Erstellt am: 18. 9. 2016 - 13:02 Uhr
Die Primetime Emmy Awards
Die beste Comedy-Show der vergangenen Saison ist "Black-ish" sicherlich nicht. Dabei aber doch einer der beiden Favoriten für den Emmy in der Sparte "Outstanding Comedy Series": Die Show ist ein aufpoliertes Update der klassischen Familien-Sitcom, breitenwirksam, hochpopulär – vor allen Dingen wäre der Gewinn in dieser Kategorie der erste seit 31 Jahren – und erst der zweite überhaupt – für eine Show, die sich fast ausschließlich um afroamerikanische Charaktere dreht. Die erste ist klarerweise "The Cosby Show" gewesen.
"Black-ish" zeigt das Leben einer Familie, die es aus sozial ungünstigem Background in die upper-middle-class geschafft hat, in eine schicke Wohngegend, in der sonst vornehmlich Weiße wohnen. Die Eltern sind um die Vierzig und wollen freilich den vier Kids noch als cool gelten, Vater André ist in der Werbebranche tätig, Mutter Rainbow Ärztin.
André kann es gar nicht riechen, wenn er im Job und im Privatleben auf einen angeblich "schwarzen" "Lifestyle" festgenagelt wird, der heutzutage noch dazu "Urban" genannt wird. Gleichzeitig will er aber eben auch nicht, dass sein Lifestyle ausgebeutet und verwässert wird, ständig muss er seinen Kindern Nachhilfe in afroamerikanischer Kultur und Geschichte geben.
Black-ish
So spielt "Black-ish" mit Vorurteilen und Klischees von allen Seiten, bearbeitet agil die Themen Politik, Rassismus, Weihnachten, Religion und die üblichen Sitcom-Motive: Schwiegereltern-Troubles, missglückter Valentine's Day, Halloween, die Angst vorm Erwachsenwerden der Kinder, Family Values. Oft ist das altbacken, abgegriffen und nervig, oft guter, blöder Spaß und gibt den alten Geschichten neuen Twist.
Auch ist der als bester Hauptdarsteller nominierte Anthony Anderson sicherlich nicht der beste Schauspieler aller Zeiten, dabei doch auch Favorit für den Emmy, die Rolle des ewigen Manchilds scheint für ihn erdacht worden zu sein. Sollte nicht der herausragende Jeffrey Tambor ein zweites Mal in Folge für "Transparent" gewinnen, wird der Preis wohl an Anderson gehen.
Der wahre Star von "Black-ish" ist jedoch Tracee Ellis Ross als Mutter Rainbow: Sie gibt dem bekannten Muster der Vernunft-Ehefrau, die den übermütigen Mann im Zaum halten muss, mit übersprudelndem Overacting einen albernen Spin. Sie möge den Emmy erhalten.
Oder auch: Ellie Kemper, die mit ihrer Kimmy Schmidt eine komplett neue Figur erschaffen hat. Vermutlich aber – und nicht unverdient – wird der Emmy für die weibliche Hauptrolle wieder einmal an die unbezwingbare Julia Louis-Dreyfus für ihren Part in der Polit-Satire "Veep" gehen. Zum fünften Mal in Folge. Wie auch "Veep" insgesamt "Black-ish" ganz klar überlegen ist, dennoch - im Sinne der Abwechslung und hinsichtlich des Vibes in der Luft fühlt sich dieses Jahr eher nach "Black-ish" an.
FM4 in Serie
Serien-Tipps und Rezensionen unter fm4.orf.at/serien
Die meisten Nominierungen hat dieses Jahr das unkaputtbare Schlachtschiff "Game of Thrones" bekommen, Chancen jedoch wohl vornehmlich in Nebenkategorien und für nicht gerade wenige Schauspielerinnen und Schauspieler. In seiner letzten Season ist "Game of Thrones" so gut wie nie zuvor gewesen, unterhaltsam, spannend, shocking und geil – eines aber ist "Game of Thrones" nicht: Das beste Drama des Jahres, sorry.
The Americans
Das ist nämlich ohne Zweifel "The Americans", in seiner vierten Staffel fesselnd und zerknirschend und erhellend wie kaum etwas. Mattkalter Spionage-Thriller und Familien-Drama in perfekter Umschlingung. Wenn das nach Jahren der Ignoranz heuer nicht auch von der Emmy-Jury erkannt worden ist, dann ist etwas falsch.
Auch dürfte Keri Russel für ihre Rolle in "The Americans" den Preis für beste Hauptdarstellerin in einem Drama mitnehmen. Oder die wandel- wie wunderbare Tatiana Maslany, die im Sci-Fi-Kracher "Orphan Black" den halben Cast alleine verkörpert.
Die Liste der Nominierten für den männlichen Hauptdarsteller, Drama, ist durchgehend stark, mit Ausnahme des ewigöd ewigzynischen Kevin Spacey als Frank Underwood in "House of Cards". Vermutung: Der Emmy geht an Rami Malek und seine Augen. In "Mr. Robot" gibt er einem Charakter, der scheinbar nur zwei bis drei Noten kennt, mit wenigen Mitteln, Bewegungen, Blicken geheimnisvollen Tiefgang.
The People v. O.J. Simpson
Quasi in Stein gemeißelt ist der Umstand, dass "American Crime Story: The People v. O.J. Simpson" wohl in den Kategorien für Limited Series gut abräumen wird. Beste Show, Darsteller-Preise für Courtney B. Vance und die mächtige Sarah Paulson (die nebenbei auch noch für "American Horror Story" nominiert ist). Hier sind nochmal die Nominierten, wir bleiben dran.
Kurzes P.S: Die großartige Show "The Leftovers" ist bei den Emmys dieses Jahr komplett übersehen worden, die ebenso fantastische Sadcom "Baskets" mit Zach Galifianakis als strauchelndem Clown fast: Immerhin Louie Anderson ist da für seine Rolle als Chips Baskets' resch-resolute Mutter für den Nebenrollenpreis nominiert. Und sollte ihn auch erhalten. Selten hat jemand die Liebe zu Fast-Food-Restaurants so eindringlich als essenzielle Lebenshaltung vermittelt: "That's our second Arby's in town. Some say it's better, the fries are curlier, though I wouldn't know. I'm loyal to the original."