Erstellt am: 25. 9. 2016 - 06:00 Uhr
Von A nach B
Den indischen Verkehr braucht man sich nicht schönreden, ähnlich wie den Verkehr in anderen Megalopolis dieser Welt, sei das Beijing, Sao Paulo oder London. Ich befinde mich, hat mir eine schnelle Recherche ergeben, hier in Chennai in der Unfallhauptstadt des Landes. In keiner anderen Stadt passieren so viele Unfälle mit tödlichem Ausgang. Die Ursachen sieht man, wenn man einmal mit einer Motor-Rikscha fährt: der Fahrer schlängelt sich in absurden Manövern durch den Verkehr und drängt Motorräder und manchmal auch Größeres ab. Die Busse brettern laut hupend (aber niemals bremsend) über die Straßen. Und niemand trägt einen Helm oder schnallt sich an, obwohl große Werbetafeln auf die Vorschrift hinweisen.
Ich bin als Teil des Medienbotschafter_innen-Programms der Robert-Bosch-Stiftung für 3 Monate in Indien. Im ersten Monat in Chennai, am ACJ. Dann für 2 Monate in Mumbai, um bei der Tageszeitung The Hindu mitzuarbeiten.
Ich gehe meine zweieinhalb Kilometer zum College jeden Tag zu Fuß. Es ist die einzige Möglichkeit, halbwegs abschätzen zu können, wie lange ich für diese Strecke brauchen werde. Denn mit den vielen Staus kann man nie sagen, wie lange man wirklich mit einem motorisierten Gefährt von A nach B braucht. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es kaum, nur eine Art S-Bahn, die mir hier für meine Strecke aber nichts bringt. So trotte ich im Gänsemarsch mit Damen im Sari oder jungen Studenten im Slalom zwischen Straßenhunden über löchrige Gehsteige – so sie denn existieren.
Wenn ich zu Fuß gehen will lachen die anderen Inder_innen vom College über die lustigen Europäer_innen. Weil wer hier Geld hat, hat entweder sowieso einen Fahrer oder nimmt ein Taxi. Die Preisunterschiede sind enorm: 4 Stationen mit dem City Train kosten 5 Rupien (ca. 6 Cent) – die gleiche Strecke innerhalb der Stadt mindestens 150 Rupien (2 Euro). Im Gegensatz dazu kostet wieder eine Fahrt nach Mamallapuram - 30 km außerhalb der Stadt - mit dem Bus 37 Rupien (ca. 50 Cent).
Internet Fahrtdienste
Die Studis vom ACJ haben Geld, sie fahren Taxi: „We mostly depend on cabs here, most of the sutdents do, when we go out and shoot for example“, sagt TV-Studentin Vedanshi. Zum College brauchen sie nicht lang, weil das Studentenheim ist direkt am Campus. „But during office hours traffic is really bad, sometimes it takes the cab one hour to reach here, when it says five minutes.“
FM4/Irmi Wutscher
Internetbasierte Fahrtdienste wie Uber – oder die lokale Version OLA – haben den Taximarkt in Indien komplett übernommen, so scheint es. Und klar, so weiß man vorher wie viel es kosten wird, ein nicht unwesentlicher Faktor. Denn auch die Studentinnen vom ACJ, die aus Delhi kommen, berichten, dass sie den dreifachen Preis bezahlen, weil sie kein Tamil sprechen (die lokale Sprache, mehr dazu bald!). Vo allem für alleinfahrende Frauen ist es aber auch ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsfaktor, dass Name, Nummernschild und Telefonnummer des Fahrers offenliegen. „I prefer uber and OLA, because they are much safer to use, than let's say trains“, sagt TV Studentin Manasvi. „We can share our location and people can track us.“
Gerade nach den vielen aufsehenerregenden Vergewaltigungen der letzten Jahren und auch, weil die Gewalt gegen Frauen steigt, sind viele Eltern und Familien besorgt, Mädchen und Frauen außer Haus gehen zu lassen. Da werden Online-Fahrtendienste noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet, als in Europa, wo es in der Diskussion eher um Datenschutz und um die Aushebelung von Arbeitsrechten geht.