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24. 11. 2016 - 14:36

Der wasserdichte Plattenvertrag, Teil 3

Wenn sich junge MusikerInnen mit Labels und Verlagen an einen Tisch setzen, um einen Vertrag aufzusetzen, ist die Marktmacht meistens ungleich verteilt. Damit die Karriere nicht beendet ist, bevor sie überhaupt angefangen hat, gilt es einiges zu beachten.

Markus Deisenberger

Andreas Kolarik

Markus Deisenberger, mica – music austria, Journalist & Jurist

von Markus Deisenberger

In Teil 1 dieser Artikelserie ging es um die prozentuelle Aufteilung von etwaigen Profiten und die vielen verschiedenen Arten von Verwertungsrechten, die via Plattenvertrag geregelt werden können. Teil 2 behandelte Schutzfristen und Optionen. Zum Abschluss:

Punkt 5: Der Verlagsvertrag - Wo war meine Leistung?

Technisch gesehen ist es so: Ein Musikverlag ist ein gewerblich tätiger Verwerter von Werken der Musik. Er agiert als Mittler zwischen der Industrie und dem/der AutorIn, versucht seinen Klienten bei kommerziellen Nutzern (Film, Fernsehen, Werbung etc.) unterzubringen, agiert daher generell als Dienstleister, teilweise sogar als Manager eines/einer Künstlers/Künstlerin.

In der Praxis aber fängt es oft anders an: Wer sich nach Auswertungsmöglichkeiten einer Tonaufnahme fragt, wer sich fragt, wer wie viel daran verdient, wenn ein Musikstück im Radio gespielt wird, wer sich fragt, wie eine Musik zum Regisseur oder dem Soundtrack-Verantwortlichen kommt, befindet sich eigentlich schon mitten im Verlagsgeschäft. Ob es dann der/die KünstlerIn selbst ist, der/die diese Agenden in die Hand nimmt, ein Label oder eben ein Verlag – die Grenzen verschwimmen zusehends. Aber ab wann braucht man einen Musikverlag? Ab wann also ist der Abschluss eines Musikverlagsvertrages sinnvoll?

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Der Musikverlag lässt sich von AutorInnen Verlagsrechte meist weltweit zusichern. Dafür ist es sinnvoll, einen Subverlag in bestimmten Regionen der Welt zu haben. Eigentlich sind Verwertungsgesellschaften zwar ohnehin weltweit vernetzt, die Datenmengen sind aber so umfassend, dass niemals alle KünstlerInnen der Welt erreicht werden können. Der Subverlagspartner, der sich im jeweiligen Land auskennt, kann gezielter Werke vermitteln, aufbereiten und vor allem Tantiemenabrechnungen überprüfen. Vereinfachend kann man sagen: Je umtriebiger, je internationaler bzw. international vermarktbarer ein musikalisches Projekt ist, desto interessanter wird ein Verlagsvertrag, desto sinnvoller ist es, einen Verlagsvertrag mit einem international agierenden Verlag abzuschließen.

Vorsichtig sollte man sein, wenn Plattenverträge automatisch an einen Verlagsvertrag gekoppelt sind. Nicht jede Plattenfirma kann auch ein guter Verlag sein. Oft ist es der Wunsch, an den Tantiemen des/der Künstlers/Künstlerin beteiligt zu werden, der hier der Vater des Gedankens ist. Eine solche Beteiligung (im Zweifel 40% nach dem Verteilungsschlüssel der Verwertungsgesellschaften) ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Verlag auch eine Gegenleistung erbringt, d.h. wenn er sich aktiv um die Verwertung der Autorenrechte kümmert.

Der Artist muss sich überlegen, ob der Verlag tatsächlich Kontakte hat und diese auch aktiv für ihn bearbeiten wird, denn es gibt aktive, aber auch passive Verlage, d.h. solche, die sich aktiv darum kümmern, dass das Werk in alle nur erdenklichen Verwertungskanäle eingespeist wird, aber auch andere, die überwiegend nur reagieren.

Vor Abschluss sollte man sich daher unbedingt veranschaulichen:
Welche Beziehung habe ich zum Verleger? Ist sie vertrauensvoll? Traue ich ihm zu, dass er sich für mich entsprechend einsetzt, mich also im Radio, Fernsehen, in Kinofilmen, der Werbung, Computergames etc. unterbringen wird? Wird er für mich rotieren, damit ich im Radio rotiere? Wird er nichts unversucht lassen und sei es, mich für Telefonschleifen oder die Geräuschkulisse auf der Flughafentoilette zu empfehlen?

Das mag Vertrauenssache sein, darüber hinaus lässt sich aber auch recherchieren, welche Referenzen der Verlag vorzuweisen hat, welchen Ruf er in entsprechenden Kreisen genießt, bzw. was er für andere, vergleichbare KünstlerInnen schon getan, welche alternativen Verwertungskanäle er für sie erschlossen hat. Ergibt sich da ein seriöses Bild mit konstruktivem Plan oder geht es dem Verlag eher darum, am Tantiemenrückfluss beteiligt zu werden und sich somit eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen?

Auch der Verlagsvertrag sollte nicht "auf Schutzfristdauer" abgeschlossen werden, sondern auf einige Jahre befristet, um nach Fristablauf zu evaluieren, ob der Verlag mehr rein gebracht hat, als er an Tantiemen abgeschöpft hat.

__CC BY-SA 2.0(https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)__

CC BY-SA 2.0 von Eleleleven flickr.com/fabi11

Vorsicht ist in jedem Fall vor versteckten Bestimmungen in Künstler- bzw. Bandübernahmeverträgen geboten! Wurde nie über die Abtretung von Verlagsrechten gesprochen, ist ein versteckter Passus über die Abtretung solcher Rechte meist ein überdeutlicher Hinweis auf die mangelnde Seriosität des Vertragspartners.

Mitunter kann eine Abtretung von Verlagsrechten aber geboten sein, um die Veröffentlichung eines Tonträgers überhaupt zu ermöglichen. Das ist vor allem im Klein- und Kleinstlabelbereich möglich. In einem solchen Fall braucht das Label den prozentuellen Anteil am Tantiemenrückfluss, um überhaupt in die Gewinnzone zu kommen, d.h. die Produktion überhaupt finanzieren zu können. Das heißt: Ein kleines Label ermöglicht mir den Start ins Business. Um die Pressung von einer Kleinauflage Vinyl überhaupt finanzieren zu können, ist das Label auf genau diesen Tantiemenrückfluss angewiesen. D.h. die Abtretung von Verlagsrechten ist „Part of the Deal“, damit das Erscheinen des Tonträgers überhaupt finanzierbar ist.

MICA-Tipps

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In der Praxis kommt es leider auch vor, dass Bands dazu angehalten werden einen Verlagsvertrag abzuschließen, weil sonst keine Promotion in die Wege geleitet wird. Keine Promo ohne Verlagsrechte also. Als Artist sollte man solche, an Erpressung grenzenden Vereinbarungen meiden wie der Teufel das Weihwasser.

Bei Unklarheiten kann man sich an die FachreferentInnen des mica – music austria wenden. Die Beratung ist kostenlos!