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Claus Pirschner

Politik im weitesten Sinne, Queer/Gender/Diversity, Sport und Sonstiges.

7. 10. 2016 - 16:44

Nicht nur fröhlich, cool und sexy

Vom Umgang mit Airbnb und Co: Laissez-Faire in San Francisco, Teilverbot in Berlin und Kooperation in Wien.

Wie hast du dir ein Zimmer oder die Wohnung im letzten Urlaub gecheckt? Klassisches Hotel oder doch eher über Onlineanbieter wie Airbnb, also privat vermietete Zimmer? Letztere Möglichkeit ist bei Jüngeren wohl am beliebtesten, wie eine FM4-Umfrage an der Hauptuni Wien zeigt:

Umfrage Airbnb und Co
Schlüssel

CC BY 2.0, flickr.com, User: the Original Muddog; brycecollier

Wiener Änderung

Für die Hotellerie ist Airbnb und Co jedenfalls eine Konkurrenz, bei der oft nichtmal Steuern abgeführt werden. Städte wie Wien, San Francisco oder Berlin gehen ganz unterschiedlich mit der kurzfristigen privaten Online-Vermietung um. In Wien gibt es nun eine Änderung:

Der Landtag hat beschlossen, dass alle Vermieter/innen über Onlineplattformen auch Ortstaxe zahlen müssen. Die Plattformen müssen die Adressen von Mieträumen an die Stadt weitergeben, damit diese die Abführung von Steuern überprüfen kann. Wer der Meldepflicht nicht nachkommt, kann mit 2.100 Euro bestraft werden. Immerhin werden in Wien an die 5.000 Zimmer und Wohnungen über Online-Anbieter kurzzeitig vermietet.

Norbert Kettner, Direktor WienTourismus

WienTourismus

Norbert Kettner

Würde die 3,2 Prozent Ortstaxe ordnungsgemäß abgeliefert werden, wären das circa 100.000 Euro jährlich für die Stadt. Norbert Kettner, der Tourismusdirektor von Wien, freut sich über die neue Regel - schließllich ist die Ortstaxe die Hauptfinanzierung des Wien Tourismus: "Es wurde vor allem Klarheit beschlossen, sowohl für die Vermieter bei Airbnb oder anderen Plattformen als auch insgesamt für die Steuerzahler. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man sagt, wir wollen die Sharing Economy in Wien nicht verhindern, wie andere Städte das tun, sondern wir wollen faire und gleiche Richtlinien haben für alle Teilnehmer."

Berliner Teilverbot

Berlin geht da ganz anders vor. Seit heuer ist dort das Vermieten von ganzen Wohnungen über Airbnb und Co untersagt, nur mehr einzelne Zimmer sind erlaubt. Nach wie vor finden sich allerdings Wohnungen im Angebot des Online-Anbieters in der deutschen Hauptstadt. Das dortige Verwaltungsgericht hat entschieden, dass Zweitwohnungen von dem Verbot ausgenommen sein müssen. Aber Berlin meint es ernst: 64 zusätzliche Arbeitskräfte sollen in der Stadtverwaltung gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen. Eine Antwort auf die lokale Wohnraumknappheit.

Laissez-faire in den USA: Sharing Economy oder Vermietungszwang?

Harald Katzmair

FAS Research

Harald Katzmair

Netwzerkforscher Harald Katzmair schildert: "Es gibt Städte wie San Francisco, wo es wirklich dass Laissez-faire Prinzip gibt, wo die Aktivitäten nicht kontrolliert werden - auch hinsichtlich der Steuerabgaben, und das ist ja das eigentliche Konfliktthema. Und dann gibt es wieder Städte, wo das sehr rigide gehandhabt wird."

Auch der Netzwerkforscher begrüßt die Vorteile des günstigeren flexibleren Wohnens für TouristInnen. Aber es sei nun auch in einem Kontext zu sehen, "der nicht so fröhlich, cool und sexy ist wie die urprüngliche Idee beim Couchsurfing." Gerade in den USA zeigen sich die Schattenseiten von Airbnb und Co, nämlich dass "sehr viele sich das Leben in den Städten nur noch leisten können, indem sie ihre Wohnungen untervermieten. Das ist ganz extrem etwa in San Franzisco, wo die Leute am Wochenende zum Teil zu Freunden ziehen, damit das Geld hereinkommt, um sich die Wohnung leisten zu können. Diese Plattformen sind dann Teil einer Subsistenzökonomie, wo es um das nackte Überleben geht." Das hält auch der Tourismusdirektor von Wien für problematisch. Norbert Kettner sieht da die österreichische Bundeshauptstadt aber besser gerüstet, da 40 Prozent der Wiener Wohnungen entweder Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen sind, deren weitere Vermietung untersagt ist.

Und wie sieht es der Gründer von Airbnb selbst? Nathan Blecharczyk, kürzlich in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung, will Kooperation und spricht von "Vereinbarungen mit mehr als 200 Städten und Regionen, in deren Auftrag wir zum Beispiel die Übernachtungssteuern einsammeln und weiterleiten." Den Zwang zur Vermietung der eigenen Wohnung benützt er eher als Argument für seine Plattform: "Viele normale Menschen sind davon abhängig, ihre Wohnung ab und zu über Airbnb zu vermieten, weil sie sich sonst das Leben nicht leisten können. Deshalb sollte Berlin seine Politik überarbeiten."

Aber wie kann in Europa verhindert werden, dass auch hier, wie in den USA die Vermietung der eigenen Wohnung immer mehr zum Zwang wird? Da gilt es an ganz anderen Schrauben zu drehen, suggeriert Harald Katzmair: "Das sind komplexere Zusammenhänge. Da geht es um Gentrifikation und die Frage, wer sich das Leben in den Städten leisten kann. Da geht es um Einkommen, Löhne und vor allem um Immobilienpreise."