Erstellt am: 30. 10. 2016 - 15:50 Uhr
Where are your friends tonight?
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Fred Thomas hat Schubladen voller Anekdoten. Mindestens in seinem Heimatstaat Michigan ist der Multiinstrumentalist, Sänger und Produzent eine halbe Legende, mit seiner Gruppe Saturday Looks Good to Me übersetzt er eine Ewigkeit und viele gute Platten lang schon eine Idee von Detroit-Soul in putzigen, rumpelnden Indie-Pop, in finanzieller Hinsicht gerade mal so semierfolgreich.
In etliche andere Projekte war und ist Thomas verwickelt, gut zehn Solo-Alben hat er bislang veröffentlicht, direkte, elektrisch ins Herz zielende Vertonungen eines imaginären Tagebuchs.
Jimmi Francoeur
Fred Thomas schreibt kleine, oft komische, oft traurige, erschütternde Geschichtchen aus dem Alltag. Meist ohne große Metaphorik oder poetische Grandezza, vielmehr klar und schlank, mithilfe von in der bitteren Realität verankerten Beobachtungen, dabei doch oft mit überraschendem Wortwitz.
Er schreibt Lieder über das Sterben eines geliebten Hundes, über miese Ferialjobs, über ungeschicktes Küssen auf der Brücke, vergeudete Sommertage und die blöden Cops, die wirklich bloß einen fuck auf die Sorgen der Leute geben.
Mittlerweile ist Fred Thomas auch schon um die vierzig Jahre alt, demnächst erscheint unter dem Titel "Changer" ein neues Album, die Vorabsingle "Brickwall" handelt jetzt wieder genau davon, von allem: vom Älterwerden, vom Versuch, das Leben zu jonglieren, vom Gefühl, immer noch nicht und immer weniger dazu zu gehören, vom Unverständnis gegenüber diesem rätselhaften Erwachsenwerden.
"I hate myself in a way", singt Fred Thomas vom ewiggültigen, alten Gefühl, begleitet einzig von seiner elektrischen Gitarre, und "I hate myself every day".
Fred Thomas erinnert sich an Bücher über New York aus den 90ern - aber heute ist schon alles ganz anders, das weiß er ja. Und die Verhältnisse und die Beziehungen zu den Menschen haben sich auch geändert, die Freunde von damals sieht Thomas so gut wie gar nicht mehr, und es ist ihm ohnehin ein bisschen egal, die Freunde sind zu beschäftigt, Fotos von ihren Kindern zu machen: "You don't really talk to them now, you're like a postcard that they can hang".
Der Erzähler in "Brickwall" ist nach wie vor verloren, allein auf weiter See, immer noch anders, und trotzig stolz darauf. Er sei, so singt Thomas, wie ein "child that's too smart for the lesson but still didn't learn anything".
Der Wunsch nach Außenseitertum und die Sehnsucht nach Umarmung, am Ende dann nämlich möchte Fred Thomas doch bloß, dass die einst geliebte Person zurückkehrt, in seine Arme.