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Christoph Sepin

Pixel, Post-Punk, Psychedelia und sonstige Ableger der Popkultur

22. 11. 2016 - 13:37

Die Routinerocker auf Wienbesuch

Die Red Hot Chili Peppers stellten sich gestern, Montag, in die Wiener Stadthalle und haben ein bisschen Musik gemacht.

Sind die Red Hot Chili Peppers in ihrer über dreißigjährigen Karriere an dem Punkt angekommen, wo das einfach so eine Band ist, die man sich nur mal anschaut, weil sie in der Stadt sind? Von denen ein paar alte Hits reichen, um die doch gar nicht so billigen Ticketpreise zu ignorieren und sich gemeinsam an einem Montagabend in eine Halle zu quetschen? Zumindest gestern schien es so, als sich die Band um Anthony Kiedis in der ausverkauften Wiener Stadthalle auf die Bühne stellte und für ein Publikum spielte, das "Californication" hören wollte.

Red Hot Chili Peppers auf Bühne, rote Visuals

APA/HERBERT PFARRHOFER

Ganz so routinemäßig läuft dann aber auch doch nicht alles ab. Zumindest die Opening-Band des Abends, die kalifornischen Deerhoof zeigen Freude am Experimentieren und am musikalischen Abenteuer. Worauf das Publikum, das selbstverständlich nicht für den weiter ausholenden Sound der Band aus San Francisco da ist, passiv abwartend reagiert. Neben mir gähnt jemand und putzt sich die Nase. Schade, weil das eine schöne Entscheidung der Chili Peppers ist, die Band mit auf Tour zu nehmen.

Lauter wird's da schon, wenn endlich der Hauptact des Abends die Bühne betritt. Einer nach dem anderen treten die Chilis in ihre Licht- und Bühnenshow, die manche Beobachter an die des Eurovision Song Contests erinnert. Lautstark werden die Mitglieder der Gruppe begrüßt: Will Ferrel-Lookalike Chad Smith, Back to the Future 2-Schauspielsensation Flea und John Frusciante-Replacement Josh Klinghoffer. Die jammen mal ein bisschen gemeinsam auf der Bühne, damit Anthony Kiedis seinen eigenen Moment bekommt. Und den hat er dann auch, unter Jubeln auf die Bühne tretend, zu den ersten Akkorden von "Around the World".

Red Hot Chili Peppers

APA/HERBERT PFARRHOFER

Das gefällt den Leuten schon ganz gut, das ist ein guter Start und schließlich auch der Openingtrack von "Californication". Dem folgt aber leider schon als nächste Nummer das schlechteste Lied der Red Hot Chili Peppers, das viel zu selbstreferenzielle "Dani California". Der Sound ist wie so oft in der Stadthalle suboptimal, die Drums sind im Mix zu laut und die Gitarren sumpfen verwaschen vor sich hin.

Wenigstens die Stimme von Anthony Kiedis, die man mag oder nicht, klingt wie eh und je und trägt durch die Nummern, von neuen Tracks wie "Dark Necessities" bis zu älteren Liedern wie dem immer noch sehr guten "Zephyr Song". Richtig weit zurück geht die Band aber kaum und konzentriert sich einerseits auf Lieder vom heuer erschienenen "The Getaway" und Hits aus der Zeit von "Californication" und "By The Way".

Und dann darf auch tatsächlich der mit großen Abstand jüngste Chili Pepper seinen eigenen Moment haben: Josh Klinghoffer übernimmt für einen Song das Mikrofon und performt Solo im Spotlight. Zyniker mögen dahinter einen Move der Band vermuten, das Publikum auszubauen und vielleicht ein bisschen jünger zu machen. Wahrscheinlich ist Klinghoffer aber auch einfach so gut, dass da sogar Anthony Kiedis unbekümmert in den Hintergrund tritt. Lang dauert das aber eh nicht, es gibt ja schließlich noch ein paar Hits zu performen.

Red Hot Chili Peppers auf Bühne

APA/HERBERT PFARRHOFER

Natürlich auch "Californication", das Lied, das die Band schon mal dazu brachte, eine TV-Show zu verklagen und der Albtraum eines jeden Karaokebarbesitzers. Den Leuten taugt das ordentlich und dann wird dazu gejubelt, mitgesungen und geklatscht. Trotzdem zieht sich eine gewisse Bescheidenheit durch das Publikum, vom teuren "Front of Stage"-Bereich bis zu den hinteren Rängen.

Zu Ende geht das Set der Band dann mit einem richtigen Klassiker, "Give It Away" von "Blood Sugar Sex Magik", bevor man sich bedankt und weiter zieht. Eine allgemeine Zufriedenheit scheint über dem Publikum zu liegen, das war die Routineshow, die viele wollten und die man auch erwarten würde. Tracks wie "Under the Bridge" oder "Suck My Kiss" wurden zwar nicht gespielt, aber das ist den Leuten vermutlich auch wurscht. Vor der Halle höre ich leichte Kritik: "Schade, dass die Leute die neuen Sachen nicht so kennen und abfeiern." Aus einem Lautsprecher läuft "Otherside" im Loop, ein paar Leute bleiben daneben stehen und singen mit. Das hat manchen gefehlt heute Abend. Weil das ist nämlich auch von "Californication".