Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. Tuesday Edition, 27-09-16. "

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

27. 9. 2016 - 15:37

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 27-09-16.

Sie haben keine Möglichkeiten und müssen sie trotzdem nützen: der ÖFB vorm Doubleheader gegen Wales und Serbien.

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Heute mit dem traditionellen Bericht anlässlich einer ÖFB-Kaderbekanntgabe, diesmal für den "Doubleheader" (Copyright Leo Windtner) gegen Wales und Serbien.

Tor: Robert Almer (Austria), Ramazan Özcan (Bayer Leverkusen/D), Andreas Lukse (Altach). Auf Abruf: Heinz Lindner (Eintr. Frankfurt/D).

Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), Aleksandar Dragovic (Leverkusen/D), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG),
Martin Hinteregger (Augsburg/D), Markus Suttner (Ingolstadt/D), Valentino Lazaro, Stefan Stangl (RB Salzburg). Auf Abruf: Andreas Lienhart (Altach), Michael Madl (Fulham/ENG), Stefan Lainer, Andreas Ulmer (RB Salzburg).

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Leverkusen/D), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Alessandro Schöpf (Schalke/D), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (Hannover/ D), Louis Schaub (Rapid). Auf Abruf: Stefan Schwab (Rapid), Guido Burgstaller (Nürnberg/D), Jakob Jantscher (Rizespor/TUR), Florian Kainz (Werder Bremen/D).

Angriff: Marc Janko (Basel/SUI), Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D). Auf Abruf: Karim Onisiwo (Mainz/D), Deni Alar (Sturm).

Angeschlagen und nicht nominiert ist Rubin Okotie (Beijing EG/CHN).

Auf Abruf und gleichzeitig bei der U21 sind Daniel Bachmann (Stoke /ENG) und Florian Grillitsch (Werder Bremen/D).

Rücktritt: Christian Fuchs (Leicester City/ENG).
Am Altenteil: Alexander Manninger (Liverpool/ ENG), Michael Gspurning, Emanuel Pogatetz (Union Berlin/D), Andreas Ivanschitz (Seattle/USA), Christoph Leitgeb (RB Salzburg), wohl auch Veli Kavlak (Besiktas/TUR) und György Garics (aktuell vereinslos).

Unangefragt ist Ashley Barnes (Burnley/ ENG). Neu beim Kosovo: Sinan Bytyqi (Go Ahead Eagles/NED) - es könnten Adthe Nuhiu (Sheffield Wed/ENG) und Ylli Sallahi (Karlsruhe/D) folgen. Neu bei Australien: der in Wien geborene James Jeggo (Sturm).

Verletzt sind Georg Margreitter (Nürnberg/D), Philipp Schobesberger (Rapid).

In möglicher Kader-Reichweite befinden sich noch Jörg Siebenhandl (Würzburg/D), Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Christopher Dibon (Rapid), Lukas Spendlhofer (Sturm), Alexander Grünwald (Austria), Alexander Gorgon (Rijeka/CRO), Kevin Stöger (Bochum/D), Michael Liendl (1860/D), Robert Zulj (Fürth/D), Andreas Weimann (Derby County/ENG), Marco Djuricin (Ferencváros/ HUN).

Nun kommt nach dem Quali-Auftakt gegen einen der schwächeren Gegner, zu dem alle fit und viele stammspielend waren also der Elchtest gegen die starken Kontrahenten; und jetzt sind einige gar nicht mehr fit oder stammspielend. Und es gibt kaum Zeit für Seelenmassage oder gar echtes taktisches Training - der Schedule (Montag kommt das Team zusammen, Donnerstag und Sonntag spielt es bereits) ist zu eng.

Man fühlt sich, auch wegen der entsprechenden An/Aussagen des Teamchefs an die Frühzeit, an Koller I, an '12/13 erinnert; als die Legionäre noch großteils an der Kippe standen, als eine Startelf in einer großen Liga noch die Ausnahme und nicht die Regel war.

Das ist einerseits erschreckend, gibt aber auch Hoffnung, dass nämlich die "trotzdem"-Gefühligkeit von damals wieder hochkommt.

Außerdem: so riesig und umfassend sind die Krisen dann auch wieder nicht. Der Stamm-Check sagt nämlich:
Noch sind die, die gut drauf sind, in einer zarten Mehrheit. Alaba sowieso, nach Anfangsschwierigkeiten auch Hinteregger, Prödl als Team-der-Woche-Mann, Junuzovic, trotz der Werder-Krise, Sabitzer & Ilsanker, wie immer Arnautovic und Kollers heimlicher Liebling Alar. Dazu kommt die Abteilung "gehtso" mit Klein, Suttner, Harnik, Gregoritsch und Lazaro. Nur auf der Ersatzbank kümmern Wimmer, Hinterseer, Onisiwo, Schöpf, Özcan und vor allem Kapitän Baumgartlinger, echt in der Krise sind Almer, Dragovic und Janko. Aufspielen täten derzeit Burgstaller, Gorgon oder Kevin Stöger.

Die tut sich Koller auch deshalb aktuell nicht an, weil er nur eineinhalb Trainingseinheiten zur Verfügung hat und hauptsächlich Regeneration und Psychologie einsetzen wird.

Immerhin: die Baustelle Außenverteidiger (die es offiziell nicht gibt, eh klar) erfuhr einen Teil ihrer dringend nötigen Bearbeitung.

Es gab sogar zweifache Bewegung: zum einen wurde Lazaro bei Salzburg endlich (ich behaupte: nach einem Gespräch zwischen Koller und Oscar, der Beantwortung meiner Frage entzog sich Koller vielsagend) als Rechtsverteidiger eingesetzt (eine alte, auch schon im #fußballjournal aufgebrachte Idee), und so hat der Teamchef also zusätzlichen Anschauungsunterricht bekommen. Die Maßnahme war auch deshalb von Dringlichkeit, weil bei Florian Klein, der aktuellen Nummer 1 auf dieser Position, Abstellungsprobleme auftauchten (deutsche zweite Liga, Montag-Spiel) und da immer die Gefahr besteht, dass sich ein Spieler "verletzt" meldet um dem Druck des Zerriebenwerdens zu entgehen.

Zum anderen hat sich der vormalige Schweizer U21-Spieler Moritz Bauer, der über ein entsprechendes österreichisches Elternteil verfügt, angeboten. Und auch er ist ein Rechtsverteidiger, hinter Lichtsteiner, Lang, Morganella und Hadergjonaj die gefühlte Nummer 5 im Ranking der Eidgenossen. Koller strich die ihn wenig interessierende Langfristigkeit der Sache hervor; Er behilft sich anders: links etwa mit Stefan Stangl, der in Salzburg keinen Fuß auf den (Stamm)Platz kriegt, aber im Kader steht, während seine Mitspieler Ulmer und Lainer alibiabrufnominiert sind.

Bei den drei Salzburger Außenverteidigern Ulmer, Stangl und Lainer lohnt ein direkter Einsatzzeiten-Vergleich. Ulmer kommt auf 13 Spiele (6 mal Meisterschaft, 7 mal International), Lainer spielte 8x Meisterschaft, 2x Cup und kam in Europa nie in der Startelf, sondern fünfmal von der Bank. Stangl kommt auf 3 Meisterschafts- und 2 Cupspiele, der Rest verteilt sich auf den aktuell verletzten Schwegler (6 mal in Europa) und Neuling Wisdom (1 Einsatz). Oscar setzt also gezielt auf Ulmer, Stangl ist deutlich nur Back-Up. Rechts würde Schwegler spielen, Lainer ist da nur als Springer vorgesehen.

Koller schert das wenig. Er setzt auf Stangl, weil der (Subtext: die anderen halt nicht) das Potential für die Nati hat. Das habe sich im letzten Lehrgang gezeigt, vor allem was die Anpassung ans höhere Tempo betrifft; da will er über drei, vier Tage Intensität sehen und Stangl habe ihm die gezeigt. Punktum. So ähnlich hat Koller schon viele Kaderspieler begründet, deren Qualität nicht allen auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Die Mainstream-Medien konzentrierten sich auf die Frage ob Deni Alar eine Berufung erhält (das ist so ein Klassiker, die Lobbys für die heimischen Groß-Vereine betreiben das als Folklore, ganz egal wie stark die Liga gerade ist; zum Vergleich: Serbien hat keinen einzigen Spieler seiner Liga nominiert) - wiewohl davon auszugehen war, dass (wegen der bereits erwähnten Argumente) zumindest Onisiwo und Burgstaller noch vor ihm stehen, was Wissen und Beherrschung des Kollerschen Systems betrifft.
Dass der Schweizer Alar schätzt, ist angesichts der Abruf-Geschichte Alars (er wurde auch zu Zeiten nominiert, wo ihn die Lobbys nicht auf der Rechnung hatten), klar. Und sollte neben Janko (dessen Nominierung/Einsatz nach seiner Verletzung nicht fix ist, hängt alles von der Entwicklung in den nächsten Tagen ab) noch eine Offensivkraft ausfallen, dann fährt Alar eh mit nach Serbien.

PS: Die Nationalmannschaft der Stunde ist eine andere - die der ÖFB-Frauen, die sich in einem (leider übertragungslosen) Match in Wales für ihr erstes Groß-Turnier qualifiziert haben, die Euro 2017. Die Entwicklung, die diese Mannschaft seit 2010 genommen hat, skizziert ballverliebt.eu hier übersichtlich und pointiert, die Parallelen zu den Herren sind unübersehbar: konzentrierte, langfristig orientierte Arbeit, ein Trainerteam außerhalb der ebenso mafiösen wie an Entwicklung desinteressierten Ex-Teamspieler-Strukturen, ein gezielt aufgebautes Narrativ, eine Spielphilosophie mit mehreren taktischen Varianten, ein Plan B, Förderungsprogrammen im Nachwuchs, eine daraus entwickelte sehr junge Mannschaft, Aufbau von Legionärinnen in besseren Ligen, und ein fixes personelles Gerüst.

Die ersten Stützen waren Wenninger, Schnaderbeck, Prohaska, Puntigam, Feiersinger, Makas und Burger, in weiterer Folge kamen dann Tieber, Kirchberger, Eder, Zinsberger, Maierhofer, Schiechtl, Aschauer, Pöltl, Koren und vor allem Zadrazil dazu; und die nächste Generation (mit Billa, Dunst, Naschenwang, Georgieva oder Aufhauser) schnuppert auch schon rein. Im internationalen Vergleich sind die Damen derzeit noch weiter weg von der absoluten Spitze als die Herren, relativ gesehen kratzen sie aber an den Top 10-12 in Europa. Und das nachdem sie vor zehn Jahren noch im Nirgendwo dahingegrundelt sind. Diese vergleichsweise rasanten Entwicklung ist mehr als Fingerzeig für alle, die sich mit Erreichtem zufriedengeben.