Erstellt am: 4. 11. 2016 - 14:19 Uhr
Play16 - Creative Gaming Festival
http://hamburg.playfestival.de
Das Play16 wird veranstaltet von der Initiative Creative Gaming - einem Kollektiv von MedienpädagogInnen und MedienkünstlerInnen, deren Ziel es ist, Videospiele kreativ einzusetzen und zu nutzen. Wenn man beispielsweise Minecraft nutzt, um kleine Filme damit zu bauen, oder mit anderen Online-Spielern im MMO, anstatt die nächste Quest zu absolvieren, am Hauptplatz der Stadt einen Synchrontanz einstudiert. Creative Gaming kann aber auch bedeuten, zu einem Computerspiel ein Theaterstück zu inszenieren, also intermedial zu arbeiten.
In jedem Fall geht es um das Experimentieren mit dem Medium, wodurch man es sich zu eigen macht.
Diskurs und Theorie spielen eine wichtige Rolle bei diesem Festival, was sich in diversen Diskussionspanels und einer Conference niederschlägt - zu Themen wie "The Players' Bodies: Wo hört der menschliche Körper auf, wo fängt das digitale Spiel an?" oder "Wie werden psychische und physische Krankheiten in Games dargestellt?". Aber mindestens so viel Gewicht liegt auf der Praxis. Es gibt Workshops in den Levels 1-3, also für EinsteigerInnen bis zu ExpertInnen, die sich mit der Gestaltung von Games, aber auch mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung damit beschäftigen. Und dann gibt es die Ausstellungen, in denen kreative Computerspiele vorgestellt werden, die den üblichen Pfad in irgendeiner Weise verlassen haben - sei es im Storytelling, in der Form des Interface, oder auch in allen Aspekten. Die Games werden aber nicht nur hergezeigt, sondern sind natürlich auch für alle spielbar.
Daniel Kupka
Colorena zum Beispiel ist ein Sidescroller von Miriam Komorek, Adam Michniewicz, Sven Dettmers und Bent Nürnberg, in dem zwei Spieler gemeinsam ans Ziel kommen müssen. Allerdings haben beide Spieler Helme mit Farbfolien auf, wodurch sie unterschiedliche Dinge auf dem Screen sehen oder nicht sehen. Nur durch Kommunikation und Teamwork kann das Spiel erfolgreich absolviert werden.
hamburg.playfestival.de
Mehr Games auf FM4
Ein anderes Game zum Zusammenspielen ist Manege von Dominik Krebs. Das Spiel ist die Abschlussarbeit des Wieners, der an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg studiert hat. Seine Idee ist, dass ein Spieltisch an öffentlichen Orten stehen kann - so wie Tischfußball - und an dem Tisch kann man sich mit dem eigenen Smartphone via Bluetooth einloggen und mit einem eigenen Avatar auf dem Tischscreen mit anderen spielen. Die Games stellen dabei einfache, niederschwellige Aufgaben wie "sammel alle roten Quadrate" und man steuert seinen eigenen Character, indem man das Smartphone dreht und bewegt.
Daniel Kupka
Daniel Kupka
Mit einem Tracking Ball steuert man das Spiel Alexander Doggus von Samson Klitsner. Alexander Doggus ist ein alter Hund, der einmal ein großer Star war, der größte Showhund weit und breit. Jetzt sind seine besten Tage vorbei, er ist ausgelaugt von seinem exzessiven Lebensstil und alles wofür er sich noch interessiert, ist sein Tennisball. Indem wir einen echten Ball rollen, rollen wir einen Ball im Spiel und können somit den alten Hundestar durch die Gegend manövrieren. Es gibt dabei aber kein konkretes Ziel oder Hindernisse zu überwinden, sondern wir gehen einfach spazieren, vorbei an alten Statuen, die zu Ehren Alexander Doggus' errichtet wurden. Samson Klitsner reflektiert in diesem Dog-Walking-Simulator mit der interessanten Steuerung über Starkult und vergangenes Heldentum.
Samson Klitsner
Virtual Reality auf der Play 16
Natürlich spielt die Virtual Reality auch eine wichtige Rolle beim Play16. Zum Beispiel kann man beim Streitwagen Simulator von Ulrike Meyer, Daniel Kaufmann und David Lieb einen - wie der Name schon erahnen lässt - Streitwagen lenken. In diese Illusion taucht man allerdings nicht nur mit Oculus Rift und Kopfhörern ein, sondern hat auch einen Riemen in der Hand, mit dem man die Pferde antreiben und lenken kann. Und man steht auf einem Podest, das einen, übereinstimmend mit dem Spiel, durchrüttelt, als würde man tatsächlich auf einem Streitwagen stehen. Damit wird die Virtual Reality nochmal um einiges intensiver. Vor allem wenn man in Racing Games prinzipiell nach der ersten Kurve im Graben liegt - so wie ich - und man somit im Spiel einen Abhang hinunterkugelt, mitsamt Streitwagen und Pferden, und man das dann nicht nur sieht, sondern auch unter einem der Boden wackelt wie wahnsinnig - das ist dann schon ein Level an Immersion, das einem die Schweißperlen auf die Stirn treibt.
Hier bin ich, wie ich mich panisch und wenig grazil an meinem Streitwagen festklammere, während meine Pferde und ich abstürzen:
Daniel Kupka
In den Ausstellungen sind alle Spielarten vertreten, vom Textadventure bis zur Virtual Reality, die Entwickler sind teils StudentInnen und teils bereits bekannte Entwickler, wie Giant Squid mit ihrem Journey-Nachfolger Abzû, den Kollege Rainer Sigl auf dieser Seite schon vor einiger Zeit besprochen hat.
Barrierefreies Spielen
Dem VR-Boom folgend ist der Schwerpunkt heuer beim Play16 Festival "Let's get physical - Game and Body", wobei es allerdings nicht nur um Themen wie Darstellung von Körpern im Game und Steuerung mit dem eigenen Körper geht, sondern auch um Barrierefreiheit in Spielen. Daher sind beim gesamten Festival Leute von Jam! - Junge Aktion Mensch - unterwegs und gehen in Interviews und Selbstversuchen der Frage auf den Grund, wie barrierefrei Games sind, um die Ergebnisse am Ende des Festivals zu präsentieren und mit Entwicklern zu diskutieren, wie ihre Spiele für Menschen mit Beeinträchtigungen unterschiedlicher Art zugänglich gemacht werden könnten.
Für Neulinge und Pros
Das Festival Play16 richtet sich an ein breites Publikum, von denen, die nicht viel mit Computerspielen am Hut haben bis zu Experten. Wie weit ein Spiel vom Gewöhnlichen abweicht, erkennt man natürlich dann am ehesten, wenn man mit dem Gewöhnlichen vertraut ist. Aber das bedeutet nicht, dass Gaming-Neulinge dadurch weniger ins Staunen versetzt werden.
Das Play16 Creative Gaming Festival behandelt Games niederschwellig und nimmt sie gleichzeitig ernst, es spannt den Bogen von Diskurs bis Hands On und ist dabei überraschend intim. Trotz der vielen Spielorte und des umfangreichen Programms herrscht kein Geschubse und keine Massenabfertigung, kein Anstehen und Gedränge, sondern man kann alles in netter Runde begutachten, anschauen und dabei auch mit den anwesenden EntwicklerInnen plaudern. Ein schönes Ding und ein guter Grund in die Hansestadt zu reisen.