Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Wer wird Präsident?"

Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

9. 11. 2016 - 13:00

Wer wird Präsident?

Nicht nur in den USA wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, auch in Bulgarien. Dort ist allerdings noch nichts entschieden.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov und sein satirischer Blick auf das Zeitgeschehen - jeden Mittwoch in FM4 Connected und als Podcast.

"Die Leiden des jungen Todor" - Das Buch mit den gesammelten Kolumnen gibt es im FM4 Shop.

Heute interessiert sich die ganze Welt, wer der neue Präsident der USA ist. Währenddessen weiß man immer noch nicht, wer der neue Präsident von Bulgarien sein wird. Die erste Runde der bulgarischen Präsidentschaftswahlen war letzten Sonntag. Obwohl in Bulgarien, wie in Österreich, der Präsident eine eher repräsentative Funktion hat, war die Wahlbeteiligung relativ hoch. Das Parlament hat nämlich das Wahlgesetz verändert und das Wählen in Bulgarien zur Pflicht gemacht. Es wurde lange diskutiert, wie man Menschen bestrafen soll, die nicht wählen gehen. Sollen sie eine Strafe zahlen, soll ihre Sozialhilfe gestrichen werden, oder sollen sie nie wieder wählen dürfen?

Alte Frau wirft Wahlzettel in Urne

APA/AFP/NIKOLAY DOYCHINOV

Da alle diese Maßnahmen als undemokratisch eingestuft wurden, wurde am Ende entschieden, dass man nach zwei Mal nicht wählen aus den Wählerlisten gelöscht werden soll. Das heißt, wenn man heuer und 2021 nicht zur Präsidentschaftswahl geht, darf man 2026 gar nicht mehr wählen. Die Leute stürmten die Wahlurnen.

Man sagt, dass viele ältere Leute zum Wählen gezwungen wurden, indem man ihnen erzählt habe, dass sie, wenn sie nicht wählen, keine Pension mehr bekommen werden. Diese hohe Wahlbeteiligung brachte die Niederlage von Tsetska Tsacheva, der Kandidatin der regierenden Rechtspopulisten. Nach einer Woche kommt sie in die Stichwahl mit dem Kandidaten der ehemaligen Kommunisten, der Sozialistischen Partei, einem bis gestern unbekannten General aus der Reserve namens Rumen Radev.

Boyko Borisov und  Tsetska Tsacheva

APA/AFP/NIKOLAY DOYCHINOV

Boiko Borissov und Tsetska Tsacheva auf einer Pressekonferenz nach dem ersten Durchgang der bulgarischen Präsidentschaftswahlen

Zum ersten Mal seit ihrer Gründung hat die regierende Partei von Ministerpräsident Boiko Borissov eine Wahl verloren. Zum ersten Mal seit 1990 gewinnen die ehemaligen Kommunisten in der Hauptstadt Sofia. Politologen, Soziologen und Sozialanthropologen suchen nach den Gründen für dieses Ergebnis.

Einer davon könnte sein, dass die Partei von Borissov die Wahlen unterschätzt und sie als ohnehin gewonnen angesehen hat. Oder das Fehlen einer klaren Positionierung der Kandidatin der Regierung. Oder das Fehlen von persönlichem Charisma der Regierungskandidatin. Nach Meinung von vielen aber bestraften die Wähler den Regierungschef Borissov für seine Selbstverliebtheit und seinen autoritären Führungsstil.

Ich muss gestehen, dass mir die Kandidatin der Regierung fast leid getan hat. In der Nacht ihrer Niederlage sah sie so menschlich aus. Aber vielleicht gewinnt sie die Stichwahl, dann tut sie mir nicht mehr leid.