Erstellt am: 9. 11. 2016 - 13:08 Uhr
Die letzten Republikaner
So hat San Francisco gewählt:
Hillary Clinton: 84.34%
Donald Trump: 9.76%
Jill Stein: 2.26%
Gary Johnson: 2.09%
Gestern Nachmittag haben meine Kollegen noch geschmunzelt, als wir auf den Flyer geschaut haben: Die Republikanische Partei in San Francisco schmeißt eine Party. Titel: "Election Night (Victory) Party!". Das "Victory" wurde vorsichtig in Klammern gesetzt. In San Francisco gelten die Republikaner mit rund 8% der Stimmen als Exoten. Ja mehr noch: Anfang Oktober wurden zwei Männer aus der hippen Dive Bar "Zeitgeist" geworfen, weil sie Trump-Shirts getragen haben. Man findet online auch einige Artikel darüber, wie es sich als Republikaner im traditionell demokratisch wählenden Kalifonien lebt. Ich habe mir das vor Ort ansehen wollen: Wie ticken die Republikaner in diesem Bundesstaat, in dem mehrheitlich Migranten leben und rund drei Millionen Einwanderer undokumentiert sind? Wieso wählen Menschen hier in Kalifornien Donald Trump?
US-Wahlen 2016
Ergebnisse, Analysen und Reaktionen zu den US-Wahlen 2016 auf fm4.orf.at/usa2016
Die Partynacht der Republikaner findet im Twitter Headquarter, mitten in Downtown San Francisco statt. Eine Großleinwand, dazu wird ein Buffet und Drinks angeboten. Es gibt chinesisches Essen. Um 25 US-Dollar konnte man im Vorverkauf sogar Tickets für die Party kaufen.
Alexandra Augustin/ ORF
Alexandra Augustin/ ORF
Im Twitter Hauptquartier in San Francisco, mitten auf der Market Street befindet sich der 30.000 Quadratmeter große Co-Working Space "Runway", den sonst hippe, junge Start-Ups für sich nutzen. In der Mitte steht eine schicke Espressobar, motivierende Sprüche sind mit Tafelkreide an die Wände gemalt. Während in dem zur Vermietung freistehenden Raum die Wahlparty stattfindet und lautstark gejubelt wird, sitzen nebenan im Großraumbüro noch ein paar junge Menschen an ihren Tischen und hauen in die Tasten. Die meisten sind nicht einmal dreißig Jahre alt. Einer davon ist Patrick aus Kärnten, der ebenfalls hier arbeitet. Er kann nicht so recht einordnen, was da im Nebenraum im Moment passiert.
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Republikaner sind hier im Golden State, der an Mexiko grenzt, im Allgemeinen eigentlich nicht besonders vertreten: Von den 17 Millionen registrierten Wählern gehen ein Drittel der Stimmen an die Republikaner. Die Lage der Partei in San Francisco sei prekär, meinen viele.
Alexandra Augustin/ ORF
Einer von ihnen ist Howard Epstein. Der ehemalige Chairman der Republikaner in San Francisco ist sein Leben lang schon Republikaner. Der Aktivist setzt sich seit Jahrzehnten für die Partei hier ein. Mit einem Lächeln auf den Lippen erzählt er davon, wie anstrengend die letzten Wochen gewesen seien und über seine Faszination für die Person Donald Trump: Er sei ein Businessman, der Amerika auf den richtigen Weg zurück führen werde.
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Seit 1988 ist in Kalifornien kein Republikaner mehr in ein Amt gewählt worden. Mit einer Ausnahme: Arnold Schwarzenegger: Von 2003 bis 2011 war er der 38. Gouverneur Kaliforniens. Für republikanische Verhältnisse ein äußert milder Politiker: Schwarzenegger führte - nach anfänglichem Protest - in seiner Amtszeit etwa Ehezeremonien homosexueller Paare durch. Seit Jahren bemüht sich die Partei hier um die Gunst potenzieller Wähler, ganz besonders auch um Frauen und Einwanderer. Donald Trump, so meint man hier, hat diese Bemühungen jedoch sabotiert.
Seit 1994 sinkt der Anteil der Latinos, die für die Republikaner stimmen, in Kalifornien deutlich: Damals hat der frühere Gouverneur Kaliforniens Pete Wilson eine große Anti-Einwanderungs-Kampagne mit dem Titel "Save Our State" initiiert: Illegalen Einwanderern wollte er damals unter anderem den Zugang zu medizinischer Versorgung versagen. Dieses Gesetzesvorhaben konnte sich letzten Endes nicht durchsetzen aber damals hat die Partei viele Wählerstimmen unterschiedlichster Herkunft vergrault. Trotzdem könnten die Fans der Partei, die sich am Dienstag hier eingefunden haben, unterschiedlicher nicht sein: Menschen jeglicher Herkunft sind vertreten.
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Als Obama 2008 die US-Elections gewonnen hat, haben Menschen auf der Straße getanzt, die Freude der Menschen glich teilweise einem kleinen Festival. Hier in San Francisco wird nach dem Verkünden des Resultats nicht gefeiert, im Gegenteil: Vor dem Twitter Headquarter haben sich rund 50 Demonstranten eingefunden, die Polizei ist ebenso da. Der Protest verläuft friedlich, die jungen Menschen zünden Kerzen an und bestärken sich gegenseitig: "I believe that we will win", schreien sie gemeinsam. Gänsehaut vor der Türe.
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Alexandra Augustin/ ORF
Im Co-Working Space "Runway" im Twitter Hauptgebäude wird einstweilen der Floor geräumt: Die Party ist vorbei. Die Partei hat den Raum eigentlich nur bis 21.30 angemietet, für diese Uhrzeit war das Ende der Party geplant. Der Sieg kam so überraschend, dass seit Stunden die Getränke aus sind und das Buffet geplündert ist. Rund 20 Anhänger und Fans der Partei ziehen ins Pub um die Ecke weiter. Ein neuer Morgen bricht gleich an. Day 1, der erste Tag, an dem Donald Trump der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein wird. Bleiben noch 1.460 Tage.
Alexandra Augustin/ ORF