Erstellt am: 5. 11. 2016 - 10:00 Uhr
Schöne Sätze
Paul Verhoeven, Regisseur, über seine Filmfiguren
Mir geht es immer um diesen Widerspruch: Die Guten sind nicht vollkommen gut, die Bösen nie ganz so böse. Menschen sind nicht eindeutig das eine oder das andere.
(Der Standard)
Andrew Dominik, Regisseur, über seinen Freund Nick Cave
Er ist ein sehr widersprüchlicher Mensch. Er kann in der Früh einen Punkt argumentieren und am Nachmittag das genaue Gegenteil, und er kann das eine so gut verteidigen wie das andere. Er ist da sehr flexibel. Es gibt sehr viele unterschiedliche Wahrheiten in der Welt, es gibt nicht nur einen Weg, etwas zu betrachten.
(Skip)
Derek Cianfrance, Regisseur, über sein Menschenbild
There’s this thing in Hollywood about the sympathetic character and likability. I’ve never understood that because the people I love most in my life are not likable all the time. My wife is not always likable. I’m certainly not always likable. My dad is not always likable. We’re human beings.
(Indiewire)
Paul Verhoeven, Regisseur, über Moral
Wenn man Menschen studiert, entdeckt man, dass viel über Moral gesprochen wird, diese dann aber oft nicht sehr ausgeprägt ist. Ich war schon immer verblüfft über den Unterschied zwischen dem, was Menschen sagen, und dem, was sie tun. Menschen sind oft sehr amoralisch, wir agieren wie Tiere, die überleben wollen, die nach Überlegenheit, nach Macht gieren. Mein Interesse, diese Seiten zu behandeln, kommt wohl daher, dass ich wünschte, die Menschen wären anders. Ich bin nicht schockiert darüber, wozu Menschen in der Lage sind, aber es fasziniert mich. Wie dubios, wie ignorant, wie uneindeutig sie sein können.
Wikimedia Commons
Melissa Broder, Autorin, über ihre Ängste
Sicher, ich fühle auch den Terror, nicht zu wissen, warum wir existieren. Den Schrecken des Todes. Den Unsinn unseres Lebens. Aber wenn es mir gut geht, mache ich mich über die Absurdität unserer Existenz lustig, spiele damit herum, tausche mich mit anderen darüber aus, bin witzig und klug. Wenn ich aber in eine Angstspirale gerate, was leider öfter vorkommt, interessieren mich die Gründe für meinen Zustand nicht mehr, ich will nur noch, dass es zu Ende geht. Es ist die pure Verzweiflung.
(Interview)
Paul Verhoeven, Regisseur, über berechenbare Filmenden
Es ist doch fade, wenn man alles voraussehen kann. Selbst in "The Revenant" ist das der Fall. Klar geht es auch um den Kampf mit der Natur, aber in der letzten halben Stunde weiß man, was passieren wird. Ich muss immer etwas finden, das mich anzieht, sonst bin ich schnell gelangweilt. Deswegen habe ich auch nie ein Sequel gemacht. Bei (meinem neuen Film) "Elle" gibt es keine Regeln. Ich fand sie erst heraus, als ich den Film machte. Als Künstler ist es besser, ein Unwissender zu sein. Man lässt die Dinge laufen, nutzt Elemente, die im Verborgenen liegen.
(Der Standard)
Nicolette Krebitz, Regisseurin, über unberechenbare Lebenssituationen
Am meisten interessiert mich das, worauf man den Finger nicht halten kann. All das, was in der Kunst passieren kann – und in der Liebe. Oder in der Lust und im Verbrechen. Das ist ein Moment der Anarchie, der nicht zu halten ist. Ich kann versuchen, diesen Moment psychologisch oder philosophisch zu erklären, aber eigentlich interessiert mich das Erleben dieses Moments.
(Der Standard)
John Carpenter, Regisseur, über hoffnungslose Filmenden
Es gibt einen schrecklichen Zwang, unbedingt kommerziell zu sein. Manchmal geht das eben nicht, und ich finde, wenn die Geschichte danach ist, dann sollte es auch möglich sein, ein leeres oder hoffnungsloses Ende zu drehen, wie zum Beispie in "The Thing". Das Ende ist kein Happy End, also mochte das Publikum den Film nicht. Unsicherheit ist etwas, das amnerikanische Zuschauer nicht vertragen können. Dabei ist Unsicherheit eines der fundamentalen Elemente der Natur, das ist etwas, womit wir uns nicht abfinden wollen.
(RAY)
Barracuda Music
Melissa Broder, Autorin, darüber, wie sie ihre Ängste kontrolliert
Ich schaffe heute Ordnung in meiner Welt mit ritualisierten Essgewohnheiten, Kalorien zählen und solchen Dingen. Diese Rituale haben keinen Sinn, sind nicht rational, aber sie spenden mir Trost, geben mir Sicherheit. Mein Geist darf entspannen. Ich glaube, dass wir Menschen nicht dafür gemacht sind, ständig über unsere Sterblichkeit nachzudenken, über das Mysterium des Lebens, seinen Sinn.
(Interview)
Isabelle Huppert, Schauspielerin, über ihre Figur im Film "Elle"
It’s about a very contemporary woman, not a victim, but someone who bears up – only you don’t see her bearing up. Things just happen to her and she lives through them, without complaining. You can’t say she’s a victim, or a heroine, or a woman of power – although she is a woman of power. All those categories distract us from reality, in a way.
(The Guardian)
Alexandra Marzella, Künstlerin, über ihre Schamhaare
Es bedarf einer Art Neuprogrammierung. Ich lasse meine Haare wachsen, nicht, weil ich es cool finde. Es geht darum, das Anderssein anzunehmen.
(Interview)
Isabelle Huppert, Schauspielerin, über besonders komplexe Rollen
You know, the passage between a normal person to either an insane or a criminal one – it’s so difficult to conceive, and yet…That’s what this is about – how to understand people’s complexities, people’s ambiguities. How you can be bad and good, gentle and aggressive, sad and happy. It’s not that I get drawn to complex roles, it’s just that most of the time situations are complex in life.
(Telegraph)
Viennale
Alexandra Marzella, Künstlerin, über das Erwachen ihrer Sexualität
Mein Sexualtrieb war sehr früh ausgeprägt. Ich habe in der Tat als Säugling angefangen, mich selbst zu befriedigen. Wenn nicht sogar schon in der Gebärmutter. Ja, das gibt es. Föten können bereits in der Gebärmutter masturbieren. Soweit sich meine Mutter erinnern kann, habe ich mich wohl schon immer angefasst.
(Interview Magazin)
Melissa Broder, Autorin, über ihre Fantasien
Ich würde mich mit Essen vollstopfen, mich völlig gehenlassen, fett werden und lesbischen Sex mit einer anderen fetten Frau haben. Aber das ist nur eine Fantasie, in der ich die größte meiner Ängste überwinde. Sollte sie tatsächlich Realität werden, wüsste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte.
(Interview Magazin)
Alexandra Marzella, Künstlerin, über Masturbation als Befreiung
Ich saß natürlich nicht da und habe mich als Kind selbst gefickt. Vielmehr habe ich mich gerieben, um mich zu stimulieren. Das habe ich nicht als sexuellen Akt empfunden. Ich saß eben kurz auf meiner Hand, danach habe ich zum Beispiel aus Spielsachen ein gewaltiges Haus gebaut. Es ging mehr um eine kreative Stimulation als um den Gedanken, Sex zu haben.
(Interview)
Lady Gaga, Sängerin, über ihre Vorliebe für die dunkle Seite
Das ist etwas, was mich sehr fasziniert, schon seit Beginn meiner Karriere. Ich möchte das Licht im Dunkeln finden, Dinge schön finden, die eigentlich ziemlich verdorben und seltsam sind.
(Musikexpress)
AMPAS
Jenny Hval, Musikerin, über das Trashkino des Regisseurs Jess Franco
Ich fühlte mich dieser Art des Filmemachens sofort verbunden: Sie sind Low-Fi und Low-Budget und auf eine besondere Art visionär. Franco war es egal, ob Schauplätze oder Kunstblut realistisch aussahen. Er konzentrierte sich auf seine Lieblingsthemen: Vaginas zum Beispiel oder Architektur. Ich liebe es, wenn die Vision wichtiger ist als das Handwerk.
(Musikexpress)
Justus Köhncke, Musiker, über deutschen Schlager
Ich bin nicht fasziniert vom Schlager als Trash, mir geht es um Songs, mir geht es um Soul. Ich finde das Wort „Schlager“ schlimm. Das sind Songs, die ich liebe und toll finde- Zum Beispiel „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ von DJ Ötzi. Aber das Arrangement ist die Hölle! Da bin ich auf die Idee gekommen, das ganz anders zu machen: als elektonische Country-Music. Ich wollte es besinnlicher haben und das Lied mehr beleuchten und nicht den Ballermann.
(Musikexpress)
Jon Savage, Autor, über die Komplexität des frühen Punk
Punk war sehr kompliziert. Er kam nihilistisch und zynisch rüber, war auf der anderen Seite aber auch sehr energetisch und hoffnungsvoll. Viele Leute, die darin involviert waren, gaben sich als Zyniker, waren aber tatsächlich sehr ehrlich. Auf gewisse Weise waren sie das Spiegelbild der Hippies. Die Hippies präsentierten sich gern als utopisch, wohlwollend und voll der Liebe und Friedfertigkeit, aber in Wahrheit waren viele von ihnen fies und zynisch. Die Punks dagegen gaben sich zynisch und fies, waren aber eigentlich Idealisten.
(Rolling Stone)
Justus Köhncke, Musiker, über aktuelle deutsche Popmusik
Schauder! Weil ich nichts anderes zu tun hatte, habe ich mir die letzte „Echo“-Verleihung angeguckt. Da fällt einem vor lauter Grusel überhaupt nichts mehr ein.
(Musikexpress)
Christian Kadluba
Fat White Family, Musiker, über die britische Musikszene
There just aren't any good bands. And we're not even a particularly good band. It's just that everybody else is so incredibly tame. It's a shite state of affairs, isn't it? You'd have to be an idiot to get yourself into this position; there's absolutely no security, no money.
(Foxes)
Ice Cube, Musiker, über die amerikanische Faszination für Waffen
America is 300 million people and half of them are crazy! They think people will come in their house and you're not going a way to protect yourself. So they think the gun is the great equalizer. I don't know how you get that out of their minds. It is fear and culture mixed together with a lot of money.
(Total Film)
Christopher Walken, Schauspieler, über seinen Beruf
I don't do anything else. I don't have kids. I don't like to travel. I don't have hobbies. I don't play sports – I don't play tennis or golf or anything. Going to work is the most interesting thing I do, so I try to do it as much as I can. I've done a lot of jobs I maybe might have been better off not doing. I've never been very selective. It's not to make a living, it's do have something to do, you know? To go somewhere and to be with people. (Empire)
Jenny Hval, Musikerin, über die Antriebskraft von Vampiren
Offensichtlich ist es ein sexuelles Verlangen, aber es ist auch eine Art von Todessehnsucht. Die Ewigkeit bringt sie um. Das Schöne daran ist die Einsicht, dass es etwas sehr Schönes sein kann, sterben zu müssen.
(Musikexpress)
Jenny Hval
Milo Rau, Regisseur, über die Verbindung zwischen Rechtsextremen und junge Männer, die dem Jihadismus verfallen
Sozialpsychologisch sind es natürlich die fehlenden Väter, die mit ideologischen Übervätern, seien es Imame, exklusive Peergroups oder imaginierte Gruppen, wie Breiviks Tempelritter, ersetzt werden. Wobei Breivik eine Ausnahme war: Er war für einen Attentäter ungewöhnlich alt, aber eben emotional unterentwickelt. Es gibt Ähnlichkeiten in der Persönlichkeitsstruktur, was zu seltsamen Fällen führt: etwa Rechtsradikale, die zum Islam übertreten. Man findet bei Attentätern aller Ideologien ein Fehlen der Erfahrung, dass es den anderen als leidensfähiges Gegenüber gibt.
(Der Standard)
Jagoda Marinić, Autorin, über die apokalyptische Gegenwartsstimmung
Diese Endzeitstimmung würde ich sowohl den Rechten als auch den Linken ankreiden. Alle machen eine Stimmung, dass man denken könnte: Wenn ich morgen aus dem Haus gehe, geht irgendwas extrem schief. Dass die Mehrheit in Europa eigentlich ein recht langweiliges, ruhiges Leben führt, kann man sich fast nicht vorstellen, wenn man die Nachrichten liest. Politik und Medien sollten Ruhe reinbringen, filtern – so schlimm ist es nicht.
(Der Standard)
Konrad Paul Liessmann, Philosoph, über Toleranz
Es ist ein grobes Missverständnis, dass die Vernunft gegenüber Glaubenswahrheiten tolerant sein muss.
(Der Standard)
Genesis Breyer P-Orridge, Künstler, über christlichen Fundamentalismus
Es sind die ungebildeten Rednecks und die falschen Christen, die Trump wählen. Ich nenne sie falsche Christen, weil sie ständig das Alte Testament zitieren, um ihren Hass auszuleben. Scheiß Leviticus, scheiß Ezechiel! Ich frage solche Leute immer: „Warum zitiert ihr das Alte Testament, wenn ihr Christen seid? Hat Christus nicht das Alte Testament für überwunden erklärt? Hat er nicht gesagt: Gott ist Liebe? Gott vergibt euch allen?“
(Spex)
Seth Tisue
Frédéric Beigbeder, Autor, über sein Problem mit dem Tod
Sagen wir mal so: Ich habe weniger Probleme mit dem Altern als mit dem Tod. Ich bin absolut gegen den Tod, ich finde, man sollte ihn abschaffen oder um mindestens 300 Jahre verschieben. Deshalb gefällt es mir natürlich nicht, wenn mich mein Gesicht daran erinnert, dass ich mich dem Tod nähere.
(Zeit Magazin)
Melissa Broder, Autorin, über ihre Stalker
Ich erhalte viele eklige Nachrichten. Die Typen haben alle etwas gemeinsam. Sie sind Mitte 50, haben kaum Haare, sind dick und tragen einen Fedora-Hut. Dieser Hut ist das Symbol für irre. Ich wünschte, ich könnte mir meine Stalker aussuchen. Warum können sie nicht alle wahnsinnig heiß sein?
(Interview)
Ágnes Heller, Philosophin, über das Ende der Utopien
Das ist gut, denn wir werden immer betrogen. Ich spreche lieber über Dystopien: Sie sind Warnungen. Wir haben immer noch eine Wahl. Die Propheten sagen immer, wenn ihr dies macht, werdet ihr überleben, wenn ihr das macht, werdet ihr zugrunde gehen. Dystopien handeln vom Entweder-Oder.
Léa Seydoux, Schauspielerin, über Schönheit
I have ambitions for life. To be surrounded by beauty. It's a feeling, for me it has to do with poetry. Maybe beauty is a kind of innocence. Or maybe it's an ignorance, because I feel disconnected – I'm not into the eclectronic and digital world and multimedia whatever, I feel a little inapt. Unadapted. I don't know the codes.
(Dazed)
Sony