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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

1. 10. 2016 - 14:21

Alleine mit dem Computer

Werden uns künstliche Intelligenzen bald schon überlegen sein? In der Paralleldimension von "Event[0]" waren sie bereits in den 1980er Jahren beunruhigend klug.

Was passiert, wenn man draufkommt, dass ein Computer durchtriebener und unberechenbarer ist als so mancher Mensch, dem man nicht über den Weg traut? Schlimmer noch: Was, wenn das eigene Leben von den Launen dieses Computers abhängt?

Ein aktuelles Game widmet sich der bekannten Science-Fiction-Story über die Beziehung zwischen Mensch und künstlicher Intelligenz, wie wir sie seit dem Stanley-Kubrick-Klassiker "2001: A Space Odyssey" kennen. Das Setting des Spiels ist ähnlich: Wir sind alleine im All gestrandet und hoffen, dieser Isolation mit Hilfe des durchgeknallten Bordcomputers zu entkommen.


Diese und jene Dimension

Erst vor kurzem ist bekannt geworden, dass sich auf dem Jupitermond Europa vermutlich ein unterirdischer Ozean befindet. In der fiktiven Paralleldimension von "Event[0]" sind gegenwärtig schon zehn unbemannte Missionen zu Europa geflogen. Wir und unsere Crew sind die ersten Menschen, die dorthin gereist sind. Doch als wir ankommen, passiert ein Unglück. Die Crew muss in den Rettungskapseln flüchten - und nur wir überleben. Doch dann passiert ein kleines Wunder: In wenigen Kilometern Entfernung sehen wir ein altes Touristenraumschiff, das hier offensichtlich gestrandet ist.

Event 0

Ocelot Society

Wir borden die Nautilus, ein Schiff, das bereits Ende der 80er Jahre in Betrieb genommen wurde. Im Paralleluniversum von "Event[0]" ist nämlich seit der Mondlandung 1969 viel passiert: Die Utopie von "Star Trek" wurde in nur wenigen Jahren Wirklichkeit. Die Länder der Erde haben sich zu einer Weltregierung zusammen geschlossen und die Eroberung des Weltraums hat ungeahnte Züge angenommen. Kaizen-85, die künstliche Intelligenz auf der Nautilus und ihre Terminals sehen aber genauso aus, wie die uns bekannten Computer aus den 80er Jahren. Wir tippen unsere Befehle per Tastatur ein: "Öffne Tür", "Zeige Logbuch" oder "Schalte Projektor ein". Kaizen ist aber viel mehr als ein schlichter Steuercomputer. Sie stellt uns auch seltsame Fragen und weist uns an, den sogenannten "Singularity Drive" zu zerstören - was das ist, gilt es erst, herauszufinden.

Event 0

Ocelot Society

Wir müssen das verlassene Raumschiff erforschen und der Frage auf den Grund gehen, was hier eigentlich passiert ist. Kaizen ist dabei sowohl unser Freund als auch unser Feind. Ihre Antworten und Aktionen sind oft hilfreich, manchmal aber kryptisch und hin und wieder ausgesprochen feindselig. Sie weiß und lässt uns spüren, dass wir als Mensch im Weltall großen Gefahren ausgesetzt sind, und spielt diese Karte für sich aus. Dennoch entwickelt sich eine seltsame, enge Beziehung zu dem Computer. Kein Wunder: Ohne Kaizen gibt es auch keine Hoffnung, jemals wieder zur Erde zurückkehren zu können.

"Event[0]" von Ocelot Society ist für Windows und Mac erschienen".

"Event[0]" ist ein unkonventionelles Adventure, bei dem wir nur durch Herumbewegen, Ansehen von Gegenständen und der Kommunikation mit Kaizen Rätsel lösen müssen. Das erinnert an die alten Grafikadventures aus unseren 80er Jahren à la "Space Quest", wo man auch alle Befehle per Tastatur eingeben musste. "Event[0]" ist natürlich wesentlich intuitiver und sieht auch viel schicker aus. Das Game hat einen langsamen Spielfluss und erzeugt - vor allem wegen der Isolation und der ambivalenten künstlichen Intelligenz - eine intensive Stimmung aus Kontemplation und Beklemmung. Dank der zugänglichen Steuerung und der nicht allzu langen Spielzeit ist der Titel auch für Wenigspielende ein lohnendes Abenteuer.