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Lisa Schneider

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24. 10. 2016 - 06:00

Joy(ce) für alle Lebenslagen

Das Debütalbum ist da und es ist ein Statement, ein gutes. Was unseren FM4 Artist of the Week Joyce Muniz am meisten inspiriert, hat sie uns ins Ohr geflüstert.

Ihr Herz hängt am Mischpult. Verschwitzt-tanzende Leute rundherum, Kopfhörer auf, sie selbst die animierte, animierende Partykanone. Das ist Joyce Muniz, nach Eigendefinition. Sie ist außerdem auch Producerin, MC, Sängerin - und es gibt nur eine Sache, die sie immer über alle anderen Dinge stellen würde:

Joyce Muniz

Moodmacher

Im Herzen bin ich DJ. Ich liebe es, die Leute zum Tanzen zu bringen, selbst mitzumachen, dabei zuzusehen. Meine Sets sind warm. So wie ich!

So wie Joyce.

Die ursprüngliche Brasilianerin, die seit 1995 in Wien lebt, wird seit Jahren als österreichischer Exportschlager gehandelt, wenn es um elektronische Musik geht. Im zarten Teenie-Alter hat sie begonnen, elektronische Musik zu hören und auch selbst aufzulegen. Das erste Mal offiziell im Flex, dann schnell auch im Café Leopold. Hinter der Bar war es Joyce Muniz zu fad, dann lieber wöchentlich eigene Parties schmeißen – die mittlerweile von der Pratersauna bis ins Sass bekannt sind und ächzend-schweißgetrieben aus allen Nähten platzen, wenn sie an den Turntables steht. Im letztgenannten Club ist sie besonders gern, und da wird auch die Releaseshow ihres Debütalbums stattfinden. Eng, kuschelig. Sie hätte sich auch einen anderen Ort für die Feier aussuchen können. Aber ich mag das, ich mag es überschaubar, es ist einfach wie eine große Familienfeier.

Das Debütalbum „Made In Vienna“ ist der Abschluss einer Ära, der zwar nicht die unzähligen Singles und EPs, die ihm vorausgegangen sind, zusammenfasst, aber gedanklich eine bestimmte Phase in Joyces‘ Leben einklammert. Nach der Produktionen für unter anderem Louie Austen und Veröffentlichungen auf Labels wie Warung (Brasilien), 20/20 Vision (UK) oder Man Recordings (Deutschland) ist sie mittlerweile beim Berliner Label Exploited untergekommen.

Es gibt jetzt zwar zwei Homebases, Wien und Berlin, aber Joyce bezeichnet sich selbst als „ein Wiener Produkt“. Sie schmunzelt bei dem Begriff, aber sie meint es ernst.

Kurz ins Debütalbum von Joyce Muniz hineinhören?

Eine Preview gibt es hier.

In Wien aufzuwachsen, bzw. in die Szene hineinzuwachsen, war ein wahnsinniges Glück für mich, erzählt sie. Vor fünfzehn Jahren war es noch komplett anders, es gab weniger Clubs, und ich hatte das Glück, mit den richtig coolen Leuten backstage abzuhängen. Über Features, bei denen sie ihre Stimme leiht (immer nur auf portugiesisch – ihre Stimme ist ihr „brasilianisches Instrument“), holt sie unter anderem die Wiener Dancehall / Drum'n'Bass-Legende Stereotyp ins Studio. Eins führt zum andren.

Joyce Muniz

Moodmacher

Was aber inspiriert Joyce Muniz?

Mama!

Meine Mama war für mich immer ein Vorbild der modernen Frau. Sehr liebevoll, für jeden Spaß zu haben, unabhängig. Aber auch entschieden und stark, das war für mich immer eine sehr wichtige Inspiration. Ich werde nie vergessen, wie cool sie mit meinem Wunsch umgegangen ist, Musik machen zu wollen, als Hauptberuf. Wir haben nämlich einen Deal ausgehandelt. Sie meinte, ich muss die Schule abschließen, damit ich einen Plan B habe, falls etwas nicht klappt. Im Gegenzug hat sie versprochen, mich nach dem Abschluss bei allem zu unterstützen. Und das hat sie! Teile meines ersten eigenen Equipments hat mir meine Mama bezahlt.

Freunde!

Was mich außerdem sehr inspiriert, sind die Menschen in meiner Umgebung. Ich habe sehr viele talentierte Freunde um mich herum, ich schätze mich damit wahnsinnig glücklich. Das Schönste ist es, wenn du Freunde hast, die super Künstler sind, und du kannst genau das mit ihnen teilen. Wahrscheinlich könnte ich mich genauso gut mit sehr guten Musikern treffen, die ich nicht kenne, um von ihnen zu lernen – aber wenn das auf freundschaftlicher Basis passiert, ist das für mich noch viel tiefgehender. Weil das spüre ich.

Klar, es gibt positive und negative Kritik – aber Kritik zu bekommen von Menschen, die du schätzt und liebst, ist das Schönste. Die bringt dich nämlich weiter. Ich würde es niemals so weit schaffen, wenn ich diese bestimmten Personen nicht hätte, dafür bin ich so dankbar. Die waren alle bei mir, als ich gesundheitlich angeschlagen war, oder kein Geld hatte – oder einfach mal einen Tag nur depri war. Es ist schön, dass genau diese Menschen in meinem Leben, und mehr, nämlich ein Teil davon sind. Davon werde ich jeden Tag geprägt.

Cover Joyce Muniz Debutalbum "Made In Vienna"

Exploited

Das Debütalbum von Joyce Muniz, "Made In Vienna", ist via Exploited erschienen.

Wie gut und gern Joyce Muniz feiert, beweist sie am Rahmen ihrer Releaseshow am

Und? Das Debüt?

Was sich vor allem verändert hat, ist nicht nur die eindeutig radiotauglichere und facettenreichere Mischung der einzelnen Songs, sondern auch – und Hand in Hand damit – die vielen Kollaborationen, die das Album ausmachen. Kat Vinter seufzt wunderbar in „Cover Me Up“. Knixx zeigt sich auf „Drop In Pressure“ von seiner zuckrigsten Seite, „Deeper“ hätte eigentlich ein instrumentaler Track werden sollen, aber Joyce hat sich in die Stimme von Human Life verliebt. Ihre eigene Stimme bleibt diesmal ungehört, das letzte vokale Feature hat Joyce Muniz für Munk gemacht, und auch das ist schon fünf Jahre her. Es hat einfach vom Gefühl her nicht aufs Album gepasst, erzählt sie.

Das Debütalbum von Joyce Muniz ist, gemischt von Rodney Hunter, Club und Pop, ist Morgensonnenspaziergang, Nachmittagslektürebegleitung und der Beat, zu dem man sich die Absätze stumpf tanzt, ist der Soundtrack für alle Lebenslagen.