Erstellt am: 24. 11. 2016 - 15:26 Uhr
Leave Kanye Alone
Ich, als große Kanye West-Verehrerin, rege mich immer wieder gerne darüber auf, wenn sich andere über ihn aufregen. Zum Beispiel die "Gay Fish Sticks"-Kommentare im Bezug auf den einen South Park-Schmäh von vor sieben Jahren, die jede Commentsection zu einem Kanye West-Artikel fluten, die Seitenhiebe auf seine Frau und das stete Kleinmachen seiner musikalischen und kreativen Potenz.
APA/EPA/HANNAH MCKAY
Als Stan eines polarisierenden Künstlers bekommt man aber mit der Zeit eine dicke Haut und erarbeitet sich eine Art Skript mit dem man auf die gängigen Kritikpunkte eingehen kann, ohne das eigene Seelenheil zu kompromittieren. "Ja, er produziert seine Sachen selbst", "Nein, er glaubt nicht, dass er wortwörtlich ein Gott ist", "Ja, er versteht Spaß", "Nein, seine Gewandkollektion ist nicht ein Versuch uns die Rest'ln aus der Humanabox anzudrehen" und "Ja, er ist ein Genie!" Auf seine Aussage, dass er Donald Trump gewählt hätte (wenn er überhaupt wählen würde), ist mir noch keine detallierte Reaktion eingefallen, abgesehen von "Ich glaub, nicht, dass er das genauso gemeint hat".
Aber was in den letzten Tagen, vor allem in meinem Facebook-Feed, so los war, nachdem er in eine psychiatrische Klinik in Los Angeles eingewiesen wurde, übersteigt den Yeezy Hate, dem man gemeinhin begegnet. Ich weiß, dass ich, was Kanye angeht, besonders dogmatisch bin, und dass meine unaufgeforderten Stegreifpräsentationen über die Genialität des "Bound 2"-Videos sehr trocken und sehr spaßbefreit sind. Trotzdem sehe ich ein, dass (noch) nicht jede/r Fan von ihm ist und dies auch gerne kundtun kann.
Man darf auch unlustige Witze machen. Ich liebe unlustige Witze. 50% von dem, was meinen Mund verlässt, ist ein holpriger Wortwitz oder ein blöder Schmäh, der mein Gegenüber an meiner geistigen Kompetenz zweifeln lässt. Aber nur weil er ein großes Ego hat und mal gemein zu Taylor Swift war, ist das noch kein Grund, sich darüber zu freuen, wenn er eingewiesen wird. Die Spaßpolizistin in mir findet auch, dass es nicht besonders lustig war, als Kim Kardashian ausgeraubt wurde. Reich sein, ist kein Freibrief zum gefesselt, geknebelt und beraubt werden.
The easy thing to do is make Kanye West jokes.
— andy lassner (@andylassner) 22. November 2016
The compassionate thing to do is hope he's ok and gets the help he needs.
Die Tatsache, dass Kanye West schon seit seiner Adoleszens mit inneren Dämonen kämpft, die sich in Ängsten in gesellschaftlichen Situationen äußern, und deshalb (beispielsweise bei Awardshows) zu tief ins Hennesy-Glas schaut, thematisiert er in vielen seiner Songs.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich vor einigen Tagen der Todestag seiner Mutter jährte, er sich wohl noch immer die Schuld an ihrem Tod gibt und ihm seit ihrem Ableben der November generell nicht besonders zu liegen scheint. Dass das Showbusiness wohl nicht das einfachste Business ist, hilft wohl auch nicht.
Was ich mit all dem sagen will, ist eigentlich nur: Gebt Kanye doch mal eine Pause. Lasst ihn wieder gesund werden und dann können wir wieder weiter darüber diskutieren, ob er der Allerschlimmste oder Allergrößte ist.
You may be talented but you're not Kanye West
— KANYE WEST (@OfficiaIKanye) 17. Februar 2016