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Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

3. 11. 2016 - 15:02

Make America exotic again!

Die Medienberichterstattung gleicht in Zeiten der US-Wahl einem verwirrenden Dschungel. Rigged Media, hunderte TV-Sender, unzählige YouTube-Kanäle & Fernsehshows auf Facebook: Wer soll da durchblicken?

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Egal wohin man zappt: Journalisten reden sich nach all den Monaten immer noch den Mund fusselig. Und weil hunderte Fernseh- und Radiosender und Twitter nicht genug sind, hat Donald Trump vergangene Woche sein eigenes Fernseh-Disneyland gelauncht: Trump Tower Live überträgt jeden Abend um 18:30, ja was, natürlich Donald Trump live. Die Lügenpresse muss umschifft werden. L'étrump c'est moi!

Make Trump Sad

Alexandra Augustin/ ORF

Als Übertragungskanal für die Eigenwerbung braucht man auch kein großes Studio, Facebook ist das perfekte Medium. Es brodelt in Medialand, auch am anderen Ende des Spektrums, in allen Kanälen, in Fernsehen wie im Radio. Zappen wir uns mal zehn Minuten durch die Medienlandschaft.

Der Wahlkampf im Radio

Donald Trump hat sich die vergangenen Wochen in beinahe jedem zweiten Satz darüber beschwert, dass die Medien und Polls lügen würden. Rigged Media, rigged Polls, rigged election. Ja, was bedeutet das konkret? Ist es überhaupt möglich die Wahl zu hacken und was bedeuten die Vorwürfe in the bigger picture? WNYC hat dazu berichtet. Große Hör-Empfehlung.

Live-Events in Zeiten der Wahl

TV Tipp:
Das tägliche, unabhängige US-amerikanische Politikmagazin Democracy Now! mit Amy Goodman und Juan Gonzalez ist immer eine gute Wahl.

„Wir sind für keinen der beiden Kandidaten. Warum? Weil sich niemand um unsere Themen kümmert! Die Willkür und Gewalt der Polizei, die Gehaltsunterschiede zwischen Schwarz und Weiß: Wieso sollten wir einen der beiden Kandidaten befürworten? Wir können auch nicht hinter Hillary Clinton stehen, weil sie auch nicht für uns ist. Im ganzen Wahlkampf gab es nicht einen Moment, wo wir uns gehört gefühlt haben. I am not with her.”

Kamau Right Now!

Alexandra Augustin/ ORF

Politische Diskussionen am Puls der Zeit: Kamau Right Now!

Black Lives Matter ist eine internationale Aktivisten-Bewegung, die aus der afroamerikanischen Gemeinschaft in den USA entstanden ist und sich gegen Gewalt gegen Schwarze einsetzt.

Black Lives Matter-Gründerin Alicia Garza sitzt auf der Bühne des Nourse Theaters in San Francisco, wo die monatliche Liveübertragung von "Kamau Right Now!" stattfindet, eines der erfolgreichsten politischen Talkformate in der Bay Area, ausgestrahlt via KALW Public Radio.

Host und Amy Goodman-Freund W. Kamau Bell hat zu einer Stunde Talk geladen, die US-Wahl ist auch hier das Hauptthema. Heute außerdem noch mit auf der Bühne: Death, Sex and Money-Host Anna Sale vom Sender WNYC und Inside Amy Schumer-Autorin Jessi Klein Fan.

Rassismus, Gewalt, Mikroaggressionen, mit denen man im Alltag aufgrund einer anderen Hautfarbe zu kämpfen hat, Ignoranz, Dummheit und vor allem eine große medientheoretische Reflexion: Hier kommt auf den Tisch, was aktuell rund um die Wahlkampfzeit für Ärger sorgt. Ein Tweet von Amy Schumer hat im September für Beef gesorgt, die Wogen sind immer noch nicht geglättet. Ist Amy Schumer "eine Rassistin" oder "ist" Amy Schumer "rassistisch" fragen Zuhörer live via Twitter. Es wird lautstark diskutiert, hunderte Menschen im Publikum grölen und buhen, auf einen Nenner kommt man nicht. Falls Trump die US-Wahl gewinnt, könnten Tweets wie diese immerhin bald der ganz normale Alltag werden.

Laut New York Times ist W. Kamau Bell “the most promising new talent in political comedy in many years.” Er hostet die CNN-Show "The United Shades of America" und ist bekannt für seine großartige Comedy-Serie "Totally Biased with W. Kamau Bell".

#WhitesAgainstTrump war seine Idee. Die Sendung KAMAU RIGHT NOW läuft auf KALW.

W._Kamau_Bell

George Kelly

W. Kamau Bell

Alltagsrassismus erlebt auch Talkshow-Host W. Kamau Bell täglich: Als er im Frühjahr 2015 seine (weiße) Frau Melissa in einem Café im hippen Elmwood, eine kleine Gemeinde in Berkeley abholen wollte, wo sie sich mit Freundinnen getroffen hatte, wurde der Comedian und Moderator des Drogenhandels beschuldigt und aus dem Lokal geworfen. Passiert ist das alles übrigens an seinem Geburtstag, seine zwei kleinen Kinder waren mit dabei, ebenso die Babies der Freundinnen. Auch darüber wird live in der Radiosendung gesprochen.

Trump-Verteidiger Jeffrey Lord

Über Fälle wie diese hört man in den großen Medien freilich selten, dort haben andere das Sagen. Eine Person fällt besonders auf: Jeffrey Lord. Er verdient sein Geld als „politischer Kommentator“ bei CNN. Donald Trump hat ihn höchstpersönlich in den Job gehievt, über 600 Mal ist er seit 2015 in Fernsehdiskussionen aufgetreten.

Jeffrey Lord wird dafür bezahlt, dass er Trump verteidigt: Die FAZ hat berichtet.

Jeffrey Lord steht bis Ende des Jahres unter Vertrag bei CNN. Meinungsmache, Verdrehungen bis hin zu ziemlich gewagten Aussagen: Unabhängiger Journalismus sieht anders aus.

Wahlkampf-Blüten im Netz

Aber wem kann man eigentlich noch glauben? Eines ist jedenfalls sicher, der US-Wahlkampf 2016 hat uns bisher so einige bittere als auch unterhaltsame, mediale Momente geschenkt, über die wir uns von nun an bis in alle Ewigkeit auf der allwissenden Medien-Müllhalde YouTube erfreuen dürfen. Vor allem an den Dingen, die Menschen mit zu viel Zeit aus den ganzen Debatten und Diskussionen gebastelt haben: Dirty Dancing mit Hillary und Donald, die China-Endlosschleife, Rap Battles zwischen Hillary und Donald und Nasty Yankovic.

Übrigens, habt ihr schon von Joe Exotic gehört? Immerhin, das geht in allen Medien immer unter: Es gäbe da ja noch ein paar Anwärter auf das Amt des Präsidenten. Die großartigsten Bewerbungsvideos dazu findet man auf YouTube. In diesem Sinne: Make America exotic again!