Erstellt am: 14. 9. 2016 - 12:53 Uhr
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In Österreich kennt man die Kandidaten der Bundespräsidentschaftswahl nach fast einem Jahr Wahlkampf schon viel zu gut. Wärenddessen hat man in Bulgarien keine Ahnung wer dort die Kandidaten sind. Der favorisierte Kandidat, jener der rechtspopulistischen Regierungspartei wird bis zum Schluss geheim gehalten. Die anderen, die ihre Kandidaturen bereits verkündet haben, sind der breiten Massen unbekannt, außer vielleicht einer, der vor einigen Jahren als Kinderschänder verurteilt worden war.
![© APA/ROLAND SCHLAGER Verschandelte Wahlplakate von Norbert Hofer und Alexander van der Bellen](../../v2static/storyimages/site/fm4/20160937/Wahlplakate_hofer_vdb_body.jpg)
APA/ROLAND SCHLAGER
Österreich wurde wieder mit Wahlplakaten zugeklebt, wie wir erfahren haben, mindestens bis zum vierten Dezember. Ich frage mich, ob die Plakate regelmäßig erneuert werden, denn es wäre ungünstig, wenn das zukünftige Staatsoberhaupt mit einem verblassten oder vom Regen deformierten Gesicht auf das Volk blickt. Nicht mal der beste Druck hält mehr als drei Monate im Regen aus. Hoffentich bleibt der Herbst trocken.
In Bulgarien werden die Präsidentschaftswahlen am 6. November durchgeführt. Bis jetzt gibt es kein einziges Wahlplakat. Das ist gut für die Sauberkeit. Der Herbstregen kann die Gesichter der Kandidaten so auch nicht ruinieren. Auf Papier werden sie frisch und sauber bleiben.
In Österreich werden die Wahlen verschoben, weil die Kuverts für die Briefwahl nicht gut zugeklebt werden können. Ich nehme an, dass in Bulgarien, wo es zwar keine Briefwahl gibt, auch über Kuvertqualität nachgedacht wird. Bei allen Wahlen in Bulgarien spricht man nämlich über gekaufte Stimmen. In den mehrheitlich von Roma bewohnten Ortschaften kreisen am Wahltag oft dickbackige Männer mit den Wählerlisten in der einen Hand und mit 20-Leva Scheinen in der anderen durch die Straßen. Verschiedene lästige NGOs beobachten die Wahlen und suchen nach solchen Männern. Um das Problem zu lösen, könnten die Männer die schadhaften Kuverts aus Österreich kaufen, damit die finanzielle Wahlhilfe einfach direkt an die Wähler geschickt werden kann. So könnten beide Länder voneinander profitieren.
Die Kandidaten für die Präsidentshaftswahl in Österreich tun mir leid. Es ist sicher nicht leicht, fast ein ganzes Jahr in die Kameras zu lächeln. Ihre Gesichtsfalten werden immer mehr. Die bulgarischen Kandidaten hingegen sind davon nicht gefährdet. Wie ich schon gesagt habe, man kennt sie nicht. Niemand mag sie und niemand verabscheut sie. Eigentlich interessiert sich niemand dafür, wer sie sind.
Ich glaube, dass der vierte Dezember nicht zufällig als Austragungsdatum für die Wahl in Österreich ausgewählt wurde. Am vierten Dezember werden die Planeten Jupiter und Pluto aus einem gefählrichen Quadrat rauskommen. Das hilft, um politische Spannungen zu vermeiden. Glaubt nicht, dass das ein Scherz ist: der bulgarische Premier verkündete ganz ernsthaft, dass er seinen Präsidentschaftskandidaten "nach Ende des rückläufigen Merkurs" verkünden würde. Das alles beruhigt mich – ich weiß, dass die zukünftigen Präsidenten von Österreich und von Bulgarien, wenn nicht von den Menschen, dann wenigstens von den Sternen unterstützt werden.