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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

8. 9. 2016 - 17:02

The daily Blumenau. Thursday Edition, 08-09-16.

Koller wird sich einbetonieren, das ÖFB-Team bis 2018 denselben Stiefel durchspielen. Das ist wahrlich nicht sehr gut, aber eben auch nicht ganz schlecht; und bringt zu 55% die WM-Teilnahme.

#fußballjournal16

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

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Das ist der aktuelle ÖFB-Groß-Kader

Tor: Robert Almer (Austria), Ramazan Özcan (Bayer Leverkusen/D), Andreas Lukse (Altach), Heinz Lindner (Eintr. Frankfurt/D).

Abwehr: Florian Klein (VfB Stuttgart/D), Aleksandar Dragovic (Leverkusen/D), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Kevin Wimmer (Tottenham/ENG), Michael Madl (Fulham/ENG), Martin Hinteregger (Augsburg/D), Markus Suttner (Ingol-stadt/D), Stefan Stangl, Stefan Lainer, Andreas Ulmer (RB Salzburg), Andreas Lienhart (Altach).

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Leverkusen/D), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Alessandro Schöpf (Schalke/D), Zlatko Junuzovic, Florian Grillitsch, Florian Kainz (Werder Bremen/D), Valentino Lazaro (RB Salzburg), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (Hannover 96/D), Louis Schaub, Stefan Schwab, Philipp Schobesberger (Rapid), Guido Burgstaller (Nürn-berg/D), Jakob Jantscher (Caykur Rizespor/TUR).

Angriff: Marc Janko (FC Basel/SUI), Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D). Rubin Okotie (Beijing EG/CHN), Karim Onisiwo (Mainz/D), Deni Alar (Sturm).

Bei der U21: Daniel Bachmann (Stoke/ENG), Philipp Lienhart (Real Madrid/ESP), Christoph Martschinko (Austria), Phillipp Mwene (Kaisers-lautern/D), Ylli Sallahi (Karlsruher SC/D), Konrad Laimer (RB Salzburg), Tarkan Serbest (Austria), Martin Rasner (Heiden-heim/D), Dominik Wydra (Bochum/D), Thomas Murg (Rapid), Sascha Horvath (Sturm), Nikola Dovedan (LASK), Kevin Friesen-bichler (Austria) uam

In möglicher Kader-Reichweite befinden sich noch Jörg Siebenhandl (Würzburg/D), Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Christopher Dibon (Rapid), Lukas Spendlhofer (Sturm), Raphael Holzhauser, Alexander Grünwald (Austria), Alexander Gorgon (Rijeka/CRO), Robert Zulj (Fürth/D), Andreas Weimann (Derby County/ENG), Marco Djuricin (Ferencváros/ HUN).

Weniger Chancen haben Marco Knaller (Sand-hausen/D), Cican Stankovic (RB Salzburg), Robert Olejnik (Exeter/ ENG), Michael Langer (IFK Norrköping/SWE); Georg Margreitter (Nürnberg/D); Stipe Vucur (Kaisers-lautern/D), Matthias Maak (Sönderjysk/DEN), Lukas Gugganig (Fürth/D), Christoph Schösswendter (Rapid), Georg Teigl (Augsburg/D), Emir Dilaver (Ferencváros/HUN), Tanju Kayhan (Göztepe/TUR), Mario Pavelic, Thomas Schrammel (Rapid), Patrick Farkas (Mattersburg), Robert Gucher (Frosinone/ ITA), Marcel Ziegl, Dieter Elsneg (Ried), Muhammed Ildiz (Gaziantepspor/TUR), Marcel Ritzmaier (Eagles Deventer/NED), Konstantin Kerschbaumer (Brentford/ ENG), Stefan Hierländer, Marko Stankovic (Sturm), Thorsten Schick (YB/SUI), Ismael Tajouri (Austria), Kevin Stöger (Bochum/D), Michael Liendl (1860/D), Christoph Knasmüllner, Srdjan Spiridonovic (Admira), Tomas Simkovic (Kostonay/KAZ), Aleksandar Stanisavljevic (Asteras/GRE), Daniel Royer (RB New York/USA), Marco Meilinger (Aalborg/ DEN), Ümit Korkmaz (Caykur Rizespor/TUR), Drazen Bagaric (Ashdod/ ISR), Philipp Hosiner (Union Berlin/D), Martin Pusic (Midtjylland/ DEN), Erwin Hoffer (Karlsruhe/D), Darko Bodul (Perm/RUS) oder Adthe Nuhiu (Sheffield Wednesday/ENG)...

Rücktritt: Christian Fuchs (Leicester City/ENG).
Am Altenteil: Alexander Manninger (Liverpool/ ENG), Michael Gspurning, Emanuel Pogatetz (Union Berlin/D), Andreas Ivanschitz (Seattle/USA), Christoph Leitgeb (RB Salzburg), wohl auch Veli Kavlak (Besiktas/TUR) und György Garics. Keine Anfragen gibt's für Moritz Leitner (Lazio/ITA), Jonathan Schmid (Augsburg/D) und Ashley Barnes (Burnley/ENG).

Wir sind auf dem Holzweg.

Wir, die Journalisten, die an den Fortschritt, die Debattenkultur glauben; wir, die wir nicht imstande sind Zustände einfach nur beschreibend hinzunehmen, sondern an die geistige Beweglichkeit der Verantwortlichen appellieren, Problemfelder analysieren und potentielle Lösungen aufzeigen, also constructive journalism (siehe auch unter: Medien-Schlagwort der Stunde) betreiben.

Wir sind auf dem Holzweg.

Wir raufen uns nach dem Georgien-Spiel öffentlich die Haare, mahnen verbessertes in-game-coaching und taktische Flexibilität an, wir mahnen mehr Mut für die Jobs auf den zentralen Baustellen an, analysieren die strukturellen Schwächen und dröseln die Zirkulationsprobleme auf, wir stechen in die Löcher zwischen den Formationen und sezieren den schwachen Spielaufbau, wir benennen die Probleme nicht nur, sondern suchen auch mögliche Auswege.

Klar, das ist gut für ein diskursorientiertes Publikum und auch wichtig für das eigene Selbstverständnis, das mehr fordert als schieres Nachplappern gängiger und populärer Mythen.
Nur: Spuren wie sie in Kollers ersten Jahren noch zu erkennen waren, werden diese Analysen keine mehr hinterlassen.

Marcel Koller hat sich nämlich einbetoniert.
Fix. Bis Herbst 2017 auf jeden Fall, bei Qualifikation auch für den Sommer 2018.

Und jene, die das österreichische Nationalteam bis dato auf die oben beschriebene konstruktive Weise begleitet hatten (und nicht gänzlich unschuldig am Rausschmiss des alten Regimes und der Installation von Koller waren) und bisher mit dem Gefühl der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit gelebt hatten, werden sich für die nächsten zumindest 14 Monate mit der Rolle begnügen müssen, die der affirmativ agierende Teil der Medien, der statementwiederholende und klatsch/konfliktorientierte Mainstream hat. Diese da.

Koller hat sich also einbetoniert.
Er handelt wie ein Mensch, der einen Brand erlebt hat und als Konsequenz nicht mehr kocht, sondern nur noch kalte Küche zulässt.

Koller, der Vorsichtige, Koller, der Zögerer, hat sich bei der Euro ein wenig vorschnell entäußert, übertriebene Reaktion gezeigt, ist damit (vor allem was sein Selbstbild betrifft) tief gefallen und wird das nie mehr machen. Nie mehr.

Koller hat sich in allen wesentlichen Bereichen festgelegt und wir daran festhalten, von Oktober 2016 bis Oktober, bestenfalls November 2017, wenn nach den Play-Offs die WM-Teilnehmer feststehen.

Er wird seinen personellen Grundstock nur dort ändern, wo es notwendig wird (alterstechnisch ist nur Janko in einem kritischen Bereich, alle anderen Feldspieler sind 2018 maximal 32 Jahre alt) oder wo unübersehbare neue Leistungsträger nachrücken.

Er wird sein Grundsystem, das 4-2-3-1 mit dem zentral-fluiden Junuzovic, das im defensiven Pressing in ein 4-4-2 rutsch, beibehalten. Er wird Alaba als seinen kreativen Schlüsselspieler im Zentrum belassen, auf die defensiv orientierte Achse mit Almer-Dragovic-Hinteregger-Baumgartlinger setzen und vorne Marko Arnautovic weiter freispielen.

Er wird darauf vertrauen, dass sein Stamm-Team die intuitiv abgerufene Harmonie, die gruppentaktische Feinjustierung und das Selbstbewusstsein der besten Phasen der EM-Qualifikation wieder hinbekommt.

Er wird das Dauer-Problem der Außenverteidiger weiter ignorieren, sich mit den derzeit vorhandenen (und nachrückenden) Spielern behelfen anstatt sich optimierende Lösungen mit noch formbaren Spielern wie Lazaro, Grillitsch oder Kainz zu überlegen.

Er wird auf den Höhenflug der deutschen Bundesliga und die Form der dort gut eingesetzten Schlüsselspieler vertrauen und sich aus der zu-früh-ins-Ausland-Debatte raushalten, solange er aus einem 35er-Großkader schöpfen kann.

Das sind allesamt keine mittel- oder gar langfristigen Strategien, hier wird nichts aufgebaut, im Gegenteil: all diese Maßnahmen sind strikt und ausschließlich auf die WM 2018 in Russland ausgerichtet. Was danach kommt, ist Koller wurscht. Und aus seiner Sicht zurecht.

Damit will sich Koller durchkalkulieren. Gegen Georgien auswärts ist das schon einmal gelungen. Moldawien ist eine Quali-Konstante und Irland ist ein Gegner, den der Schweizer schon aus eigener Anschauung kennt und für überwindbar hält. Serbien ist nach einem radikalen Tief auf dem aufsteigenden Ast, aber noch bei weitem nicht gefestigt genug. Koller kalkuliert einen zweiten Platz hinter Wales, die er mittlerweile deutlich über sein Team stellen muss. Und diese Rechnung kann aufgehen.

Dass Österreich im Play-Off der Gruppenzweiten schon aktuell nicht gesetzt wäre, ist nur ein ferner Spekulationsfaktor. Zudem wäre ein Scheitern im Play-Off kein kompletter Beinbruch für Koller.

Koller hat für die drei großen Gruppen-Gegner sicher bereits Ideen für spezifische Matchpläne. Nichts Weltbewegendes, nichts was die gegnerischen Coaches nicht locker antizipieren werden - aber gut genug für eine österreichische Mannschaft die mit brauchbarer Form in diese Begegnungen geht. Österreich müsste nicht einmal das bessere Team sein, alle drei Gegner sind auch über ihre Schwächen zu packen. Mit einem 3-1-2 oder gar 3-2-1 (und dazu wären auch wieder nur zwei oder drei wirklich gute, dominante Spiele nötig) wäre man in jedem Fall unter den Top 2.

Koller setzt auf wiedererlernte und runderneuert-automatisierte Aktions-Abläufe (wie sie im Georgien-Spiel bei 0:2 zu sehen waren) und auf eine erhöhte Effizienz, vor allem bei Standards, bisher eine Schwachstelle. Er will das "Schönspielen" durch das "Effektivspielen" ergänzen bzw ersetzen. Dafür kann er keine Ablenkung brauchen. Nicht personell, nicht systemisch, nicht von innen, nicht von außen. Koller hat sich auf den Kern, das Wesentliche zurückgezogen, und ist gerade dabei diese Parolen an seine Spieler auszugeben.

Die kiefeln aktuell merklich an der noch immer nicht gut ausgearbeiteten Vergangenheit. Gegen Georgien waren so viele Muster aus dem Ungarn-Spiel allgegenwärtig, dass jedem Mental-Betreuer ganz übel werden musste. Kollers Lösung sieht keine aktive Verdrängung, sondern eine Rückbesinnung auf die davor bewiesenen Stärken sowie eine noch weiter vertiefte Konzentration auf die erwähnten Basis-Werte dieser Solidargemeinschaft vor. Koller geht davon aus, dass die neuen, bis Anfang Oktober erzielten individuellen Erfolgserlebnisse seiner Spieler die EM-Traumata überlagern werden.

Sollten das Heimspiel gegen Wales und das Auswärtsmatch gegen Serbien 4 oder mehr Punkte bringen, hat er sein Ziel erreicht, wird nicht weiter öffentlich in Frage gestellt werden und kann den Stiefel durchspielen. Bei 2 oder 3 Punkten würde dann das Oktober-Heimspiel gegen Irland als große nationale Aufgabe warten - auch keine schlechte Motivationshilfe.

Nur ein Punkt oder weniger könnten Kollers Marschroute ins Wackeln bringen. Da der ÖFB aber auch in diesem Fall eisern fest/zusammenhalten wird, wäre auch für diesen Fall maximal mit kosmetischen Neuerungen ab dem Frühjahr 2017 zu rechnen. Koller wird auf seiner Linie beharren, komme was wolle.

Das klingt alles recht formatiert, fantasielos, umgebungsresistent und stockkonservativ. In jedem Fall nicht nach Spaß für die Zuschauer oder gar Freude an gelungenen Volten.
Andererseits gibt es Schlimmeres als more of the same von etwas einstmals Gelungenem. Koller hat sich nie als der große Innovationsträger verkauft. Der war er auch immer nur in Relation zur neuerungsresistenten verödeten heimischen Trainerlandschaft.

Kollers Kalkulation ist, rein rechnerisch, auch durchaus nachzuvollziehen. Um den kurzfristigen Erfolg 16/17 einzufahren, setzt er auf die erlernten (und eh noch ungenügend abgerufenen) Fertigkeiten anstatt einen neuen Kurs auszugeben. Kollers Rechnung hat wohl ein 60/65 zu 40/35 ergeben (ich bin ein wenig darunter). Damit fühlt sich das gebrannte Kind dann eben doch wohler als mit einer Risiko-Partie, die mit einem Rausch aber auch mit einem Kater enden kann.

Diejenigen, die weiterhin eine diskursorientierte Debattenkultur jenseits populistischer Plattitüden anstoßen wollen, werden sich davon nicht abhalten lassen. Tatsächliche Veränderungen werden wir aber ins Jahr 2018 vertagen müssen.