierende Erfolg ist immer Ausfluss dessen, was Team/Betreuer/Umfeld investieren.

Das ist im Fall von Rapid jetzt endlich auf einem Level, den ein Verein, der unter die Top 50 Europas will, auch braucht. Die Installierung eines echten Coaching-Teams ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dass sie in Österreich a) immer noch Grund zum Erstaunen bietet und b) von den Experten-Seilschaften und einzelnen Medien als modischer Schnickschnack abgetan wird, zeigt nur, wie weit Österreich dann doch noch hinter der Lebensrealität Fußball 2016/17 hinterherhinkt. Und solange die Chance besteht, dass etwa Andreas Herzog hierarchisch als Sportchef eingezogen wird, ist ja auch der Pendel in die rein reizsetzende, affirmative, aktionistische Gegenrichtung möglich.

Die Rezepte des nationalen Populismus, postfaktische Heilsversprechen ohne Einlösungs-Kompetenz, die eignen sich auch bestens für fußballerische Machtübernahmen.