Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Schafe zählen war gestern"

Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

23. 9. 2016 - 18:30

Schafe zählen war gestern

Jetzt werden Sorgen gezählt, Krankheitsherde eingezeichnet oder seelische Schmerzen ausgebreitet. Nicolas Mahler beunruhigt mit seinem Mitmachwerk: "Das kleine Einschlafbuch für Große".

Eigentlich wäre die Schlaferei ja ganz einfach:
Ins Bett.
Augen zu.
Schlafen.
Manche können das. Andere können nicht einschlafen. Ein Problem nach dem anderen drängt sich auf. Oder noch ärger – der gleiche Gedanke dreht sich im Kreis – stun.den.lang.

Cover zu Mahlers Einschlafbuch: Bett mit drin liegender Person, dahinter furchteinflößender Umriss eines Monsters

Suhrkamp

Außerdem wollte er einen Bestseller machen, gesteht Mahler. Er habe in Buchhandlungen geschaut, was sich gut verkauft. "Ah, Kreativ-Mitmachbücher."

Hier setzt nun "Das Einschlafbuch für Große" ein. Eine Art Selbsttherapie des Zeichners Nicolas Mahler.
"So funktionieren meine schlaflosen Nächte – so wie dieses Buch aufgebaut ist. Also mit diesen sich immer im Kreis drehenden Problemen oder sogar dem Finden neuer Probleme, wenn man grad so viel Zeit hat in der Nacht."

Folglich soll man auf der ersten Mitmachseite seine Sorgen zählen. Man blättert um und muss erkennen "Du brauchst mehr Platz? Hier haben wir noch eine Seite für dich!" Schön.
Dann gleich weiter zum Einzeichnen möglicher Krankheitsherde im Körper und dem umgehenden Googeln der Symptome (als hilfreiche urls werden neben netdoktor, www.es-sieht-nicht-gut-aus.at, www.bestimmt-ist-es-krebs.net oder www.we-all-have-to-die.org angeboten).

Zeichnung: Liegende Person. Text: Liege still, horche auf deinen Körper und erspüre mögliche Krankheitsherde! Zeichne sie ein!

Suhrkamp

Und so geht es zügig weiter.
Seelischer Schmerz, Weltschmerz, Schuldgefühle.
Natürlich ist auch Platz für Träume bzw. deren Deutung – zwischendurch kann man mal einen Trauermarsch komponieren, einen guten Namen für Schlaftabletten erfinden, diverse Meditations- und Atemübungen machen, Vierecke und Zahlen anstarren, Hotelberwertungshaikus schreiben und Schriften vervollständigen. Mandalas dürfen natürlich auch nicht fehlen – in diesem Fall sind spielende Delphine vorgegeben und man muss das Mandala drumherumzeichnen. Zu guter Letzt hilft auch ein Lied summen: "Wind Of Change", "Final Countdown" oder "Something Stupid."

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Das Buch habe einen Logikfehler, gesteht Nicolas Mahler - es sei nicht beruhigend, sondern beunruhigend. Aber mit etwas gutem Willen kann man die Einschlafprobleme ja auch positiv sehen. "Schlaflose Stunden sind doch eigentlich Bonus-Lebenszeit. D.h., die könnte man ja dann gewinnbringend nutzen. Z.B. nochmal Licht machen und irgendetwas lesen. Nur leider ist es dann so, dass man doch müde ist und lesen auch nicht schafft und dafür gibt’s jetzt dieses Buch. Weil das ist so anspruchslos, das kann man sogar müde lesen."

Na dann - Gute Nacht!