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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 9. 2016 - 15:29

The daily Blumenau. Monday Edition, 12-09-16.

Die Sache mit der Pre-Saison, den Transferunterschüssen und dem Topferl-Gehen. #fuwo36

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Heute mit der Fußballwoche KW 36/16.

Österreichs Bundesliga-Jahr hat drei klar abgezirkelte Teile. Der erste - die Pre-Saison - geht von Mitte Juli bis Ende August, umfasst die gesamte europäische Qualifikation, die erste Cuprunde und die ersten (sechs) Meisterschafts-Runden. In Phase 2, die echte Herbst-Saison, fällt die Champions und Euro-League-Gruppenphase, die 2. und 3. Cup-Runde und 14 Meisterschaftsspiele (also zwei mehr als die Herbst-Saison eigentlich erfordert), ehe man sich eine Woche vor Weihnachten zur Ruhe begibt. Phase 3, die Frühjahrs-Saison, spielt man weitere 16 Meister-Runden, hat 3 mögliche Cup-Termine und vielleicht sogar das eine oder andere europäische Bonus-Match.

Die Vereine betrachten die Pre-Saison als Aufwärm- und Orientierungs-Phase. Red Bull Salzburg etwa entscheidet sich entweder zum vorschnellen (wenn wie früher gern kurzfristig Coach, System und Spieler getauscht werden) oder zum bitteren europäischen Scheitern (wie heuer geschehen) und richtet die finale Kader-Planung dann danach und nach den Leipziger Begehrlichkeiten aus. Die europäischen Mitspieler Rapid und Austria schauen ebenfalls wie weit sie kommen um ihre Nachrüstungs-Begehrlichkeiten danach feinzutunen. Die anderen Vereine evaluieren ihre Kompetitivität und bedienen sich allenfalls am aufkommensneutralen Wühltisch des Sommertransferschlusses.

Erst Anfang September also lässt sich seriös einschätzen, wohin die Reise in der Liga geht. Alles davor war Kaffeesud-Leserei, spekulatives Hochgerechne, nicht mehr wert als die politische Demoskopie unserer Tage. Und auch das gilt nur für die Monate mit -er hinten. Denn das Transfer-Fenster im spielfreien Januar erlaubt wieder eine (offiziell sogar nach oben hin unbegrenzte) Neuaufstellung, die das viermonatige Fußball-Frühjahr wieder völlig unberechenbar machen.

In einer überschaubaren Ökonomie wie der österreichischen ergibt sich die Stärke der Vereine wie von selber: alles wirkt wie im indischen Kastensystem. Vorneweg der Krösus, bei dem Geld keine Rolle spielt, dem neuerdings aber andere, lässigere Gottheiten aus derselben Familie auf der Nase herumtanzen. Dahinter die beiden populären Halbgötter, die sich manchmal durch Transfer-, manchmal durch unerwartete Euro-League-Einnahmen ein High Life ermöglichen. Und dann die Unberührbaren, denen zwar ein paar kleine Verkäufe gelingen, die aber (wegen ererbter Schulden) trotzdem nichts investieren dürfen/können.

Das hat auch damit zu tun, dass die durchaus in Kaderstärke ins Ausland drängenden österreichischen Spieler zum überwiegenden Teil ablösefrei abwandern konnten. Dass also kein Verkauf und kein Gewinn getätigt werden konnte, wie es in einer Ausbildungs-Liga wie der österreichischen eigentlich die erste Bürgerpflicht wäre.

Geld floss für Dieng (ab in die Türkei), Ouédraogo (ab in die Emirate), Filipovic (von Ried zur Austria), Esser (zu Darmstadt), Kehat (Israel), Schmitz, Bernardo und Keita (nach Leipzig, da ist die Frage wie die Geldflüsse innerhalb des selben Konzerns geregelt sind...), also mehrheitlich für Legionäre.

2020 will die Bundesliga doppelt so viele Spieler in die großen Ligen exportiert haben wie bisher. Selbst wenn sie dabei die jungen Kicker mitrechnet, die direkt aus dem Nachwuchs, ohne ein Liga-Spiel, rüberkommen: das wird schwer. Die heurige Sommerbilanz sagt: 2.

An Österreichern waren da Madl, dessen Fulham-Deal endlich finalisiert wurde, Siebenhandl (Würzburg), Kainz (Werder) und Hinteregger (Augsburg), sowie ligaintern Malicsek (zu Rapid), Stangl (zu Salzburg). Dreieinhalb (Madl ist ja schon längst weg) Spitzenspieler also neu ins Ausland exportiert. Für etwa 15 weitere (ua Gorgon, Meilinger oder Schick) sah man keinen Groschen. Die Bilanz der drei Großen: Rapid mit einem großen, Austria mit einem kleinen sechsstelligen Minus, Salzburg bilanziert (rechnet man die quasi-internen Leipzig-Deals weg, und ich fürchte das muss man) mit fast 3,5 Mio Minus.

Zu dieser Sorglosigkeit kommt eine zunehmende gesellschaftlich akzeptierte Aufweichung der Legionärs-Begrenzung, die allen Vereinen außerhalb des Red Bull-Stalles (Salzburg spielt aktuell mit 21 Legionären, Liefering mit etwa 12 - 14) Gelder aus dem Österreicher-Topf garantiert. Es können nur sechs nicht hierzulande Augebildete bzw. Nicht-Österreicher auf den Spielbericht, trotzdem hat man sich bei Rapid (9) und der Austria (10) quasi auf Vorrat eingedeckt.

Bei Rapid nimmt Mike Büskens, der sich ja damit gebrüstet hatte keine Regelungs-Ahnung zu haben, den Ballerwatsch in Kauf, opfert in der Meisterschaft wahlweise Tormann oder Kapitän. Die einzig realistische Erklärung, dass man so nämlich für den Europacup und die "Doppelbelastung" besser gerüstet ist, traut sich keiner zu sagen. Das käme schlecht, würde nach Verschwendung klingen, würde den Österreicher-Topf zu dem Topferl (für die großen und kleinen Geschäfte) machen, als den sie ihn wirklich ansehen.

Sturm, Altach, Wolfsberg, Ried, Mattersburg und die Admira haben zu wenig Legionäre um in Probleme zu kommen, in St. Pölten hat Sportchef Schinkels 6 mit 7 verwechselt. Überhaupt: die zweite (Erste) Liga. Dort halten sich auch nur Blau-Weiß, der FAC, Neustadt und Innsbruck zurück. LASK, Lustenau und Wattens mit bis zu 8, Kapfenberg mit 11 und der SV Nippon Horn mit gleich 12 Legionären spotten dem eigentlichen Ausbildungssinn der Liga Hohn. Gut, dass sie ab 2018 mit der Ligenreform dann in den Orkus der Geschichte verräumt wird. Dieser Neustart bietet dem österreichischen Profi-Fußball immerhin eine Chance der Neuorientierung.