Erstellt am: 11. 10. 2016 - 18:17 Uhr
Generation Ex-Jugoslawien
FM4 Auf Laut
Die Generation Ex-Jugoslawien und das "Ende" der Flucht. Am Dienstag, den 11. Oktober, 21 bis 22 Uhr und im Anschluss für 7 Tage im FM4 Player.
Wenn heute von Flucht und Krieg die Rede ist, denken die meisten an Syrien oder Afghanistan. Doch Österreich hat in der Vergangenheit schon mehrmals viele Flüchtlinge aufgenommen. Zuletzt in den 1990er Jahren, als tausende Menschen durch die Kriege in Ex-Jugoslawien vertrieben wurden. Die damalige Situation wird in aktuellen Debatten häufig als Erfolgsmodell beschrieben.
Nicht alle sehen das so, vor allem nicht die Betroffenen selbst. "Ich glaube nicht, dass alles so reibungslos funktioniert hat, wie es jetzt dargestellt wird. Die ehemaligen Flüchtlinge reden ja gar nicht über ihre Erfahrungen", sagt die Journalistin Adisa Begic. Für ihr Buch "Über/Leben im Krieg" hat sie die Geschichten von sieben Menschen gesammelt, die aus Bosnien und Herzegowina fliehen mussten.
Al Hamra Verlag
Es ist ein Stück Gedächtnisarbeit, das besonders heute relevant ist. Im deutschsprachigen Raum sind die Erfahrungen der ehemaligen Ex-Jugoslawien-Flüchtlinge kaum dokumentiert.
Eine Schlüsselgeneration
Wie auch heute waren in den 1990er Jahren unter den Flüchtlingen viele Kinder, die wie Adisa Begic hier aufgewachsen und Teil der Gesellschaft geworden sind. Rund die Hälfte der 115.000 Menschen, die damals in Österreich Zuflucht gefunden haben, waren Kinder. Die GesprächspartnerInnen von Adisa Begic erzählen, wie sie als junge Menschen aus der Normalität herausgerissen wurden.
"Die Leute sind massenweise geflüchtet. Besonders in den Klassenzimmern war die Leere spürbar. 'Wo ist Ibrahim?' erkundigte ich mich nach einem Schulkollegen - 'Weg' kurz und knapp. Kein Abschied, keine Aussicht auf ein Wiedersehen. Dann wurden die Grenzen dicht gemacht. Wir waren gezwungen zu bleiben.", sagt der heute 39-jährige Senad in "Über/Leben im Krieg".
Adisa Begic
"Es ist ein Schmerz, der mich mit Bosnien und Herzegowina verbindet", sagt Adisa Begic, aber "man kann sagen, dass das alles sinnlos war. Es ist schwer zu beschreiben, aber ich denke, dass man immer eine Verantwortung verspürt und dass immer ein Bezug da sein wird".
Was kommt nach dem "Ende" der Flucht?
Viele Menschen aus der Generation Ex-Jugoslawien beschäftigen sich immer intensiver mit ihren Heimatländern. Während Adisa Begic mit ihrem Buch Gedächtnisarbeit betreibt, will Ivana Stjepanovic brachliegende Felder wieder verwertbar machen. Die 34-Jährige ist in Bijelo Brodo, im Norden Bosniens geboren und in Wien aufgewachsen.
Ivana Stjepanovic
Bei einem Urlaub hat sie beschlossen, in die Heimat, aus der sie einst mit ihrer Familie vertrieben wurde, zurückzukehren. Sie hat ihren Job aufgegeben und will jetzt in Bijelo Brodo Heilkräuter für den weltweiten Export anbauen. Das soll die Wirtschaft in der Region ankurbeln und bei der Überwindung alter Konflikte helfen.
FM4 Auf Laut: Generation Ex-Jugoslawien
In FM4 Auf Laut stellt Ivana Stjepanovic ihr Projekt "Bosnia Grows Organic" vor und diskutiert mit Claus Pirschner über die Frage, was eigentlich nach dem "Ende" der Flucht kommt. Am Dienstag, den 11. Oktober, 21 bis 22 Uhr und im Anschluss für 7 Tage im FM4 Player.
Und ihr könnt mitdiskutieren: 0800 226 996