Erstellt am: 25. 9. 2016 - 10:11 Uhr
Treffen am Reeperbahn Festival
Von Club zu Club ziehen und dabei entweder alte oder neue Lieblingsbands entdecken. Der Traumzustand vieler Konzertgeher. Unterwegs auf den Straßen Hamburgs trifft und hört man während dem Reeperbahn Festival natürlich auch die beschäftigten Musikarbeiter_innen, wie sie sich über den neuesten Branchen-Gossip oder aktuelle Trends austauschen. Es werden Vergleiche angestellt zwischen Bands in ihren vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Lebensphasen. Die Frage aller Fragen hier am Reeperbahn Festival ist nämlich: Werde ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um jene Band zu sehen, von der in den nächsten Jahren alle reden werden? "Kannst du dich erinnern, damals, als Adele hier war?" "Ich schau mir gleich Isaac an", hör ich auch. Aber welchen? Jake oder Jamie Isaac oder Isaac Gracie? Man hört Labelmacher über ihr neues Signing ("2 HipHopper, die Schlager machen!") reden und sehr oft hört man auch: "Es klingt wie…" Ja wie genau? Diese und andere Fragen hab ich den sechs Bands gestellt, die ich hier am Reeperbahn Festival getroffen habe.
Robbing Millions
Die Mitglieder der Band leben in Brüssel, kommen aber nicht nur aus Belgien, sondern auch aus Holland, Frankreich und Österreich. Vielleicht würde man Artrock dazu sagen, solch einer wie der von Animal Collective oder Clinic. In ihren Augen und Ohren ist es natürlich Popmusik: "If Mozart and Rihanna had a baby that was raised by Kurt Cobain", meint die Band auf die Frage, wie sie ihre Musik einem Fremden erklären würden. Das passt doch ganz gut.
FM4 / Susi Ondrusova
Erfolg heißt für Robbing Millions übrigens: lange auf Tour sein zu können. Nicht nur 3 Shows hintereinander spielen, sondern 30 und am besten auch auf drei Kontinenten. Erster Schritt, um der Band zu helfen, da hin zu kommen: ihr neues selbstbetiteltes Album anhören!
Avec
Am Release Tag ihres Debütalbums ist Avec nach Berlin geflogen. 24 Stunden später gibt die oberösterreichische Musikerin Interviews in Hamburg, wird ein kurzes Set Openair spielen und in der Großen Freiheit ihre brandneuen Songs vorstellen. Beim Studium hat sie zur Zeit auf die Pause-Taste gedrückt, unter anderem weil es sich mit der kommenden Herbst-Tour einfach "nicht ausgehen würde". Avecs Debüt-Album heißt "What If We Never Forget".
FM4 / Susi Ondrusova
Avec live:
- 30.9. Waves Vienna
- 6.10. Weekender Innsbruck
- 7.10. Spielboden Dornbirn
- 8.10. manic street parade, München
- 20.10. Orpheum Graz
- U.a.
Die Sängerin verrät über das Thema vom Album: Ich bin ein Mensch, ich kann nicht gut über Gefühle reden. Ich verarbeite Geschichten, die mir passieren, in meinen Songs. Ich tu mir leichter darüber zu schreiben. Das Album ist eine große Geschichte und jeder einzelne Song trägt dazu bei. Für mich ist es so: Man kann Sachen verdrängen, man kann versuchen nicht mehr daran zu denken, aber man kann einfach nicht vergessen, auch wenn man sich noch so sehr bemüht, man kanns nicht!" Wie sehr man sich wiederfindet oder durch ihre Songs auch an Menschen und Situationen erinnert wird – das wünscht sich Avec, möge jeder und jede zuerst für sich heraushören. Musik braucht nicht immer ein Beipackzettel.
Jagwar Ma
Vor keinem Wort hab ich mehr Angst als vor dem "Jammen". In meiner (wahrscheinlich falschen!) Vorstellung muss das ein bisschen so sein wie Bildhauer sein, aber mit verbundenen Augen in einem Raum herumirren auf der erstmaligen Suche nach Materialien, aus denen man sich überhaupt etwas zusammenkleistern könnte.
FM4 / Susi Ondrusova
Also hab ich mir vom australischen Trio Jagwar Ma, die sich mit ihrer Vorliebe für lange Unterwäsche gerne mit Nirvana vergleichen, das mit dem Jammen mal genauer erklären lassen:
"What a lot of people might think is that it trivializes the process. Like 'We just kind of hang out and the stuff comes!' but unfortunately or fortunately depending on how you want to look at it: that is the case! It is just another tool! It doesn’t necessarily mean you're going to write the next brilliant song but sometimes you can go for hours doing that. There is that meditative thing. I don’t think it's something that should be taken like… stupid. It is stupid but it's not.”
Slow Show
Ein Quintett aus Manchester, mit ihrem orchestriertem Indie-Rock und der tiefen Bariton-Stimme des Sängers, hat diese Musik mehr mit den Tindersticks gemeinsam als mit Bands in ihrer Heimatstadt. (Elbow vielleicht ein wenig ausgenommen!)
FM4 / Susi Ondrusova
Angesprochen darauf, wie sie ihre Musik beschreiben würden, meint Sänger Rob: "It's quite an oldfashioned band that tells stories about our lives and they're personal and they're honest and they're genuine and we hope that people find them emotive. We hope that our music makes people feel something. That's basically it. It's quite hard to explain that without sounding pretentions but that is the honest answer. "
Ihr neues Album wird "Dream Darling" heißen. Ein Abschieds-Album über Beziehungen, die keine mehr sind. Oder über den Tod, über die Beziehung zu den Eltern und umgekehrt, wie der Song "Ordinary Lives zum Beispiel.
Deep Vally
Vielleicht die beste Band des Festivals. RocknRoll. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Nach dem Debüt "Sistrionix" haben Deep Vally nun für das Nachfolgealbum den Titel "Femejism" erfunden.
FM4 / Susi Ondrusova
Es gibt einen Manifest-Song namens "Smile More", einen Song über Jon Benet Ramsey und einen Track, in dem "Critic" auf "Cynic" gereimt wurde. In "Critic" rechnen die beiden mit Online-Trolls ab: "It's about venting about just everyone. It's so easy for people to write really nasty stuff online and people have more of a tendancy to comment on something if they have a bad response than a good response and it's just that the whole nature of the internet. Just ignore it! Not ignoring it gives it power!” ist der Ratschlag, den mir Lindsey und Julie mit auf den Weg geben.
Conner Youngblood
Conner Youngblood live
- 28.9. Fluc Wien
- 29.9. Rockhouse Salzburg
Ja, das ist sein echter Name. Und wenn er gefragt wird, welche Musik er mache, dann nennt er eine Band, die das gegenüber auch kennt: "Do you know Coldplay? Imagine that but not really like that." Der 25-jährige Musiker war vor kurzem das erste Mal "rockclimbing", wie er im Interview erzählt. Während der Schule war er im Wrestling Team, Skateboarden kann er mindestens so gut wie gehen.
FM4 / Susi Ondrusova
Das Instrumente erlernen war für Conner Youngblood eigentlich auch ein Sport: "Growing up - it was the same way where you want to play every sport there was, because all sports are fun. And all instruments are fun, so why choose one!” Und so hat der Musiker zwischen 30 und 40 Instrumente in seinem Zuhause in Nashville. Richtig wohl fühlt er sich mit Klavier, Gitarre, Banjo.
Conner Youngblood ist zwar Generation Soundcloud, aber trotzdem nennt er als ein großes Ziel seiner Musikkarriere: ein Album veröffentlichen. "That'd be a very nice successful thing to do. It'd be nice if people enjoyed the album, it'd be also nice if people came to shows and wanted to listen to the music after the album. Then I could tour the whole world and people just liked it and wanted me to make another album!” meint der Musiker und spricht das aus, was wohl die meisten der am Reeperbahn Festival aufgetretenen Bands, sich denken.