Erstellt am: 21. 10. 2016 - 16:29 Uhr
Mehr Autonomie für Österreichs Schulen
Schulen sollen sich vernetzen, mehr Freiheiten erhalten und Direktoren sich die Lehrer selbst aussuchen. So könnte man die Vision von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) zusammenfassen. Am Dienstag präsentierten sie ihr Autonomiepaket im Ministerrat.
APA/HERBERT NEUBAUER
Kern der Reform also: einzelne Schulen sollen mehr selbst bestimmen können, beispielsweise was die Klassengrößen angeht. Die derzeit gültige Klassenschülerhöchstzahl von 25 Kindern soll fallen. Künftig soll es möglich sein, die Gruppengröße je nach Fach und Art der Vorlesung individuell zu gestalten. Dass gruppenübergreifende Projekte möglich werden sollen, wird von vielen Seiten positiv aufgenommen.
Aber auch kritische Stimmen gibt es. Die Angst vor einer getarnten Sparmaßnahme äußert unter anderem Jasmin Chaledi, die Vorsitzende der Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) im FM4-Interview: "Dass dann zwei Klassen zusammengelegt werden mit zwei Lehrpersonen, sprich 40 Schülerinnen und Schüler mit zwei Lehrpersonen, schafft definitiv keine gute Basis für Projekte."
Schulstunden an Fahrpläne anpassen
Einen ähnlichen Freiraum sollen Schulen auch bei der Festlegung der Länge von Schulstunden bekommen. Wie diese zeitlich zusammengefasst werden, sollen Schulen künftig selbst entscheiden können. In ländlicheren Gegenden können die Schulstunden so beispielsweise an die Fahrpläne von öffentlichen Verkehrsmitteln angepasst werden. Dass die jeweilige Schulleitung neue Funktionen wie diese zugesprochen bekommt, begrüßt die Schülerunion. "Man muss ja nicht einmal von Wien nach Vorarlberg fahren, um mitzubekommen, dass Schulen komplett verschieden sind", meint Harald Zierfuß, Bundessprecher der Schülerunion, im FM4-Interview. "Und so kann man jede Schule besser an den jeweiligen Schulstandort anpassen."
Um verstärkt regional zusammenzuarbeiten, sollen sich außerdem bis zu acht benachbarte Schulen zu sogenannten Schulclustern zusammenschließen können. Prinzipiell eine sehr gute Idee, sagt Jasmin Chaledi von der AKS: "Der große Vorteil ist, dass so schulübergreifende Projekte gestartet werden können." Die Angst vor versteckten Sparplänen bleibt jedoch. Es würden zwar neue Schulen gebaut, aber eine bekomme dann möglicherweise keinen Turnsaal mehr, weil ja der Turnsaal in einer anderen Schule in der Nähe mitverwendet werden kann.
Mitbestimmen? Nein danke
Am ärgerlichsten - und da sind sich AKS und Schülerunion einig - sei, dass die Mitsprache von Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen eingeschränkt werden soll. Der Schulleitung werde zwar mehr Autonomie zugesprochen, der Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) bestehend aus Eltern-, SchülerInnen- und LehrerInnenvertretenden soll in Zukunft allerdings weniger eingebunden werden.
Bislang mussten die Schulpartner zustimmen, wenn beispielsweise die Klassenschülerhöchstzahl überschritten wird, nun soll die Schulleitung solche Entscheidungen in Eigenregie treffen können. "Wir wissen was falsch läuft, wir wissen was man verändern muss, aber niemand hat uns gefragt", sagt Chaledi, "und das sieht man auch in der Bildungsreform. Sie spricht nicht die Probleme an, die wir tatsächlich haben."