Erstellt am: 23. 11. 2016 - 12:49 Uhr
Obduction: Game des Myst-Schöpfers jetzt in VR
Manchmal begebe ich mich gerne in eine große virtuelle Spielwelt, in der nicht ganz klar ist, was man dort eigentlich zu tun hat. Obduction ist solch ein Game. Es beginnt mit einer Entführung auf einen fremdartigen Planeten, in dessen bizarre Landschaft ein Örtchen mit amerikanischer Architektur aus längst vergangenen Tagen gepflanzt wurde. Fünfziger Jahre, Wildwest-Ästhetik und retrofuturistische Maschinen treffen aufeinander. Nur: Menschen sind in der seltsamen Kleinstadt nicht zu sehen, auch wenn das ein Hologramm des angeblichen Bürgermeisters der Stadt behauptet. Diese schleimige Figur versucht mir einzureden, dass der Ort, den er "Hunrath" nennt, sehr belebt und toll ist und trotz Entführung durch Aliens alles in bester Ordnung sei. Ich glaube ihm kein Wort.
Cyan
Abgesehen von den Beteuerungen des "Bürgermeisters" wird man in Obduction aber nicht angeleitet oder beraten - oder gar herumgeführt. Man muss die Welt selbständig untersuchen - und das sehr genau, denn jeder Notizzettel und jede Schmiererei an der Wand kann essentiell sein, um herauszufinden, wie Türen aufgehen, Maschinen zu starten sind und vieles mehr. Schnell geht hier gar nichts, die Suche nach einem Code oder einem Gegenstand kann manchmal Stunden dauern - und oft weiß man gar nicht, wonach man sucht. Wenn man aber einen dieser magischen Momente erlebt, in dem es auf einmal weitergeht, weil alle Teile eines Puzzles plötzlich zusammen passen, dann ist das wirklich sehr befriedigend.
Cyan
Was hat es mit dem merkwürdigen Baum in der Mitte des Orts auf sich? Er ist genauso mysteriös wie der Grund für die Entführung und die Leere der Kleinstadt inmitten außerirdischer Felsformationen. Während sich die Geschichte langsam entfaltet, wird klar, dass viele der Gebäude, die man am Anfang der Geschichte betreten hat, Hintereingänge und Geheimgänge haben, die zu bereits besuchten Orten zurückführen. Das klingt jetzt vielleicht trivial, doch die Art, wie Rand Miller den Orientierungssinn verwirrt und die Spielwelt größer erscheinen lässt, als sie tatsächlich ist, macht ihm so schnell keiner nach. Die Spielwelt ist großartig aufgebaut.
Cyan
Manchmal wünsche ich mir beim Erkunden von Obduction, dass ich nach dem stundenlangen, erfolgreichen Lösen eines komplizierten Puzzles zumindest einen kleinen Hinweis bekomme, wie es weitergeht. Stattdessen werden mit zunehmender Größe der Welt auch die Spaziergänge und Rätsel länger. Obduction hält damit natürlich, was es verspricht: Es ist ein Adventure in der Tradition von Myst, mit wunderschöner Grafik und der Möglichkeit, es in echter Virtual Reality zu spielen. Wer schon einmal ein Oculus Rift aufhatte, weiß was ich meine, wenn ich sage: Gebäude, Felsformationen und Raumschiffe wirken groß, sehr groß.
Hier ist ein Tipp, um Frustration beim Spielen zu vermeiden: Wer feststeckt, sollte das Spiel einen oder zwei Tage liegen lassen - dann kommt die Lösung vielleicht wie von selbst im Schlaf oder beim Geschirrspülen. Das war bei Point-and-Click-Adventures schon immer so - und Obduction ist ein zeitgemäßer Vetreter des Genres, langsam und komplex.