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Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

21. 11. 2016 - 17:24

Männer, die auf Handys starren

Christoph Grissemann und Rocko Schamoni smsen sich und lesen das in den nächsten Tagen in Österreich. Die beiden wollen hauptsächlich Geld und Liebe. Eigentlich nur ersteres.

Rocko Schamoni

Piper

Rocko Schamoni

"Ich würde sagen es ist ein Briefroman, der sich anlehnt an die große Tradition der Briefwechsel, der Dialoge, wie sie beispielsweise ausgetauscht wurden von Unseld, Thomas Bernhard, Stefan Zweig, Hermann Hesse, Thomas Mann und solchen Leuten", erklärt Rocko Schamoni und zieht dabei mehrfach schwer die Luft durch die Zähne.

In einer Reihe mit den großen Männern der deutschsprachigen Literatur sieht er Grissemann und sich natürlich. Weil, hey: "Wir haben uns auch viele, viele Jahre dialogisiert gegenseitig. Wir haben uns Briefe geschickt. Aber eben in SMS-Form. Und das ging sehr tief. Wir sind sehr tief in unser Leben in unsere Psyche eingedrungen."

Grissemann
21.07.2013 15:07:12

Andere Frage – was hast du gespürt, als
du mich das erste mal sahst. Bitte
um ehrliche Antwort

Schamoni
21.07.2013 16:46:18

Nichts. Totale Leere.

Grissemann
21.07.2013 17:27:57

Immer nur kränkend. Auf einen
Draufhauen, der eh schon am Boden
liegt … danke. Das wars

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Das war’s natürlich noch lange nicht. Christoph Grissemann und Rocko Schamoni beenden ihre Beziehung immer wieder mal. Aber es geht ja auch weniger um Gefühle, denn um Geld.
Abwechselnd fordern sie das voneinander. Dringend. Mehr. Und sofort. Manchmal auch Bier. Oder Kugeln. Hauptsächlich aber Geld. Schließlich soll die Beziehung rein monetär sein. Dazwischen Demütigungen, Machtspiele und Beleidigungen.

Grissemann
13.3.2013 19:08:18

Du meinst dich über Beleidigungen
Meines Einflusses entziehen zu können.
Du zerbrichst darüber dass das nicht
Geht. Hab keine Angst

Schamoni
14.03.2013 12:40:00

Ich liebe dich und verehre dich.

Grissemann
21.3.2013 17:35:20

Würdest du mich als deinen
Schutzengel bezeichnen?

Schamoni
21.03.2013 19:07:36

Wohl eher Schmutzengel, weil du so
Kaputt bist. Geh, schick mir was aus
dem Keller, du Wurm.

Grissemann

Piper

Christoph Grissemann

Grissemann verfügt über einen riesigen Gerümpelkeller, aus dem er die fantastischsten Dinge anzahrt: von Servietten über Handpuppen, Umhänge und Zauberstäbe reicht der Fundus bis zu Brotkörben, Wachskerzen und Teekesseln. Vom Dachboden ganz zu schweigen. Alles lässt sich in Geld verwandeln. Selbst Bestechungsfotos (Interesse an Grissemanns Hoden?)

Und doch gibt es dazwischen rührende tiefgreifende Dialoge, abseits von Gewalt- und Sexphantasien. (Ich finde sie nur grad nicht.)

Ah doch:

"Mit dir smsen heißt, darüber alt zu werden." Resümiert Schamoni irgendwann. Bzw. genau am 01.05.2015 11:22:11.
Das berührt.

Die Idee des Buchprojektes gab es jedenfalls schon recht früh:

Schamoni
02.06.2013 12:51:46

Ich finde, wir sind jetzt so weit,
unseren "modernen Briefwechsel"
zu veröffentlichen, es sind viele
interessante Themen drin etc. Ich biete
es jetzt mal an, ja?

Und da ist es auch nicht mehr weit zur titelgebenden Nachricht.

Schamoni
24.07.2013 15:56:10

Ich will nicht Schuld sein an deinem
Niedergang. Du quillst auf, bist rot am
Kinn, die Leute reden über dich! Es
Geht bergab. Aber nicht wegen mir!

Schuld und Niedergang live

Cover Schamoni – Grissemann 
Ich will nicht schuld sein an deinem Niedergang

Piper Verlag

Christoph Grissemann, Rocko Schamoni: Ich will nicht schuld sein an deinem Niedergang. Piper Verlag 2016

"Ein SMS-Gewitter ist kein moderner Briefwechsel, sondern eine Zumutung 2.0" schreibt Herausgeber Thomas Edlinger in einem "Geleitwort". "Ich mache es nicht, weil ich es gern mache, aber die beiden und das Honorar gern habe."

Briefwechsel oder Zumutung – die Meister der kurzen Form Schamoni und Grissemann haben aus "Ich will nicht schuld sein an deinem Niedergang" ein Exzerpt herausgeschält, das das Zeug für einen unterhaltsamen Abend hat. Schließlich haben die beiden Helden der Tastatur weder Kosten noch Mühen gescheut: "Mit Musik. Mit einigen Videos und Bildern. Also mit modernsten Effekten. Mit Bestuhlung. Mit Licht. Und sogar mit Sound."

In diesem Sinn – viel Spaß an diesen Abenden:

22.11., Rabenhof Theater, Wien
23.11., kavernen, Salzburg
24.11., Treibhaus, Innsbruck
25.11., Posthof, Linz
26.11., Dom im Berg, Graz