Erstellt am: 27. 9. 2016 - 16:13 Uhr
Der schwere Weg zum (Wunsch-)Studium
Vorlesungen, Seminare, Prüfungen. Nächste Woche beginnt für mehr als 300.000 Studierende der Uni-Alltag. Von den etwa 40.000 Studienanfängern werden allerdings viele nicht ihr Wunsch-Studium beginnen können, denn immer mehr Universitäten führen Aufnahmeprüfungen und Zugangsbeschränkungen ein, wie sie an den Fachhochschulen schon Standard sind. Und das, obwohl die Akademikerquote in Österreich mit 21% weit unterhalb des Durchschnittswertes der OECD-Staaten von 33% liegt.
Zuletzt wurde etwa im Fach Informatik an der TU-Wien eine Aufnahmeprüfung eingeführt um die Zahl der Studentinnen und Studenten auf maximal 600 zu reduzieren – obwohl in Österreich ein Mangel an Informatikern herrscht.
„Salamitaktik“ der Uni Wien
Um die Plätze in Psychologie, Medizin, Publizistik, Biologie oder Pharmazie rittern jeweils mehrere tausend Studierwillige. Die Universität Wien beschränkt mittlerweile insgesamt zwölf Studienrichtungen. Kritisiert werden die Beschränkungen unter anderem von der Österreichischen HochschülerInnenschaft. „Wir machen immer drauf aufmerksam, dass das Ministerium und die Universität Wien versuchen, scheibchenweise mit Salamitaktik ein Studium nach dem anderen zu beschneiden. Momentan machen sie das in so kleinen Häppchen, dass es den Studierenden gar nicht auffällt.“, sagt die Vorsitzende der ÖH-Wien Karin Stanger. Wären in ganz Österreich zeitgleich Aufnahmeprüfungen eingeführt worden, wäre es laut Stanger leicht gewesen, dagegen zu mobilisieren: „Dann wäre der Audimax sofort wieder besetzt.“
© ÖH-Wien
Neben der Aufnahmeprüfung gebe es auch andere, versteckte Zugangsbeschränkungen, wie etwa die Studieneingangsphasen. Nach dem ersten Semester würden dabei schwere Prüfungen die Zahl der Studierenden reduzieren, sagt Karin Stanger: „Die Universitäten machen das schon seit Jahren so, dass sie Knock-Out-Prüfungen, Self-Assessment-Tests, Aufnahmeprüfungen oder eben die schwierigen Studieneingangsphasen machen, um den Weg zum Studium zusätzlich zu erschweren.“.
Kein einheitliches System
Die Zulassungsbeschränkungen wurden in Österreich zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit verschiedenen Motiven eingeführt. Den Aufnahmeverfahren fehlt daher eine einheitliche Struktur. Der Bildungsexperte Michael Unger hat deshalb die Plattform „aufnahmeprüfung.at“ ins Leben gerufen. „Ich glaube früher oder später wäre die Politik gut beraten ein einheitliches System einzuführen. Derzeit gibt es sehr unterschiedliche Arten von Aufnahmeverfahren und wenig Transparenz für die Maturanten.“, so Unger.
Dass Studien beschränkt werden müssen, sei vorwiegend ein Geldproblem. Selbst wenn die angehenden Studierenden einen Studienplatz ergattern, sei das allerdings noch lange keine Garantie, dass auch genügend Ressourcen zu Verfügung stehen würden. Auch in beschränkten Studien gebe es etwa überfüllte Hörsäle und zu wenige Plätze in Seminaren. Da könne man laut Unger gleich auf das Aufnahmeverfahren verzichten und es beim "alten System" mit Knock-Out-Prüfungen nach dem ersten Semester belassen. Beide Varianten wären darauf ausgelegt die Zahl der Studierenden zu reduzieren.
© APA/Barbara Gindl
Hürdenlauf zum Studium
Die erste Hürde im Aufnahmeverfahren ist eine rechtzeitige Bewerbung. Viele Fristen würden oft lange vor den ersten Maturaterminen enden, kritisiert die ÖH-Wien Vorsitzende Karin Stanger: „Die Schülerinnen müssen sich schon im Mai entscheiden welches Studium sie im Herbst an der Uni Wien beginnen möchten. Man nimmt ihnen da bewusst viel Zeit weg, in der sie Messen besuchen oder mit Freunden und Verwandten reden könnten.“
Die Teilnahme an einer Aufnahmeprüfung an einer österreichischen Universität kostet 50 Euro. Das wirke abschreckend. Tatsächlich sind an der Universität Wien etwa nur sieben von zwölf geplanten Aufnahmeprüfungen durchgeführt worden, da die Anmeldungen unter den Erwartungen geblieben sind. Dass die bereits bezahlten 50 Euro für die Aufnahmeprüfung nicht rückerstattet werden, auch wenn die Prüfung gar nicht stattfindet, ist für Karin Stanger „die nächste Frechheit“.
© APA/Roland Schlager
Nicht überall gleich schwer
Wie schwierig sich die Hürde „Aufnahmetest“ darstellt, hängt von mehreren Faktoren ab. Je nach Studium und Universität variiert der Vorbereitungsaufwand und das Verhältnis Bewerber pro Studienplatz. Für das Medizinstudium bewerben sich etwa jedes Jahr mehr als 14.000 angehende Studierende. An der Medizin-Uni in Graz stehen die Chancen auf einen Studienplatz bei 7:1, in Wien bei 8:1, in Innsbruck bei 9:1 und in Linz bei 6:1.
Neben den Gesundheitsberufen wie Medizin, Pharmazie oder Gesundheits- und Krankenpflege sind übrigens Studienplätze in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und im Psychologie-Studium besonders begehrt.
FM4 Auf Laut: Wozu studieren?
Am Dienstag ab 21:00 widmet sich FM4 Auf Laut der Frage, wozu man noch studieren soll? Arbeitslose AkademikerInnen und erfolgreiche StudienabbrecherInnen – zwischen diesen Klischees gibt es Hunderte unterschiedliche Wege, die Uni für sich zu nutzen. Studieren ist immer weniger Selbstzweck und immer mehr Berufsvorbereitung. Aber wer weiß schon am Anfang des Studiums, als was sie oder ihn die Uni am Ende wieder ausspuckt?
Wie haben sich deine Erwartungen im Lauf des Studiums verändert? Welche Wege hast du eingeschlagen? Braucht es die Uni überhaupt, um beruflich und im Leben erfolgreich zu sein? Wir diskutieren in FM4 Auf Laut mit Studierenden, AbsolventInnen und jenen, die Alternativen zum Studium für sich gefunden haben.
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