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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 10. 2016 - 16:11

The daily Blumenau. Wednesday Edition, 12-10-16.

Keiner kennt Martichenko, oder: die Haare in der erfolgreichen ÖFB-Nachwuchsarbeits-Suppe. Nach dem 1:4 der U21 gegen Deutschland.

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Siehe auch: Koller sucht den Siegenthaler. Das Wales/Serbien-Doppel zeigt: so geht sich das nicht aus für den ÖFB. Die Analyse und Vorschläge für einen Turnaround.

Der aktuelle U21-Kader

Tor: Daniel Bachmann (Stoke /ENG), für die verletzten Markus Kuster (Mattersburg) und Alexander Schlager (FAC) nachnominiert wurden Paul Gartler (Rapid) und Andreas Leitner (Admira). Abruf: Osman Hadzikic (Austria).

Abwehr: Phillipp Mwene (Kaiserslautern/D), David Stec (St. Pölten), Philipp Lienhart (Real Madrid/ ESP), Christian Junior Schoissengeyr (Sturm), Lukas Gugganig (Fürth/D), Christoph Martschinko (Austria), Patrick Wessely (Admira). Auf Abruf: Stefan Peric (VfB Stuttgart/D), Philipp Posch (Admira), Florian Flecker (KSV).

Mittelfeld: Tarkan Serbest (Austria), Dominik Wydra (Bochum/D), Konrad Laimer, Valentino Lazaro (RB Salzburg), Lukas Jäger, Nikola Zivotic, Nikola Dovedan (Altach), Florian Grillitsch (Werder Bremen/D), Thomas Murg (Rapid), Andreas Gruber (Sturm). Für die erkrankten Ylli Sallahi (Karlsruhe/D) und Xaver Schlager (RB Salzburg) wurden Peter Michorl (LASK) und Marc Andre Schmerböck (Sturm) nachnominiert. Auf Abruf: Martin Rasner (Heiden-heim/D), Gerald Nutz (Wolfsberg), Florian Sittsam (Wr Neustadt), Christian Derflinger (Fürth/D).

Angriff: Kevin Friesenbichler, Marko Kvasina (Austria).

Sascha Horvath (Sturm) ist noch krank (Angina).
Die ebenfalls U21spielberechtigten Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Alessandro Schöpf (Schalke/D), Michael Gregoritsch (HSV/D) und Louis Schaub (Rapid) waren beim A-Team und wurden nicht wie Lazaro extra noch nach St-Pölten umdirigiert.

Maximilian Wöber (Rapid) und Arnel Jakupovic (Middlesbrough/ENG) haben sich mit der U19 für ihre Elite-Runde qualifiziert.

Verletzt sind Christian Gartner (Düsseldorf/D), Roman Kerschbaum (Innsbruck), Daniel Ripic (Stuttgart/D), Christopher Cvetko (BW Linz) oder Dominik Prokop (Austria).

Weiters im Großkader: Ivan Lucic (Bristol City/ ENG); Dominik Baumgartner (Innsbruck), Sebastian Wimmer (Wolfsburg/D), Markus Blutsch /Admira), Daniel Maderner (Wr Neustadt), Bernd Gschweidl (St. Pölten), Marvin Egho (Ried).

Nicht am Radar: Ismael Tajouri (Austria), Stefan Savic (Slaven Belupo/ CRO), Philipp Wiesinger (LASK), Domninik Schierl, Sandro Djuric (Wr Neustadt), Fabio Strauss (Admira), Michael Brandner, Mathias Honsak (Ried), Sven Sprangler, Francesco Lovric (Mattersburg), Valentin Grubeck (Lustenau), Patrick Puchegger (Bayern/D), Jonathan Scherzer (Augsburg/D), Adrian Grbic (FAC), Johannes Kreidl (Kuopio/FIN), Ahmed Ildiz (Kasimpasa/TUR), Murat Satin (Hacettepe/TUR), Tim Müller (Mainz/D), Philipp Malicsek (Rapid), David Gugganig, Sandro Ingolitsch (Liefering), Fabian Gmeiner (Nijmegen/NED), Stefan Posch (Hoffenheim/D), Orhan Vojic (Wolfsburg/D), Patrick Hasenhüttl (Ingolstadt/D), Marcel Canadi (Gladbach/D) uvam...

Gestern hat die österreichische Junioren-Nationalmannschaft gegen Deutschland ordentlich abgebissen und 1:4 verloren.
Verdient.
Ja, es ging um nichts mehr. Die Gäste waren Gruppensieger, die Hausherrn fix im Play-Off um die Quali zur U21-EM im nächsten Frühsommer.
Aber trotzdem: he, das war Deutschland! Der bestmögliche Gegner um sich zu reiben und zu präsentieren!
Deshalb erzählt diese Niederlage viel. Über Österreich, über Österreichs Fußball, über die Nachwuchs-Pflege, über den ÖFB und auch über den öffentlichen Umgang damit.

Zur Ausgangsposition

Gleich vorweg: es gibt keinen Grund eine Krise herbeizureden - ebenso wenig wie beim A-Team, wo Koller/Ruttensteiner den ÖFB aus dem Mittelalter in die Neuzeit geführt haben und aktuell die Jeannées dieses Landes versuchen es wieder dorthin zurückzubomben, verbal. Aber es gibt Haare in der Suppe, die es auch deshalb anzusprechen gilt, weil das mediale Niveau der Auseinandersetzung im Jugendbereich noch weit dürftiger ist als im Erwachsenen-Mainstream.

Der deutsche Host-Broadcaster etwa nannte Christoph Martschinko konsequent Martichenko; der österreichische wollte ihn in der deutschen Bundesliga spielen gesehen haben (wo er nie aktiv war, weil Hoffenheim seine Neuverpflichtung postwendend wieder nach Österreich verlieh). Das bewegt sich vom Level her nicht stark über dem eines desinteressierten Publikums, das seinen Serbest nicht kennt. Dass der ÖFB ein Problem damit hat Medien-Anregungen umzugehen, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Zumal sich ein Medien-Selbstverständnis der Partnerschaft durchgesetzt hat, dass das positive Herausstreichen (von in diesem Fall eh tatsächlich positiv zu bewertenden Bemühungen im Kampf um Talente) optisch vor die kritische Auseinandersetzung stellt.

Zum Spiel

Die U21 ging mit einer klaren taktischen Ausrichtung und einer Spezial-Aufgabe ins Deutschland-Match; die eine klappte nicht, die andere kam deshalb nicht zur Geltung.

Mit seinem 4-3-3 spiegelte Werner Gregoritsch das System des deutschen Kontrahenten, wollte ihn so einfangen, mit einem dichten Zentrum (Laimer-Jäber-Wydra) auf die Flügel umleiten, die von Pärchen (Lazaro-Murg rechts und Martichenko/Martschinko-Grillitsch) links aufgefangen werden sollten. Gar keine so schlechte Idee, haute nur überhaupt nicht hin. Weil die DFB-Junioren trotz vieler hochkarätiger Abwesender (die gesamte Defensive - Schwäbe, Weiser, Tah, Süle, Ginter - wurde ebenso geschont wie Dahoud oder Werner; A-Team-Anklopfer wie Brandt, Meyer, Goretzka, Klostermann oder gar Kimmich und Weigl wurden gar nicht mehr einberufen) zu hohe individuelle Klasse zeigte und die hybriden Mittelfeldspieler (Amiri, Arnold, Haberer) im Zusammenspiel mit den Flügeln Sane/Öztunali ein allzu unausrechenbares Paß-Beziehungsgeflecht auf den Platz stellten. Die ÖFB-Junioren wirkten wie ein Mann weniger, powerten sich mit ständigem, meist wenig effektivem Hinterherrennen frühzeitig aus.

In diesem Rahmen war der von Teamchef Koller angeordnete Test von Tino Lazaro als rechter Verteidiger (diese Variante hatte sich angekündigt, die Idee ist alt und Koller hatte sie vor genau zwei Jahren auf konkrete Nachfrage noch abgetan/abgelehnt) dann wenig aussagekräftig. Können tut er's, das sah man; mehr Erkenntnisse ergaben sich nicht.

Österreich: Bachmann; Lazaro, Junior Schoissengeyr, Philipp Lienhart, Martschinko; Laimer, Jäger; Wydra (K); Murg (64. Kvasina), Friesenbichler (58. Dovedan), Grillitsch (2H: Gruber).

Deutschland: Jannik Huth; Toljan, Akpoguma, Stark, Gerhardt; Amiri, Maximilian Arnold (54. Prömel), Haberer; Leroy Sané, Selke, Öztunali (73. Gnabry).

In Halbzeit 2 zog Coach Gregoritsch Jäger als Rechtsverteidiger zurück und gab Lazaro den Kreativjob im Mittelfeld, ließ Vorsicht Vorsicht sein und seine Mannschaft so ins Verderben rennen. Seine Ansagen nach dem Match sind - ebenso wie bei Koller weiter oben - reines Buzzword-Geklingel, der sportliche Elchtest wird das Play-Off-Duell stattfinden.

Zum bevorstehenden Elchtest

Das Play-Off muss zwischen 7 und 15.11. gespielt werden - und hier wird nun ein weiterer (struktureller) Elchtest durchgeführt.
Kollers A-Team spielt am 12.11. ein wichtiges Quali-Match gegen Irland und am 15. einen Test gegen die Slowakei - die Frage ist, wen seiner in den letzten Monaten systematisch Hochgeholten (nach Sabitzer und Lazaro waren das Schöpf, dann Gregoritsch, zuletzt Schaub) der Teamchef für die U21 freigibt, um der eine einmalige Chance zu ermöglichen. Das wird einen deutlichen Fingerzeig darauf geben, wie ernst es dem ÖFB um seinen Nachwuchs und dessen Befeuerung ist.

Zur Evaluierung

Auf den ersten Blick ist alles recht bis sehr super.

Die U21 hat sich - Deutschland-Niederlagen hin oder her - einen Platz im Play-Off (gegen Spanien, Serbien oder Norwegen, gelost wird Freitag Mittag) zur U21-Euro gesichert und die Chance erstmals überhaupt in dieses prestigeträchtige (erstmals mit 12 Teams bestückte) Turnier zu kommen.

Die U19 hat sich eindrucksvoll durch die Elite-Runde ihrer EM-Quali gespielt.

Die U17 bleibt im klassischen Toto-Cup ungeschlagen und misst sich Ende Oktober in ihrer EM-Quali mit England, Rumänien und Azerbeidjan und sollte da den 2. Rang erreichen können.

Die U18 testete zuletzt erfolgreich, die U16 spielt gegen Deutschland halbwegs mit.

Alles paletti also?
Vor allem, wenn man die Größenordnungen als Vergleich hernimmt?
Der ÖFB sagt ja, und hat recht.
Und auch wieder nicht.

Denn zwischen der U19 und der U21 hakt es. Die Jungen spielen durchwegs noch halbwegs auf Augenhöhe auch mit den ganz großen Fußball-Nationen. Bei der U21 knickt die Kurve aber ab. innerhalb eines ganz kurzen Entwicklungsschrittes ziehen die traditionell bessergestellten Nationen, die altbekannten Ausbildungs-Länder an Österreich vorbei.

Denn durch das Fehlen einer U20 klafft eine große Lücke.
Die U21 muss aktuell die Jahrgänge 1994 - 1997 abdecken, umfasst also 19jährige ebenso wie 22jährige, überfordert Akteure ebenso wie die Teamleitung. Vor allem kann der ÖFB so der ureigentlichen Aufgabe seiner Junioren-Teams, der sinnvollen Überführung der Jungnationalspieler ins Profitum, nicht gerecht werden.

Zur fehlenden U20-Nationalmannschaft

Deutschland etwa spielt aktuell mit der U20 ein Vierer-Turnier(www.dfb.de in England (plus Niederlande und USA) und betreibt gemeinsam mit Italien, der Schweiz und Polen die sogenannte internationale Spielrunde.

Schaut man sich die Geschichte dieses langfristigen, auf regelmäßige Zusammenkünfte und Weiterentwicklung angelegten Turniers an, wird man feststellen, dass Polen erst seit kurzem dabei ist; Vorgänger-Verband war, richtig, der ÖFB. Der sich die Teilnahme an diesen steten Kräftemessen mit den Alterskollegen der hochklassigen Nachbarn nicht mehr leisten konnte und wollte und seitdem den Spielbetrieb der U20 komplett eingestellt hat. Nur noch dann, wenn sich eine U19 für ihre Euro und dann die darauffolgende WM qualifiziert, ersteht der Zombie U20 wieder auf.

Das ist zu wenig. Solange der ÖFB diese Lücke nicht schließt, wird sich die U21 gegen die Deutschlands dieser Welt blamieren.