Erstellt am: 30. 9. 2016 - 12:20 Uhr
Neue Locations, neue Atmosphäre!
Als Band einen der ersten Slots eines Festivals zu ergattern, hat Vor- und Nachteile. Einerseits sind die Sinne der Besucher noch nicht vom Reizüberfluss des dichten Programms überwältigt. Andererseits müssen die meisten sich aber auch erst akklimatisieren, gerade dann, wenn das Waves Vienna, Österreichs größtes Club- und Showcasefestival, ortstechnisch mit so vielen Neuerungen im Vergleich zum Jahr zuvor auffährt.
Waves Vienna
Waves Vienna Festival & Conference findet von 29. 9. bis 1. 10. im Wiener WUK und rundherum statt.
Das detaillierte Line Up findet ihr hier.
All about guitars
Der erste Act, den ich an diesem Abend live sehe, ist Jay Cooper. Kürzlich gesigned vom neuen Wiener Indie-Label Kleio war ich kurz ein bisschen verdutzt: Vorgestellt wird Jay Cooper im Programm als Sänger und Frontman seines Rock’n’Rollprojekts, aber es ist jetzt mehr der Gitarrist, der sich um die Vocals kümmert. Dass es heute noch der große Abend der sehr guten Gitarristen werden soll, ist mir erst später aufgefallen. Das war jedenfalls der Startschuss.
Das WUK Beisl ist zu dem Zeitpunkt schon gut gefüllt, die eher intime Location stellt sich als sehr geeigneter Ort fürs Showcase-Feeling heraus. Wo man Schulter an Schulter mit Barfrau und Tontechniker steht, die Bühne schlicht der Fußboden ist und die Unmittelbarkeit das Set des jungen Künstlers knackig, roh und direkt hält.
Die Idee der neuen Waves-Lokalisierung rund um das Wiener WUK war, die Besucher nicht allzu weit zwischen den verschiedenen Venues hin – und herlaufen zu lassen. Und das ist gut geglückt: allein von der Festivalzentrale aus erreicht man alle Bühnen in (sehr) wenigen Gehminuten.
Highschool-Romantik
Alex The Flipper spielt auf der Ottakringer Stage, für die eine direkt hinter dem WUK gelegene Schulaula charmanterweise in eine Festivalvenue verwandelt wurde. Kurz fühle ich mich wie mit 17 Jahren am Maturaball, diesmal ohne Blumengesteck am Arm. Die leider schwächelnde Soundqualität aber macht es mir schwer, mich nicht allzu sehr von den Visuals von brennenden Häusern und Weltraumansichten vom Set ablenken zu lassen. Vielleicht ist’s aber auch noch ein bisschen zu früh, um zu tanzen.
Patrick Muennich
Und als hätten ROBB geahnt, dass die Besucher noch nach dem ersten großen Highlight des ersten Festvialtags lechzen, schlüpfen sie eben in genau diese Rolle. Was vor gut zwei Jahren mit der ersten EP begonnen hat, ist mittlerweile wohl das beste Indiesoulprojekt Österreichs. Tightes Set, voller, glücklicher WUK-Saal, in dem sich die ersten Ohrwürmer wie „Four By Four“ zwischen den neuen Funk der kürzlich erschienenen zweiten EP „Heat“ schmiegen. Und wieder ist es die Leadgitarre: Vor allem Felix Reischl hat den Abend seines Lebens. Oder wir haben ihn, weil wir ihm zusehen - und zuhören - dürfen.
Jana Sabo
Kuschelig ist das neue super
Atmosphärisch ähnlich kompakt wie das WUK Beisl ist das WUK Foyer. Soundtechnisch stimmt hier einfach alles, was zu großem Teil auch an den sehr guten Auftritten von Totemo, einer jungen Künstlerin aus Tel Aviv und der Britin Gemma Ray liegt. Bei Letzterer schwebt ein Hauch von düsterem Western und dem Soundtrack diverser Tarantino-Filme durch die Luft (schon wieder, diese Gitarre!!). Hier hatte ich auch erstmals am gestrigen Abend das Gefühl, bei etwas dabei gewesen zu sein, das in ein paar Monaten womöglich durch die Decke gehen könnte.
Damien Richard
Vielleicht waren die Gäste nach dem ersten langen und spannenden Festivaltag dann doch schon ein bisschen ausgepowert, um zum Abschluss noch in großer Zahl in die große Halle im WUK zu kommen, wo Affe Maria noch zum Techno-Tango auffordert. Vielleicht sind sie aber auch wegen der lauen Altweiber- Spätsommernacht lieber draußen geblieben, denn im efeubewachsenen Backsteinhof des WUK ist es einfach so schön romantisch.