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21. 9. 2016 - 13:38

EuGH-Urteil zu offenen WLAN-Netzen

Abmahnkosten und Schadenersatz für Betreiber offener WLAN-Hotspots sind bei erstmaligen Urheberrechtsverletzungen unzulässig, sagt der EuGH - aber bei wiederholten Verstößen gibt es einen Haken.

In Österreich existieren viele offene WLAN-Hotspots. Die Stadt Wien hat sie z.B. in diversen Parks und auf der Donauinsel eingerichtet, Kaffeehäuser und Restaurants bieten sie im ganzen Land an, Schwimmbäder und Geschäfte locken Gäste mit freiem Internetzugang. Offenes WLAN ist zwar unsicher, aber eben auch praktisch, wenn man unterwegs ist und einen schnellen Internetzugang braucht. Aber müssen Anbieter von offenen WLANs dafür haften, wenn User illegale Dinge in ihrem Netzwerk tun? Dazu hat der Europäische Gerichtshof Anfang der Woche ein Urteil gesprochen.

Free Wifi-Schild

CC BY 2.0 von flickr.com/wfryer/

Der Betreiber eines offenen WLAN-Hotspots muss nicht grundsätzlich für Urheberrechtsverletzungen anderer haften - allerdings kann bei wiederholten Rechtsverletzungen von ihm verlangt werden, den Zugang durch ein Passwort zu sichern und die Identität der Nutzer festzustellen. So kann man das Urteil des EuGH zusammenfassen, das mithilfe zahlreicher Querverweise auf vorhergehende Gerichtsprozesse und bestehende EU-Richtlinien formuliert ist.

Ausgangsfall für das EuGH-Urteil war eine Klage von Sony Music gegen Tobias McFadden, Inhaber eines Geschäfts für Ton- und Lichttechnik und Politiker der Piratenpartei Bayern. McFadden hatte ein offenes WLAN in seinem Geschäft. Ein User lud darin ein Abum der Band Wir sind Helden hoch. Sony klagte. Denn in Deutschland galt zu diesem Zeitpunkt noch die sogenannte Störerhaftung: WLAN-Betreiber waren verantwortlich für die Rechtsverletzungen der User – aus diesem Grund gab es in Deutschland bisher kaum offene WLANs, dafür aber viele Anwaltskanzleien deren Hauptgeschäft der Versand teurer Abmahnbriefe war. Kuriosum am Rande: Die strenge deutsche Störerhaftung war zum Zeitpunkt des jetzt gefällten EuGH-Urteils bereits Vergangenheit, denn der deutsche Bundestag hat sie im Juni abgeschafft. Vor dem Europäischen Gerichtshof war das aber nicht relevant.

Tobias McFadden wollte die 800 Euro Schadenersatz, die er Sony Music aufgrund der alten Störerhaftung bezahlen sollte, jedenfalls nicht hinnehmen. Laut EU-Recht gibt es bei derartigen Fällen nämlich eine Haftungsbeschränkung. Diese Haftungsbeschränkung sieht der EuGH als erfüllt an, weil McFadden die Übermittlung der Musikdateien nicht selbst veranlasst hat. Ganz aus der Verantwortung lässt der EuGH den WLAN-Anbieter aber nicht: Der Urheber – also Sony Music – könne in einem solchen Fall beantragen, dass der WLAN-Betreiber solche Vorfälle in Zukunft verhindert, indem er den Zugang mit einem Passwort versieht und bei Herausgabe einen Ausweis vom User verlangt.

Tobias McFadden sieht das EuGH-Urteil als Teilerfolg, aber es bleibe hinter den Erwartungen zurück und lasse nicht auf eine schnelle Verbreitung von freiem WLAN quer durch Europa hoffen. McFadden wünscht sich einen möglichst niederschwelligen Zugang zum Internet. Wenn aber Konzerne das Recht hätten, Betreiber offener Hotspots zum Einrichten eines Passworts zu zwingen, werde der Zugang erschwert.

Auch für Österreich hat das Urteil Konsequenzen: Hierzulande gibt es keine Abmahn-Industrie wie in Deutschland, und weil es eine Störerhaftung nach deutschem Vorbild hier nie gab, existieren viel mehr WLAN-Hotspots. Der EuGH hat den Urheberrechts-Inhabern nun zwar Abmahnungen und Schadenersatzforderungen erschwert, ihnen gleichzeitig aber die Möglichkeit eingeräumt, WLAN-Betreiber, in deren Netzen geschützte Dateien verbreitet werden, zu Passwort- und Ausweispflicht ihrer User zu zwingen. Das gilt zukünftig in der ganzen EU und damit natürlich auch in Österreich.