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Heinz Reich

Pfeffer im Arsch und wohin einen das bringt: Offroad, leftfield, backcountry - just trippin' out...

12. 12. 2016 - 05:00

Fabian Lentsch - der Snowmade

Der Freerider Fabian Lentsch hat sich einen Traum erfüllt. Gemeinsam mit einem Freund hat er in monatelanger Bastelarbeit ein altes Feuerwehrauto zum "Snowmads-Truck" umgebaut. Daraus entstanden ist ein charmant entschleunigtes Roadmovie

„Stell dir den ultimativen Roadtrip vor. Mit deinem eigenen, selbst gebauten Truck immer dem Schnee nach. Ein paar deiner besten Freunde an Bord. Durch Länder reisen, die ganz anders sind als die üblichen Skidestinationen. Auf Kulturen treffen, die so weit weg von deiner eigenen sind. Vier Monate Abenteuer.“

am truck

Jonas Blum/nine&one

Der Freerider Fabian Lentsch hat sich diesen Traum erfüllt. Gemeinsam mit einem Freund hat er in monatelanger Bastelarbeit ein altes Feuerwehrauto zum „Snowmads-Truck“ umgebaut. Dann hat er ein paar der internationalen Top Rider eingeladen, ihn zu begleiten: Markus Ascher (AUT), Neil Williman (NZL), Dane Tudor (USA), Tobi Tritscher (AUT), Leo Slemett (FRA), Tom Leitner (AUT), Sina Shamyani (IRN), Roman Rohrmoser (AUT), Jochen Mesle (GER) und Guram Vashakmadze (GEO).

Die Salzburg Premiere des Films findet am Fr. 18. November um 18:30 in der Panzerhalle statt.
Die Weltpremiere auf Red Bull TV am 12. Dezember.

familie

Jeremy Bernard/nine&one

Jänner 2016 sind sie von Innsbruck gestartet, über die Türkei und Georgien bis in den Iran. Dass die Skiaufnahmen bei diesem Staraufgebot atemberaubend geworden sind, ist bei diesem Staraufgebot logisch.

jump

Elias Holzknecht/nine&one

Das erklärte Ziel von Fabi war es aber - im Gegensatz zum genreüblichen Rumgejette über den Globus - das echte Reisen zu erleben und die Übergänge zwischen den verschiedenen Kulturen zu vermitteln. „Snowmads - A Journey Towards Eastern Suns“ ist ein charmant entschleunigtes Roadmovie geworden.

Der Film lebt von der Situationskomik der Akteure, die immer wieder mit unvorhersehbaren Herausforderungen zurecht kommen müssen. Während ein Travis Rice schnell mal ein paar Helikopter ausschickt, um Locations mit gutem Schnee zu spotten, sind Fabi und seine Jungs im türkischen Hinterland auf Landkarten und die Gespräche mit den Schneeräumungstrupps angewiesen. Und als wirklich keine Flocke mehr zu finden ist, shredden sie einfach Sandspines runter...

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Ruedi Flück/nine&one

Alaska aus Sand

Dass Fabi Lentsch ein motorisches Genie ist, war mir klar, seit ich seinen legendären Siegeslauf beim Freeride World Tour Qualifier in Obergurgl gesehen hab. Mit dem Snowmads Projekt etabliert er sich mit nur 23 Jahren als charismatischer Botschafter des Sports. Und seine entwaffnend authentische Art des Erzählens lässt die ganzen Arschgeigen, die uns sonst so als „Influencer“ auf Youtube entgegen schleichwerben als Influenza dastehen. Sogar beim Fotografieren setzt der talentierte junge Mann auf Slow Food und entwickelt eine beeindruckende Poesie der Bilder. Checkt mal diese Gallery von analogen Aufnahmen!

vor dem truck

e.holzknecht/nine&one

Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Iran hab ich Fabi gefragt, was einen „Snowmaden“ von einem handelsüblichen Freeride-Pro unterscheidet, wie das Risikomanagement beim Drehen in entlegenen Gegenden aussieht, was der Reiz der Entschleunigung ist, welche Rolle er in dem großen, wechselnden Team der Snowmads gespielt hat und wie sich Skifahren anfühlt, in Gegenden wie dem Iran, die ja politisch gesehen nicht unbedingt Sehnsuchtsorte sind. Diese Story findet ihr im Freeride Special des Wilden Wiener.

Und hier gibt es jetzt den zweiten Teil unseres Gesprächs. Wo ist der Leistungsdruck größer: Bei Contests oder beim Filmen? In Andorra im Winter 2015 hab ich Fabis äußerst erstaunlichen Ausstieg aus dem Wettkampfzirkus der Freeride World Tour (FWT) miterlebt - den er natürlich jederzeit wieder rückgängig machen könnte. Jetzt fährt er nicht mehr für eine Jury, sondern für ein internationales Publikum.

Heinz Reich: Wie bist du eigentlich zu so einem außergewöhnlichen Skifahrer geworden? Du bist doch gleich aufgewachsen wie tausende Tiroler Kinder auch. Was würdest du sagen ist dein Trumpf? Wieso hast du dich bereits als Junior so abgehoben und ein Level erreicht, das dich für die FWT qualifiziert hat?

Fabi Lentsch: Hm, ganz genau weiß ich das auch nicht. Ich war einfach mit 11 oder 12 Jahren so motiviert. Da hab ich ein paar Videos gesehen, wie Leute Lines [im freien Gelände] fahren. Mich hat’s eigentlich gar nicht so in den Park gezogen. Ich war dann im Pitztal, in einem Skigebiet das ich gut kenn, und bin 90% der Lines gefahren und von jedem Berg bin ich halt einen höheren Felsen gehupft. Als ob ich schon gewusst hätte, dass ich einmal Profi werden könnte, aber nur so im Unterbewusstsein. Jeden schulfreien Tag - und in den Ferien sowieso - war ich im Gelände unterwegs. Mit 14 hab ich mir gedacht, dass ich recht gut fahr, verglichen zu anderen, und hab mich mit 15 zu den ersten Wettkämpfen angemeldet. Die haben alle gleich gesagt, mit 15 geht das nicht! Du musst 16 sein, und so hat mein Vater immer angerufen und hat sogar mit müssen. Dann bin ich zwei Contests mitgefahren und hab beide gleich gewonnen, als jüngster Bewerber. Und seitdem ist es bergauf gegangen. Ich hab die ersten Sponsoren gekriegt, hab mehr skifahren können. Sicher braucht‘s Talent, aber einfach auch die Zielstrebigkeit, dass man am Sport dran bleibt und voll dahinter ist. Ich glaub das war mein Erfolgsrezept.

Einige FWT Rider sind ja auch bei deinem Snowmads Projekt dabei – sind die froh, dass du jetzt mal für einige Zeit nicht bei Contests mitfährst und somit ihre Gewinnchancen nicht schmälerst? Wie finden die deine Karriereentscheidung?

Die sehen eigentlich auch, dass ich genau das mache, was ich im Moment machen will und mir von niemandem etwas sagen lasse, dass ich halt einfach für mich die Entscheidung getroffen habe. Sie respektieren das. Aber so richtiges Konkurrenzdenken oder gar Erleichterung hab ich nicht empfunden. Das ist überhaupt in unserem Sport nicht so stark, weil es ja ganz selten vorkommt, dass eine Person immer am Podium steht. Das passiert ab und zu, aber es gibt halt so viele Risiken, dass man eben mal stürzt – ganz anders als beim Skirennlauf. Insofern glaub ich nicht, dass meine Freunde denken es sei gut, dass ich weg bin.

Da hast du total recht, mir ist auch aufgefallen, dass sich die Jahressieger bei der FWT ständig abwechseln. Loic Collomb-Patton war‘s zwar schon zweimal, aber ansonsten ist wirklich immer wer anderer am Podium.

Ja, und das ist eigentlich das Coole an unserem Sport: Es gibt so viele Entscheidungen - ob man viel oder wenig riskiert. Manchmal geht man großes Risiko ein und es funktioniert. Aber oft stürzt man auch. So war es bei mir: Ich hab meistens alles auf eine Karte gesetzt, und dann war ich entweder am Podium oder ich war irgendwo, also 15., 20., ... Wenn man nur versucht konstant zu fahren ohne zu stürzen, dann schafft man es halt auch selten aufs Podium.

Du fährst jetzt seit 2015 keinen Contest mehr, hast das aber auch gar nicht nötig, weil du in der Szene auch so als einer der talentiertesten Rider respektiert wirst. Der Leistungsdruck sitzt dir aber beim Filmen sicher auch ständig im Genick, oder? Du musst dich zwar nicht in einem Contestformat mit deinen Buddies messen, aber du stehst ja mit deinem Filmoutput in Konkurrenz mit den jeweils besten Streifen aus der Szene – macht dir das keinen Stress?

Nein, eigentlich gar nicht. Es kommt auch immer auf die Tagesverfassung an. Klar, wenn der Filmer auf einem anderen Hang steht, und alle Kameras auf dich gerichtet sind, die Drohne raufkommt, dann will man schon was leisten. Aber wenn man jetzt zum Beispiel einen Tag hat, wo man sich nicht so gut fühlt, dann muss man auch nicht das höchste Cliff springen. Da reiß ich mich eigentlich schon zusammen. Wenn ich ein gutes Gefühl hab, dann fahr ich auch beim Filmen mal einen richtig risikoreichen Run. Aber man hat halt weniger Druck.

landschaft

Jonas Blum/nine&one

Nimmst du wahr, was Kollegen wie Jeremie Heitz und Sam Anthamatten so an Filmen (z.B. La Liste) machen? Siehst du das als Ansporn oder als Konkurrenz?

Ja, ich verfolg das auf jeden Fall! Saucool, was die machen! Aber nein, als Konkurrenz sehe ich das nicht! Die machen halt auch genau das was ihnen taugt, haben sich für diese Art von Film entschieden und gehen einfach ihrer Leidenschaft nach. Ich glaub keiner von uns denkt da: „Ah, die anderen haben 20 Festivals mehr gehabt“ oder „in dem einen Saal waren 1000 Leute, bei uns nur 400“. Also ich will schon was leisten, aber als Fahrer ist das auch nicht gut, wenn man sich ständig Sorgen und Gedanken macht.

War in den vier Monaten deiner Snowmads Tour immer das gleiche Team von Ridern mit dir unterwegs? Oder haben die sich unterwegs abgewechselt?

Alle drei Wochen hat sich das Team ausgetauscht. Es sind neue Athleten mit einem Fotografen und einem zweiten Filmer gekommen und die anderen sind heimgeflogen. Ich hab den Trip komplett mitgemacht. Ich war nie in einem Flugzeug. Aber die Rider, die hergeflogen sind, haben erst unterwegs den Roadtrip Lifestyle gelebt. Das war – im Nachhinein betrachtet – ein knappes Zeitfenster. Die kommen an, dann passiert mal eine Woche nicht viel, weil’s vielleicht grad keinen Schnee gibt. Und wenn womöglich die zweite Woche auch nicht so ideal ist, werden halt alle langsam nervös, weil sie noch nicht viel skifahren waren. Dann bin halt wieder ich der, der jetzt den Schnee finden sollte.

Wir haben in den letzten Jahren einige Freeride Pros verloren – keiner von ihnen ist bei Contests, sondern alle sind beim Filmen bzw. auf Expeditionen gestorben.

Genau. Ich glaub der letzte in einem Contest, das war in Amerika vor vier oder fünf Jahren. Da passiert auf jeden Fall wenig, weil der komplette Hang gesprengt wird, wenn sie ein ungutes Gefühl haben und sehr viele Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Natürlich passiert eher mehr, wenn man selbst wo rausgeht und keinen Lawinenbericht hat und nicht den besten Wetterbericht. Es ist ein gefährlicher Sport. Man lernt viel daraus, wenn etwas passiert, wenn die Lawine abgeht und du kommst grad noch raus. Dann denkst du dir, das nächste Mal sollte ich nicht reinfahren und hast wirklich was dazugelernt. Wenn es halt blöd läuft, bist du schon weg und kannst nichts lernen.

Eine Frage noch zum Körperaufbau. Professionelle Freerider wie Eva Walkner oder Stefan Häusl posten regelmäßig Filme von ihrem Konditionsaufbautraining. Sie arbeiten das ganze Jahr hart an ihrer Form. Wie hältst du dich fit, wenn du auf Tour bist?

Wir waren ganz viel mit Fellen unterwegs. Ich hab schon neben dem Truck bauen ein bissl was trainiert, aber unterwegs…? Also während der Saison gehen Stefan oder Eva auch nicht mehr viel ins Fitnessstudio. Man trainiert bis Dezember, dann hat man schon eine gewisse Grundkondition. Und wenn man fast jeden Tag am Berg ist, dann hält man die auch. Also ich halt mich von Fitnessstudios ein bissl fern. Ich geh manchmal im Oktober ein paar Wochen [zum Aufbautraining]. Sonst bin ich einfach jeden Tag am Berg. Wenn das Wetter passt, dann pack ich meinen Paragleiter in den Rucksack, lauf irgendwo rauf und mach ab und zu so Froschsprünge im Wald, und Stabilisationstraining daheim. Ich hab eher so die Philosophie, dass man eben viel draußen sein muss, viel Sport machen - verschiedene Sportarten - mal Biken, mal Berg gehen, dann ist man eigentlich top in Form.

Wer bis hierher gelesen hat, hat sich jetzt aber echt Freikarten für die große Salzburg - Premiere verdient! Einfach ein mail an heinz.reich[at]orf.at schicken! Fr. 18.11.2016 um 18:30 in der Panzerhalle: Snowmads - A Journey Towards Eastern Suns, präsentiert von Fabi Lentsch persönlich.