Erstellt am: 18. 10. 2016 - 14:59 Uhr
Power to the pills
Kinder, wie die Zeit vergeht. Fast zehn Jahre ist die "Pac-Man"-WM in New York City nun schon wieder her. Wir erinnern uns: Damals habe ich mich auf der Xbox 360 online qualifiziert und bin einige Wochen später als einer von zehn Finalisten nach Manhattan eingeflogen worden. Ich hab' uns den Schaß zwar nicht gewonnen, aber fast: Hinter dem mexikanischen Champion habe ich es aufs Silberstockerl und danach sogar in die New York Times und die Wikipedia geschafft.
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Seither gab es keine WM mehr in dieser Form, insofern bin ich wohl immer noch ungeschlagener Vize. Dieser Videospielwettbewerb damals war aber nicht bloß ein Kräftemessen zwischen reaktionsschnellen Pillenfressern, sondern vor allem ein groß angelegter PR-Coup. Denn wir konnten bei der WM plötzlich nicht mehr das originale "Pac-Man" spielen, sondern mussten in einer kompletten neuen Version antreten: der "Championship Edition". Es war der erste Nachfolger, der einerseits nah am Original, aber doch merkbar anders war: schnell, pulsierend, adrenalingetrieben. Die langen Gesichter der Spielhallen-Stars der frühen 80er waren unbezahlbar: Der ebenfalls teilnehmende Arcade-Superheld Billy "Perfect Game" Mitchell etwa musste sich bald geschlagen geben.
Remix vom Remix
Jetzt ist - nach ein paar wenig relevanten Erweiterungen in den letzten paar Jahren - der echte zweite Teil dieser "Championship Edition" erschienen. Obwohl die Grundformel von 1980 bzw. 2007 beibehalten wurde, sind einige neue Features hinzugekommen.
Bandai Namco
Zugegeben: Über die vergangenen neun Jahre hinweg habe ich das regelmäßige "Pac-Man"-Üben ein bisschen schleifen lassen. Doch das ursprüngliche Feeling der "Championship Edition" (CE) ist sofort wieder da, als ich den runderneuerten zweiten Teil anwerfe. Die CE-Serie ist zweifellos der beste Nachfolger, weil das Game damit einerseits viel rasanter und schriller ist als das Original aus 1980, aber andererseits das Kernprinzip unverändert lässt: Pac-Man läuft in einem Labyrinth herum, isst weiße Punkte und weicht bunten Geistern aus. Findet und konsumiert er eine Riesenpille, werden die Geister kurzfristig blau und die Nahrungskette dreht sich um.
Warps und Bomben
Bereits in der ursprünglichen "Championship Edition" sehen wir immer zwei Labyrinthe: eines links, eines rechts. Sind auf einer Seite alle (bei der CE 2: viele) Punkte aufgegessen, erscheint eine Frucht. Wird sie verspeist, erscheint ein neues Labyrinth. Altbekannt: An den Bildschirmkanten kann Pac-Man in Warptunnels laufen und kommt dann auf der jeweils anderen Seite wieder heraus.
Es gibt bei der CE-Serie viel mehr als nur die vier Geister aus 1980 - manchmal werden es mehrere Dutzend. Finden wir dann endlich mal eine Powerpille, ist das Festmahl vorprogrammiert. 2007 wurde auch die Bombe eingeführt: Zünden wir sie, werden die Geister von uns weggeschleudert. Das gibt es auch in der neuen CE-Version, mit dem Unterschied, dass wir uns dabei selbst zurück zur Startposition schleudern.
Bandai Namco
Ein ehernes Gesetz bei "Pac-Man" lautete: Kontakt mit einem der Geister bedeutet den Verlust eines Lebens. In der originalen "Championship Edition" ist kurz vor einer Kollision freundlicherweise die Zeit verlangsamt worden, so dass man noch ausweichen konnte. Jetzt kann man sogar direkt in die Geister laufen, ohne dass Pac-Man stirbt. Allerdings: Wenn er es übertreibt und wie ein sturer Bock untentwegt auf Kollisionskurs geht, werden die Geister wütend, und dann ist ein Zusammenstoß eine Weile lang wirklich tödlich. Neu ist auch, dass man bremsen kann. Das heißt, wir müssen bei Gegen- oder Querverkehr mitten auf der Straße nicht mehr länger umdrehen, wenn etwa an uns eine Geisterkarawane vorbeizieht, sondern bleiben kurz quietschend stehen und mampfen danach munter weiter.
Die Geister, die wir riefen
Bandai Namco
Apropos Karawane: Die schlafenden Geister, die wir wecken und die sich dann zu einer langen Monsterschlange formieren, kennen wir schon. Am besten wurde der Score in "Pac-Man CE" dann, wenn wir das Fressen einer Powerpille immer so lange hinauszögerten, bis wir eine sehr große Zahl an Geistern in Serie schnappen konnten. Dieses Prinzip hat sich insofern verändert, als dass nun alle vier Hauptgeister jeweils eine eigene Schlange an Untertanen hinter sich sammeln und diese Anführer nun wesentlich geschickter beim Ausweichen sind. Wir bekommen im Geisterfressmodus zwar immer Hilfslinien eingeblendet, die anzeigen, auf welchen Routen sich die Karawanen bewegen. Dennoch kann einiges an kostbarer Zeit verloren gehen, wenn einem die Geisterschlangen einige Male erfolgreich ausweichen können. Hat man sie endlich geschnappt, kann man aber ein paar Sekunden Pause machen: Pac-Man frisst sie dann alle automatisch.
Bandai Namco
Go with the flow
"Pac-Man Championship Edition 2" ist eine nahtlose Fortsetzung der Erfolgsgeschichte von 1980 bzw. 2007. Es ist die perfekte Neuinterpretation eines Klassikers, der klug um einzelne Features erweitert worden ist, aber nicht zu weit von den etablierten Spielmechaniken abweicht. Die Highscore-Jagd hat sich in den jüngeren Jahren allerdings von der "Wie lange kannst du überleben"-Mechanik hin zur "Wieviel Punkte schaffst du in [x] Minuten"-Variante gewandelt. Es gibt mehrere Labyrinthe und unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, und für jedes Gameboard selbstverständlich eine eigene Online-Highscore-Liste.
"Pac-Man Championship Edition 2" ist für Xbox One, PS4 und Windows erschienen.
Die "Pac-Man CE"-Serie ist ideal geeignet, um gut in den sogenannten Flow-State zu kommen: Also dann, wenn man irgendwann hochkonzentriert mitten ins Geschehen reingezogen wird und alle Bewegungen und Reaktionen intuitiv und instinktiv macht, ohne viel nachzudenken. Wichtig ist, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, weder von der schnellen Geschwindigkeit des Spiels noch vom peitschenden Techno-Soundtrack. Wer die CE-Serie noch gar nicht kennt, muss nicht unbedingt den neuen Teil spielen. Da es aber preislich kaum Unterschiede gibt, kann man gleich zur jüngsten Version greifen.